Gewalt, Intrigen, antifaschistischer Widerstand – Schleswig-Holstein vor dem nächsten Gehversuch von „Neumünster wehrt sich“

Am morgigen Samstag, 23. April 2016 will die Neonazi-Struktur „Neumünster wehrt sich“ um Manfred Riemke abermals versuchen, in der Schwalestadt aufzumarschieren. So kündigen die Rassisten seit Anfang dieser Woche eine Kundgebung ab 14 Uhr auf dem Rudolf Weißmannplatz („AOK-Parkplatz“) am Rande der Neumünsteraner Innenstadt an. Antifaschist_innen mobilisieren derweil zu einer Gegenkundgebung ab 13 Uhr in unmittelbarer Nähe an der Rudolf Weißmannstraße Ecke Ringstraße. Auch aus anderen Städten werden sich wieder zahlreichen Demonstrant_innen den Aktionen gegen die Neonazis anschließen. So sind gemeinsame Bahn-Anreisen von Antifaschist_innen aus Kiel (11.40 Uhr HBF), Hamburg (11 Uhr HBF) und Bad Oldesloe (11 Uhr Inihaus) aus drei Himmelsrichtungen angekündigt.

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Die Bilanz der rechten Mobilmachung in Schleswig-Holstein in den vergangenen Monaten, deren Zentrum die nunmehr vier Ankündigungen von Hetzaufmärschen gegen Geflüchtete in Neumünster bilden, fällt für die Rassist_innen denkbar schlecht aus: Einmal nur 50m gelaufen zu sein, einmal abgeschirmt in der letzten Ecke eines einsamen Kantplatzes herumzudümpeln und einmal gar nicht erst erschienen zu sein, hält die Neonazis offenbar nicht davon ab, es wieder wissen zu wollen. Die Erfolgsaussichten sind bescheiden: Die bisherigen Organisator_innen gelten als zerstritten und überziehen sich zum Teil gegenseitig mit Anzeigen. Eine vor wenigen Tagen von Antifaschist_innen aufgedeckte Schmierenkomödie der bei „Neumünster wehrt sich“ aktiv involvierten Neonazis Nico Seifert und Sebastian Struve, die im Jahr 2012 als „Nationalsozialistische Störungsgruppe“ gegen die schleswig-holsteinische NPD intrigierten, wird kaum zur Besserung der Stimmung in dem rassistischen Zweckbündnis beitragen. Denn spätestens seit der zweiten Kundgebung im Januar sind dort auch führende NPDler wie Marc Proch organisatorisch maßgeblich beteiligt gewesen.

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Auch der kläglich gescheiterte Versuch, am vergangenen Samstag in Bad Oldesloe aufzulaufen, lässt das ambitionierte neonazistische Begehren, eine mächtige völkisch-nationalistische Bürgerbewegung zu sein, ziemlich armselig aussehen. Der Aufmarsch von gerademal knapp 80 Neonazis aus mehreren Bundesländern pointierte das drastische Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit: 1500 Antifaschist_innen sorgten mit Blockaden sowie militanten Aktionen im Vorfeld und am Tag selbst dafür, dass die Nazidemo nicht einmal bis zur nächsten Straßenecke laufen konnte.

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Wie gefährlich der rechte Sumpf trotz fehlender Erfolge auf der Straße nichtsdestotrotz auch mit seinen paar Dutzend Elend sein kann, zeigen jedoch verschiedene gewaltätige Nazi-Angriffe in Schleswig-Holstein binnen nur einer Woche: Bekannt geworden sind ein Überfall einer Reisegruppe der Neonazis auf Antifaschist_innen im Anschluss der Demonstration in Oldesloe am Lübecker Bahnhof, ein nächtliche Angriff auf den linken Buchladen Zapata in Kiel am Abend zuvor, bei dem ein rechter Hintergrund mehr als nahe liegt, oder der widerliche rassistische Angriff auf den Blauen Engel und sein Projekt Café Welcome sowie die Schändung des jüdischen Friedhofes am vergangenen Wochenende ebenfalls in Lübeck.
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Desweiteren tauchten vor gut einer Woche bei einer Informationsveranstaltung zu der geplanten Geflüchtetenunterkunft in der Hindenburgkaserne in Neumünster, die auch Aufhänger der morgigen Hetzkundgebung ist, mehrere Neonazis um den NPD-Ratsabgeordneten Mark Proch auf. Bei der Veranstaltung wurde Proch wiederholt eine Plattform für seine rassistischen Beiträge geboten und traf dabei durchaus auf fruchtbaren Boden bei Teilen des anwesenden Publikums. Teilnehmende Antifaschist_innen hingegen wurden sowohl von Proch selbst als auch anderen Anwesenden angefeindet und teilweise bedroht, bezeichnenderweise wurde in diesem Zuge ein Antifaschist von der Polizei wegen angeblicher Störung der Veranstaltung verwiesen.

Trotz all des zur Schau gestellten Dilettantismus kann „Neumünster wehrt sich“ als erster ernstzunehmender Versuch der Neonazis in Schleswig-Holstein seit 2012 gewertet werden, „die Straße“ zu erobern: Es bleibt zweifelsohne überschaubar, nichtsdestotrotz ist in der rechten Restszene wieder etwas in Bewegung geraten. Gründe genug also, um auch dieses Mal wieder dafür zu sorgen, dass die Motivationslage bei den RassistInnen auch weiterhin keine Schübe bekommt und durch kontinuierlichen entschlossenen Widerstand zu verhindern, dass neo-faschistische Kräfte auch in Schleswig-Holstein von der rassistischen Stimmungsmache und dem allgemeinen Rechtsruck in Deutschland profitieren können. Die Ausgangslage darf aus antifaschistischer Perspektive insgesamt optimistisch stimmen.

AFD-Kreisvorstand am Arbeitsplatz geoutet

Wir dokumentieren einen Artikel von Indymedia Linksunten:

„Outing am Arbeitsplatz: Gert Hoffmeister, AfD-Kreisvorstand Kiel

Die AfD steht für offenen Rassismus. Sie entwürdigt und entmenschlicht Flüchtende, die in Deutschland Schutz suchen. Parteisprecherin Frauke Petry und AfD-Vizin Beatrix von Storch forderten im Frühjahr 2016 sogar den Waffeneinsatz gegen Geflüchtete an den EU-Außengrenzen. Die AfD benutzt Schlagwörter wie »Überfremdung«, »Asylmissbrauch«, »Parallelgesellschaft« oder »Asylchaos«, um bei der Bevölkerung Ängste zu erzeugen, sie würden ihre erarbeiteten Existenzen verlieren oder das deutsche Sozialsystem würde »geplündert« und infolgedessen zusammenbrechen.

Über diese rassistischen Aspekte hinaus steht die AfD als Partei der „Besserverdienenden“ für die radikale Abschaffung von Sozialleistungen und will das staatliche Eingreifen in die Wirtschaft immer stärker beschneiden. Arbeitszwang für Erwerbslose ist ebenso ein Vorschlag zur Verstärkung einer Zwei-Klassengesellschaft, wie die gezielte Elitenförderung von Kindern aus reichen Familien. Auf die Spitze treibt die AfD es mit der Forderung der Abschaffung des Mindestlohns und der Senkung des Spitzensteuersatzes. Im Ernstfall heißt es dann: Wie du überlebst, wenn du dem Arbeitsmarkt zum Opfer fällst, bleibt deine Sache.

Das traditionelle Familienbild mit der Familie als „Keimzelle der Nation“ steht in der Familienpolitik bei der AfD im Mittelpunkt. Bedroht sieht sie dieses durch arbeitende Mütter, Zuwanderung und »Frühsexualisierung«, »Gender Mainstreaming« und gleichgeschlechtliche Ehe, weshalb z.B. das Thema Homosexualität komplett aus dem Schulunterricht verbannt werden soll. Die AfD fordert eine Volksabstimmung zum Verbot von Abtreibungen und spricht damit Frauen jedes Recht auf Selbstbestimmung ab.

Dass sich die AfD mit dem Rechtsruck 2015 stark für alle rechtsradikalen Kräfte geöffnet hat, ist wohl am besten am Beispiel PEGIDA zu sehen. Reihe um Reihe laufen dort und auf ähnlichen Demos klassische Stiefelnazis, Autonome Nationalisten und Parteimitglieder der NPD und AfD. Mit den reaktionären Schlagworten versucht die AfD auf Stimmenfang zu gehen – und hat damit leider auch teilweise ziemlich großen Erfolg. Im Hinblick auf die kommenden Landtagswahl nächstes Jahr in Schleswig-Holstein haben wir uns den Landesparteiverband der AfD ein bisschen genauer angesehen, damit es nicht soweit kommt wie in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

Fangen wir anlässlich des Landesparteitages der AfD Schleswig-Holstein, der am vergangenen Samstag, den 16.4.2016 in Henstedt-Ulzburg statt fand, beim Kreisverband der Landeshauptstadt Kiel an.

Gert Hoffmeister ist seit dem 15. September 2015 Beisitzer des Kreisvorstandes. Vorher trat er für die Partei nicht öffentlich auf und hält sich auch bis jetzt sehr bedeckt.

Nach fast 6 Jahren als Student beendete Hoffmeister das Studium des Mechanical Engineering mit dem Schwerpunkt „Marine Technology“ als Diplomingenieur im Juli 1992 an der TU Hamburg-Harburg. Er fand daraufhin für drei Jahre Anstellung bei Blohm + Voss und war dann bis einschließlich September 1996 als Projektingenieur bei den Harzwasserwerken des Landes Niedersachsen im Dienst. Im Oktober des gleichen Jahres wechselte Hoffmeister dann zu seinem derzeitigen Arbeitgeber Caterpillar. Dort wechselten seine Tätigkeiten immer mal wieder innerhalb des Betriebes und ab April 2014 bis heute ist er am Caterpillar-Standort in Kiel-Friedrichsort, Falkensteiner Straße 2, „Nuclear Segment Manager“.

Dass der Arbeitgeber von Gert Hoffmeister über die rechten Umtriebe und das ätzendes Weltbild seines Mitarbeiters informiert wurde, sehen wir als notwendigen Schritt, um Rassist_innen wie Hoffmeister jeden Raum zu nehmen, in dem sie ihre menschenfeindlichen Ideen verbreiten können und schlimmstenfalls noch Anhänger_innen finden.

Nationalismus ist keine Alternative!

Geplante Nazi-Aufmärsche in Neumünster und Kiel: Zwei Ankündigungen, zwei Absagen.

Naziaufmarsch von “Neumünster wehrt sich” am Vorabend abgesagt +++ Trotzdem über 200 Antifas bei gemeinsamen Anreisen nach NMS und über 500 Menschen bei Kundgebung des Bündnis gegen Rechts +++ “Kieler Patrioten” kündigten rassistische Spontandemo in Kiel an +++ Am Ende hieß es aber auch in Kiel: null RassistInnen, viele Antifas

Für Sonntag, den 28.02. mobilisierten Schleswig-Holsteinische Neonazis um die Facebook-Gruppe “Neumünster wehrt sich” zu einem rassistischen Aufmarsch nach Neumünster. Die Rechten wollten ab 13 Uhr auf dem Großflecken „Gegen Asylbetrug! Sexuelle Übergriffe und Gewalt auf unseren Straßen! Für unsere deutsche Identität“ demonstrieren. Antifaschistische Gruppen mobilisierten zu Anreisen aus verschiedenen Städten und das lokale Bündnis gegen Rechts meldete eine Kundgebung mit Konzert in direkter Sicht- und Hörweite zu den Nazis an.

Am späten Samstagabend ließen die Neonazis dann auf ihrer Facebook-Seite verlautbaren, dass sie ihre Aktion aus „technischen und organisatorischen Gründen“ absagen müssten. Um sich mit eigenen Augen von dieser erfreulichen Nachricht zu überzeugen und auf eventuelle Ersatzveranstaltungen der Nazis in Neumünster oder Schleswig-Holstein reagieren zu können, wurde von Antifa-Seite trotz der virtuellen Absage weiter nach Neumünster mobilisiert. Obwohl der kurzfristig geänderten Situation machten sich am Sonntag über 200 Antifas aus Kiel, Hamburg, Lübeck und Flensburg per Zug auf nach Neumünster. Mit einer kurzen Spontandemo zogen die Zuganreisenden zum Großflecken, wo sich bereits bis zu 300 Menschen auf der Kundgebung des Bündnis gegen Rechts Neumünster versammelt hatten. Unter die Kundgebungsteilnehmer_innen hatten sich auch drei Mitglieder der vom ehemaligen Chef der „Alternative für Deutschland“, Bernd Lucke, gegründeten Partei „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“ (ALFA) verirrt. Nachdem sich einige engagierte Antifas freundlicherweise um die Entsorgung ihrer Schilder kümmerten, sahen es die drei Herren dann doch ein, besser zu gehen.

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Als klar war, dass es an diesem Tag wirklich keine Nazi-Aktionen in Neumünster geben wird, machten sich ca. 150 Antifas spontan zurück auf den Weg nach Kiel, wo in der Zwischenzeit die Web 2.0-RassistInnen „Kieler Patrioten für Freiheit und Sicherheit“ über Facebook zu einer Demonstration gegen „kriminelle Ausländer, illegale Einwanderung und Kuscheljustiz“ aufgerufen hatten. Mit einer weiteren Spontandemonstration ging es für die aus Neumünster kommenden Antifaschist_innen diesmal durch die Kieler Innenstadt in Richtung Alter Markt/Schloßgarten, wo der Startpunkt für die rechte Zusammenrottung sein sollte. Vor Ort traf man allerdings nur auf weitere Antifaschist_innen und Antirassist_innen, von den RassistInnen erneut keine Spur. Die Polizei war allerdings inzwischen mit einem martialischen Aufgebot von Räumpanzern und Wasserwerfern in der Kieler Innenstadt aufgefahren. Größere Gruppen Antifas zogen anschließend noch durch die Straßen der Kieler City um sicher zu gehen, dass nicht doch Leute dem rechten Aufruf folgen und um deutlich zu machen, dass RassistInnen hier keinen Meter zu gewinnen haben.

Die „Kieler Patrioten für Freiheit und Sicherheit“ hatten ursprünglich schon länger für diesen Tag, parallel und in (offizieller) Abgrenzung zu “Neumünster wehrt sich” eine Demonstration angekündigt und geplant, es mangelte ihnen jedoch an organisatorischen Fähigkeiten (u.a. fand sich kein Anmelder) und entsprechend positiver Rückmeldung. Zudem hatten Antifaschist_innen für etwaige Pläne bereits ihren Widerstand angekündigt, weshalb sie diese per Facebook wieder absagten. Stattdessen wurden jetzt am Wochenende von der Facebook-Seite der “Kieler Patrioten” der spontane Demo-Aufruf am 28.2. sowie eine Ankündigung, bei einer Party im linken Zentrum Alte Meierei am Samstagabend aufzutauchen, verbreitet. Weder bei der Party am Samstag noch bei der angekündigten Aktion am Sonntag gaben sich einzelne, geschweige denn eine Gruppe „Patrioten“ offen zu erkennen, worin sich bestätigt, dass diese nicht mehr als ein Internet-Phänomen sind.

Die Mobilisierungsfähigkeit von “Neumünster wehrt sich” war ebenfalls sehr begrenzt und diesmal auf den Kern der üblichen Verdächtigen zusammengeschrumpft, die entsprechende Veranstaltung auf Facebook hatte nur ca. 30-35 Zusagen, die letzten zwei Male lag diese im dreistelligen Bereich, bei ca. 80-100 realen TeilnehmerInnen. Durch die kurzfristige Absage bzw. das gar nicht erst Erscheinen haben die beiden Facebook-Gruppen “Neumünster wehrt sich” und „Kieler Patrioten für Freiheit und Sicherheit“ jeweils stark an Glaubwürdigkeit verloren; sie konnten trotz großspuriger Ankündigungen ihre Web-Hetze nicht auf die Straße übersetzen.

Insgesamt waren an diesem Tag in Kiel und Neumünster vereinzelte Nazis unterwegs, es fanden jedoch weder die ursprünglich angekündigten rassistischen Demonstrationen, noch entsprechende Ersatzveranstaltungen statt.

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Erfreulich war die hohe Resonanz auf unsere Mobilisierung gegen den angekündigten Naziaufmarsch von “Neumünster wehrt sich”: Trotz der Absage am Vorabend sind über 200 Antifas aus Kiel, Flensburg, Lübeck, Hamburg und anderen Orten in organisierten Zuganreisen nahezu zeitgleich in Neumünster eingetroffen und haben sich kurzerhand der Kundgebung des Bündnis gegen Rechts mit zu dem Zeitpunkt ca. 300 Teilnehmer_innen angeschlossen. Auch der Info-Ticker auf twitter und der Ermittlungsausschuss arbeiteten wie geplant. Im Zuge der diesmaligen Mobilisierung veröffentlichten antifaschistische Gruppen Recherche-Berichte im Vorfeld des 28.2. und zogen die virtuellen HetzerInnen damit ins Licht der Öffentlichkeit. 500 Nazigegner_innen bei einem abgesagten Aufmarsch lässt uns für die Zukunft optimistisch auf die wahrscheinlich leider kommenden erneuten Versuche von RassistInnen in Schleswig-Holstein aufzumarschieren, blicken. Auch die nach wie vor in Schleswig-Holstein vorkommenden Anschläge auf Unterkünfte für Geflüchtete müssen als das ernst genommen werden was sie sind: Eine Bedrohung für Gesundheit und Leben von vor Krieg und Unterdrückung geflüchteten Menschen durch deutsche “Bürger”, angestachelt durch den weit bis in die so genannte politische “Mitte” reichenden Rassismus und Nationalismus in dieser Gesellschaft. Dem gilt es sich auch weiterhin mit Wort und Tat überall entgegenzustellen!

Autonome Antifa-Koordination Kiel

Fotos:
https://www.flickr.com/photos/98466105@N06/sets/72157665061477091

Presse:
http://www.kn-online.de/News/Nachrichten-aus-Neumuenster/Demos-Rechte-Szene-sagt-ab-Gegendemo-in-Neumuenster

http://www.kn-online.de/News/Nachrichten-aus-Kiel/Alter-Markt-Wird-Demo-nach-Kiel-verlegt

http://www.shz.de/lokales/holsteinischer-courier/video-das-war-die-demo-gegen-rechts-in-neumuenster-id12863031.html

http://www.shz.de/regionales/polizeiticker/neumunster-kiel-demonstrationsgeschehen-in-neumuenster-id12863936.html

[Neumünster] Angriff auf kurdische Demo durch türkische Rechte und „Graue Wölfe“

Am Samstag den 30.1. haben etwa 150 Kurd_innen und Unterstützer_innen gegen die Angriffe des türkischen Staates und des IS auf Rojava und die kurdischen gebiete in der Türkei demonstriert. Gleichzeitig haben sich nach Polizeiangaben 80 und nach Augenzeugenberichten etwa 200 türkische Rechte und Anhänger der faschistischen „Grauen Wölfe“ versammelt und die Demo bedrängt. Dabei kam es auch zu einem Angriff einer größeren Gruppe auf die kurdische Demo, welcher von den Teilnehmer_innen abgewehrt werden konnte. Glücklicherweise gab es keine größeren Verletzungen auf Seite der Demonstrant_innen. Auf dem weiteren Weg der Demo blockierten die türkischen Rechten den Weg zum Großflecken, auf dem die Abschlusskundgebung stattfinden sollte. Die Polizei sah sich offenbar nicht in der Lage oder war nicht gewillt die Blockade zu räumen, so dass die Demo abgebrochen werden musste.

Pressespiegel:
shz.de I | shz.de II | Polizeipresse

[NMS] 500 Antifaschist_innen halten 80 Lügennazis in Schach

Bis zu 500 Antifaschist_innen beteiligten sich am Samstag, 16. Januar 2016 an verschiedenen Aktivitäten gegen den stationären Aufmarsch von 80 Neonazis auf dem Kantplatz in Neumünster, zu dem wie schon im November letzten Jahres die rassistische Initiative „Neumünster wehrt sich“ von Manfred Riemke in sozialen Netzwerken aufgerufen hatte.

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Etwa 350 Menschen, von denen viele aus ganz Schleswig-Holstein und Hamburg angereist waren, hatten sich bereits ab 11.30 Uhr auf dem Postparkplatz am Bahnhof in der Neumünsteraner Innenstadt versammelt, um anschließend mit einer ausdrucksstarken antifaschistischen und antirassistischen Demonstration in die unmittelbare Nähe des Kundgebungsortes der Neonazis in der Böckler-Siedlung zu demonstrieren. In verschiedenen Redebeiträgen der Autonomen Antifa-Koordination Kiel, des Projekt Revolutionäre Perspektive (PRP) Hamburg und der Sozialistischen Deutschen Arbeiter Jugend (SDAJ) wurde zum Widerstand gegen die andauernde rechte Mobilmachung in Teilen der deutschen Gesellschaft aufgerufen und deren Zusammenhang mit der rassistischen EU-Abschottungspolitik sowie der Krisenhatigkeit bürgerlich-kapitalistischer Verhältnisse betont. Der wiederholte Versuch von organisierten Rechten in Neumünster aufzumarschieren, um der bundesweiten Eskalation rassistischer Demonstrationen gegen Asylsuchende auch in Schleswig-Holstein ein öffentlichwirksames Ventil zu geben, müsse durch das entschlossene und gemeinsame Handeln aller Antifaschist_innen unterbunden werden.

Die lautstarke Demo erreichte ihren Endppunkt in der Max-Richter-Straße am Kantplatz gegen 12.45 Uhr, wo bis 13.30 Uhr eine Abschlusskundgebung abgehalten wurde. Weitere 100 Antifaschist_innen beteiligten sich parallel an der Kundgebung des Bündnis gegen Rechts, das nur eine Straßenecke weiter einen weiteren Zugang zum Auftaktkundgebungsort der Neonazis belegte. Die Polizei hatte den Kantplatz schon vor Eintreffen der Gegendemonstrant_innen mit zahlreichen Einsatzkräften, Fahrzeugen und Wasserwerfen hermetisch abgeriegelt, so dass der Kantplatz selbst nur für RassistInnen begehbar war. Noch vor Beginn der eigentlichen Kundgebung von „Neumünster wehrt sich“ ab 13.30 Uhr hatten sich in sämtlichen Seitenstraßen um den Platz herum jedoch hunderte Antifaschist_innen verteilt.

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Bereits vor 13 Uhr hatten sich etwa 20 Neonazis vor Ort versammelt, bis zum offiziellen Start der rassistischen Kundgebung wuchs ihre Zahl auf 80 an, darunter neben dem Anmelder Riemke mit dem Neumünsteraner Ratsabgeordneten Mark Proch, dem schon im Vorfeld prominent angekündigten „Gastredner“ Karl Richter aus München und dem Nazikader Thomas Wulff aus Hamburg in organisatorischer Rolle auch drei NPD-Funktionäre. Die Beteiligung von TeilnehmerInnen, die nicht explizit dem neo-faschistischen Spektrum zugeordnet werden können, war diesmal noch geringer als im November.

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Verschiedenen Berichten zufolge gelang es Antifaschist_innen immer wieder, die Anreise von kleineren RassistInnengruppen zu behindern, so war es einigen nur unter Polizeischutz möglich, die Kundgebung überhaupt zu erreichen. Andere sollen ihr Ziel garnicht erreicht haben. Auch Fahrzeuge von anreisenden Rechten sollen dabei in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Bereits am Morgen sind am lokalen Nazi-Treffpunkt „Titanic“ in der Wippendorferstraße Schäden an der Fensterfront zu beobachten gewesen. Während die Kundgebung der RassistInnen lief, gelang es vielen Gegendemonstrant_innen trotz der weiträumigen Polizeiabsperrungen, ihren Protest gegen die rassistische Hetze auch in Sicht- und Hörweite des Aufmarsches kundzutun und ihn von jeglicher Öffentlichkeit abzuschotten. Die rechten Redebeiträge wurden von Pfeifkonzerten begleitet.

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Ab etwa 15.30 Uhr begann „Neumünster wehrt sich“ mit der Auflösung ihrer Kundgebung. Um die TeilnehmerInnen die Abreise überhaupt erst zu ermöglichen, wurden diese grüppchenweise mit großer personeller und logistischer Unterstützung der Polizei in einem Kleinbus vom Platz eskortiert. Dieser wurde mehrfach blockiert und mit Wurfgeschossen angegriffen. Nichtsdestotrotz offenbarte sich gerade in der Abreisesituation ein zentralen Manko der antifaschistischen Gegenaktionen an diesem Tage: Durch das Fehlen einer Infostruktur haben viele Antifaschist_innen erst spät von dem bereits laufenden Abtransport erfahren und postierten sich an falschen Abreisewegen. Auch gab es nach Abbau des Demo-Lautsprecherwagens und Auflösung der Bündnis-Kundgebung keinen zentralen Anlauf- und Infopunkt mehr. Dass die antifaschistische Mobilisierung ein erhebliches Potential geschaffen hatte, war den ganzen Tag in den Straßen um den Kantplatz sowie auf der An-und Abreise spürbar. Mit Hilfe eines besseren Informationsflusses hätte dieses auch trotz der funktionierenden Polizeistrategie zu mehr Handlungsräumen gelangen können. In Anbetracht der Androhungg Thomas Wulffs, nun monatlich in Neumünster aufmarschieren zu wollen, wird es eine Aufgabe aller Antifaschist_innen im Norden sein, bei kommenden Aktionen entsprechende Kapazitäten zu schaffen, um die Infrastruktur vor Ort zu verbessern. Auch die Koordination zwischen den verschiedenen agierenden antifaschistischen Spektren kann perfektioniert werden.

Es kam über den insgesamt Tag zu drei Festnahmen: Den Genoss_innen wird einmal Sachbeschädigung bzw. zweimal Landfriedenbruch vorgeworfen. Mindestens zwei antifaschistische Demonstrant_innen wurden durch Polizeigewalt verletzt und mussten durch Sanitäter_innen behandelt werden

Insgesamt können auch die Aktionen gegen den zweiten Versuch von Neonazis, in Neumünster rassistischen Bürgerprotest zu inszenieren, als erfolgreich bewertet werden: Die antifaschistischen Mobilisierungen konnten mit bis zu 500 nochmals einige Menschen mehr als im November zu den Gegenprotesten mobilisieren, während die TeilnhemerInnenzahl und ohnehin schon sporadische Heterogenität bei „Neumünster wehrt sich“ tendeziell abnahm. Insbesondere durch die Antifa-Demo am Mittag konnten die Inhalte der Gegenmobilisierung prominent platziert werden, während die Neonazis in einem wenig belebten Wohnviertel fernab irgendeiner relevanten Öffentlichkeit ihr Dasein hinter massiven Polizeiabsperrungen fristen mussten. Durch die Anwesenheit vieler entschlossener Antifaschist_innen im Umfeld der Kundgebung war die Sicherheit für Gegendemonstrant_innen weitestgehend vorhanden, während erkennbare Neonazis sich nur mit Polizeischutz bewegen konnten. All dies sind gute Grundvorraussetzungen, um auch im weiteren Verlauf des Jahres dafür zu sorgen, dass der bundesweite Rechtsruck auf schleswig-holsteinischen Straßen auch zukünftig geringfügig bleibt.

Dass „Neumünster wehrt sich“ und ihr Klientel sich nicht entblödeten, in den Abendstunden das mittlerweile längst von verschiedener Seite dementierte Gerücht zu verbreiten, Antifaschist_innen hätten am Neumünsteraner Bahnhof einen ihrer Anhänger erschlagen, unterstreicht abermals ihre Irrationlität und Realitätsferne, die sich auch in ihrer nationalistischen und rassistischen Hetze ausdrückt. Die Dynamik und Gewaltphantasien, die die offensichtliche Falschmeldung binnen weniger Stunden im rechten Sumpf der sozialen Netzwerken entfachte, offenbarte jedoch abermals das bedrohliche Potential, das ihr innewohnt.


Alle Antifaschist_innen im weiteren Einzugsgebiet von Neumünster sind dazu aufgerufen, die dortigen Entwicklungen auch in den nächsten Wochen und Monaten im Auge zu behalten und auch auf kommende Herausforderungen so schnell und entschlossen zu reagieren, wie es am Samstag erfreulicherweise der Fall gewesen ist.

Medienberichte:

Blick nach Rechts | NDR | SHZ I | SHZ II | Kieler Nachrichten I | Kieler Nachrichten II | Polizeipresse | Polizeipresse II

Fotos:

Sonar-Archiv | Fabian Schumann | Wut auf der Straße – Protest in Bildern

[Boostedt] Abgeschotteter RassistInnen-Pulk auf Dorferkundung

Ganze zwölf RassistInnen folgten am Samstag, 9. Januar 2016 der Social Media-Mobilisierung von „Schleswig-Holstein wehrt sich“ des notorischen Neonazi-Alleingängers Enrico Pridöl aus Neukirchen (Ostholstein) in die Gemeinde Boostedt, in der Hoffnung, im Ort Stimmung gegen die Bewohner_innen der dort ansässigen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende schüren zu können. Kurzfristig hatte auch das Neumünsteraner Bündnis gegen Rechts zu Gegenprotesten aufgerufen, an denen sich etwa 60 Boostedter_innen, Gewerkschafter_innen und Antifas aus den umliegenden Städten beteiligten.

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In drei Güppchen trafen die RassistInnen ab 12.15 Uhr am Boostedter Bahnhof ein, darunter neben dem angereisten Anmelder Pridöhl mitsamt seiner augenscheinlichen „Demoleitung“ bestehend aus Patrick Schallat aus Pinneberg und Sven Späthmann aus Neumünster auch vier mutmaßliche Boostedter Dorfnazis. Von dem wahrscheinlich größten Polizeiaufgebot in der Geschichte der Gemeinde, das mindestens eine Hundertschaft umfasste und offenbar vor allem zu Demo-Schulungszwecken abgestellt worden war, wurde die Trümmertruppe abgeschirmt von auf der anderen Straßenseite begleitenden Gegendemonstrant_innen einige hundert Meter auf dem Fußweg zum Parkplatz am Sportplatz eskortiert. Hier fand isoliert von jeder Öffentlichkeit und unter antifaschistischen Beschimpfungen die „Auftaktkundgebung“ statt, die den abstrusen Charakter der Veranstaltung nochmals offenbarte. So sprachen die Redner in Ermangelung einer Lautsprecheranlage unverstärkt zu ihren wenigen AnhängerInnen, durch das Fehlen jeglicher Transparente, Schilder, Fahnen oder Flugblätter war auch sonst kein politischer Ausdruck erkennbar.

Als die „Demo“ sich dann zum Erstaunen aller Anwesenden nichtsdestotrotz in Bewegung setzen wollte, entstand kurzerhand eine Blockade, die die RassistInnen etwa 20 Minuten am Losgehen hindern konnte. Durch einen Korridor gelang es der Polizei nach inniger Beratung mit Pridöhl und seinen Helfern schließlich, den rundherum polizeilich eingekesselten Wanderzirkus durch die Gegendemonstrant_innen zu schleusen. So ermöglichten die Beamten den RassistInnen tatsächlich, einen Teil der angemeldeten Wegstrecke als abgeschirmter Pulk zurückzulegen. Obwohl es die Polizei durch ihre in Relation massive Präsenz und mit Hilfe der weitläufigen Straßenführung des Dorfes, von Straßensperrungen und dem Einkesseln von Antifaschist_innen es zwischenzeitlich schaffte, RassistInnen und Gegendemonstrat_innen räumlich zu trennen, kam es auch in der anschließenden halben Stunde immer wieder zu Protesten und kleineren Blockaden. So endete der eigentümliche Aufzug gegen 14.30 Uhr auch unplanmäßig direkt am Bahnhof.

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Ein Teil der RassistInnen verließ das Geschehen mit der Bahn, ein anderer Teil wurde wiederum, nicht ohne Begleitung durch Antifas, polizeilich bewacht zu ihrem Auto gebracht. Das Boostedter Grüppchen verabschiedete sich stilecht mit einem Hitler-Gruß, der von den daneben stehenden Polizist_innen auch entgegen de Hrinweise durch Antifaschist_innen ignoriert wurde, in ein Wohnhaus im Stückenredder direkt am Bahnhof.

Objektiv betrachtet war auch diese Aktion in Boostedt, wie bereits im Vorfeld prognostiziert, ein weiterer schlechter Witz in der Geschichte der diletantischen Organisations-Fertigkeiten des Enrico Pridöhl: Seine vormaligen Kooperationspartner, mit denen er noch vor wenigen Wochen an der Durchführung des Naziaufmarsches in Neumünster beteiligt gewesen ist, ließen ihn, wie auch nahezu sämtliche andere rechte Strukturen und Personenkreise, im Stich und glänzten durch Abwesenheit. Er ist nicht annähernd in der Lage gewesen, für irgendeine Art von politischer Außenwirkung zu sorgen, wärend die spontanen Gegenaktivitäten ihr Anliegen sehr wohl an Anwohner_innen und Passant_innen vermitteln konnten. In Anbetracht des allgemeinen Realitätsverlusts, das dieses absurde Schauspiel abermals offenbarte, ist jedoch nicht auszuschließen, dass Pridöhl und seine wenigen Gefolgsleute auch diesen Auftritt subjektiv zu einem Erfolgserlebnis umdeuten. Dies wäre dann allerdings allein der verantwortlichen Polizeidirektion anzulasten, die weder Kosten noch Mühen scheute, dem Häufchen Elend mit einem gewaltigen Aufgebot den Weg für ihre sonderbare Dorfbegehung zu bahnen.

Damit sich ein solches Szenario nächste Wochen nicht wiederholen kann, wenn in Neumünster wieder eine wohl deutlich höhere Anzahl RassistInnen aufmarschieren will, sind alle Antifaschist_innen aus Schleswig Holstein und darüber hinaus mit Nachdruck dazu aufgerufen, sich an den dortigen Gegenaktivitäten zu beteiligen und zu einem Kräfteverhältnis mit anderen Handlungsoptionen beizutragen.


Fotos der RassistInnen | Fotos Gegenaktionen

Presse: SHZ | KN | Polizeipresse

Der isolierte Aktionismus des Enrico Pridöhl und andere Neujahrs-Pläne des rassistischen Lagers für Boostedt und Neumünster

Bereits für den 13. Dezember 2015 hatte der Neonazi-Aktivist Enrico Pridöhl aus Neunkirchen in Ostholstein eine rassistische Kundgebung unter dem Motto „Asylmissbrauch stoppen, Nein zur Merkel Politik“ in Boostedt bei Neumünster angekündigt, die er jedoch aufgrund mangelnder Unterstützung aus der Szene sowie fehlender Resonanz einige Tage vorher wieder abmelden musste. Nun ruft Pridöhl im Namen seiner Ein-Person-Initiative “Schleswig-Holstein wehrt sich” in sozialen Netzwerken abermals zu einer Hetz-Veranstaltung gegen Geflüchtete auf: Unter dem Motto “Wir sagen NEIN zu Überfremdung und zur Merkel Politik” mobilisiert er für Samstag, 9. Januar 2016 um 13 Uhr nach Boostedt – Rickling.


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Enrico Pridöhl („Schleswig-Holstein wehrt sich“) am 14.11.2015 in Neumünster / Mit dem Rücken zu ihm: Manfred Riemke
Die Gemeinde Boostedt ist ins Visier organisierter Rassist_innen geraten seitdem die ehemalige Rantzau-Kaserne dort zur provisorischen Erstaufnahmeeinrichtung für derzeit etwa 2000 asylsuchende Menschen umfunktioniert worden ist. Mehrmals versuchten rechte Parteien und Initiativen von NPD über AfD bis zu selbsternannten “besorgten Bürgern” bereits nach dem Vorbild der aktuell unzähligen rassistischen Mobilisierungen im gesamten Bundesgebiet gegen die Geflüchteten Stimmung zu machen. Obwohl es zwischenzeitlich so schien, dass im Dorf bei einigen Anwohner_innen durchaus ein Nährboden für solcherlei Dynamiken vorhanden sei, verliefen sich die rassistischen Initiativen schlussendlich allesamt im Sande. Dies ist nicht zuletzt der starken Präsenz und Aktivität der vielen Flüchtlings-Unterstützer_innen in Boostedt zu verdanken, die den Hetzer_innen durch ihre kontinuierliche praktische Arbeit im Alltag das Wasser abgruben. Der letzte Versuch von Rassist_innen im Ort öffentlich aufzutreten, endete für sie in einem Desaster: Fünf Neonazis vom NPD Kreisverband Segeberg-Neumünster um Mark Michael Proch und Daniel Nordhorn sahen sich am 31. Oktober 2015 dem spontanen Protest von 150 Antifaschist_innen aus verschiedenen Spektren gegenüber und mussten tatenlos wieder einpacken.
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150 Antifaschist_innen gegen NPD-Auftritt am 30.10.2015 in Boostedt
Im Zuge des Aufmarschversuches von “Neumünster wehrt sich” am 14. November 2015 in Neumünster, als 80 Rassist_innen größtenteils aus dem Neonazi-Spektrum am Widerstand von über 300 Antifaschist_innen scheiterten, haben sich nun weitere Personalien aus dem schleswig-holsteinischen Neonazi-Sumpf der Hetze gegen Geflüchtete sowie auch der Ortschaft Boostedt angenommen – darunter auch ebenjener Enrico Pridöhl. Pridöhl kann als Sonderling der Szene bezeichnet werden, der in Vergangenheit bereits wiederholt durch Ankündigungen von Aktionen und Initiativen aufgefallen ist, die wenig bis keinen Rückhalt in der Szene genossen und insofern floppten. Derzeit versucht er sich offenbar sogar am Aufbau eines weiteren, offensichtlich zum Scheitern verurteilten Ego-Parteienprojektes namens „Zukunft für Deutschland“. Der Aufmarsch in Neumünster war insofern die bis dato wohl prominenteste Aktion, an deren Organisation Pridöhl bisher beteiligt gewesen ist. Dass dessen relative Größe wohl weniger Pridöhl als anderen Protagonisten von “Neumünster wehrt sich” um Manfred Riemke und Manuel Fiebinger geschuldet gewesen ist, offenbaren seine Anschluss-Initiativen in Boostedt nur allzu deutlich: Seine vorherigen Mitstreiter distanzierten sich im Namen von “Neumünster wehrt sich” öffentlich von den Mobilisierungen, andere Neonazis wie der Eutiner Sebastian Alexander Struve, der in Neumünster als Redner auftrat, kündigen unter Häme ihr ausdrückliches Nicht-Kommen am 9. Januar an. Es ist also davon auszugehen, dass Pridöhls abermalig angekündigter Auftritt in Boostedt, sollte er nicht ohnehin schon im Vorfeld wieder abgemeldet werden, auf sich allein gestellt eher dem dortigen armseligen NPD-Auftritt, als dem Demoversuch in Neumünster ähneln wird.

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Foto links: Manfred Riemke („Neumünster wehrt sich“) am 14.11.2015 in NMS / Foto rechts: Sebastian Alexander Struve (ehemals „AG Eutin“) als Redner am 14.11.2015 in NMS

Auch wenn also auch diesmal nicht von einer größeren rassistischen Mobilisierung nach Boostedt auszugehen ist und die Situation im Dorf derzeit für solcherlei Initiativen von auswärtigen Neonazis tendenziell auch wenig anschlussfähig zu sein scheint, sollten Antifaschist_innen die Ankündigung für den Tag im Auge behalten und ggf. spontan reagieren. Weiterhin gilt es, sich jedem Versuch von Rassist_innen, Stimmung gegen Geflüchtete zu machen, klar und deutlich entgegenzustellen. Noch mehr als für Pridöhls eigentümliche Experimente in Boostedt gilt dies für die weiterhin im Raume stehende, jedoch nach wie vor unkonkrete Androhung von Riemkes tendenziell ausstrahlungskräftigerer “Neumünster wehrt sich”-Initiative, im Januar 2016 eine Wiederholung des 14. November anzustreben. Darauf, dass diese fixe Idee nicht vom Tisch ist, verweisen entsprechenden Aufrufe zur logistischen Unterstützung zukünftiger Aufmärsche in sozialen Medien.
Dass zur Tat schreitender Rassismus auch in Schleswig-Holstein trotz im deutschlandweiten Vergleich weitestgehend ausgebliebener Hetzmobilisierungen eine nicht zu unterschätzende, permanent schwelende Bedrohung ist, zeigen die im Jahr 2015 offiziell auf 30 angestiegene Zahl von Anschlägen auf Unterkünfte von Geflüchteten im nördlichsten Bundesland. Ob diese Tendenz sich 2016 weiter zuspitzen wird oder sie zurückgedrängt werden kann, wird maßgeblich auch daran liegen, inwieweit es Antifaschist_innen und Antirassist_innen gelingt, den Hetzer_innen und potentiellen Brandstifter_innen die Räume zu nehmen. Dazu Bedarf es kontinuierlicher Beobachtung der Entwicklungen, Sensibilisierung der jeweils vor Ort betroffenen Öffentlichkeit, spontaner und entschlossener Handlungsfähigkeit und als Grundlage all dessen: verlässlicher Organisierung.

Keine Ruhe der AfD – rassistische Veranstaltung in Kiel gestört

Am vergangenen Montag, 14.12.2015 hatte der AfD-Kreisverband Kiel zu einer Veranstaltung geladen. Ihr Thema war als Wege aus der Asyl- und Flüchtlingskrise” angekündigt, bei der in üblich rassistischem Tenor die „denkbaren Mechanismen zur Eindämmung der Flüchtlingsströme” vorgestellt und diskutiert werden sollten. Schon im Vorfeld regte sich dagegen Widerstand, indem die Autonome Antifa-Koordination einen Offenen Brief an den ursprünglichen Veranstaltungsort, das Hotel Consul, veröffentlicht hatte. Das Schreiben informierte über die Hintergründe der geplanten Veranstaltung, die nationalistischen und rassistischen Positionen der AfD sowie ihrer Abspaltung ALFA und der Jugendorganisation „Junge Alternative“. Außerdem wurde angekündigt, im Falle der Aufrechterhaltung der Raumzusage an die AfD zu einer Protestkundgebung zu mobilisieren. Die Argumente gegen die AfD und ihre Positionen überzeugten das Hotel Consul offensichtlich, so dass die Veranstaltung kurzfristig abgesagt wurde.

Die AfD war hierdurch gezwungen worden, sich spontan neue Räumlichkeiten suchen zu müssen. Ein Versuch, der erfreulicherweise erfolglos blieb: Anscheinend wollte niemand den RechtspopulistInnen eine Bühne bieten. Daraufhin verlegte die Partei die Veranstaltung kurzerhand in die Räume ihrer Kieler Landesparteizentrale am Walkerdamm, was am Montagmorgen per Anzeige in den „Kieler Nachrichten“ öffentlich gemacht wurde.

Trotz kurzer Vorlaufszeit und miesen Wetters versammelten sich deshalb am Montagabend schließlich etwa 20 Antifaschist_innen und zogen zum Parteibüro der AfD, welches übrigens nach wie vor durch zerstörte Fensterscheiben zu glänzen weiß. Die Polizei war zwar vor dem Büro und im Umfeld massiv präsent, beschränkte sich aber auf die Sicherung des Büros und trat ansonsten nicht weiter in Erscheinung. Mittels Transparenten, Sprechchören wie „AfD: Rassistenpack – wir haben euch zum Kotzen satt“ und „Kein Mensch ist illegal – Bleiberecht überall“ sowie einem kurzen Redebeitrag, in dem die rassistischen Postionen der AfD, deren Überschneidungen zu Positionen von Neonazis, das Mitlaufen derselben auf AfD-Demos sowie die aggressive Stimmung gegenüber Geflüchteten in Deutschland thematisiert wurden, sorgten die anwesenden Antifaschist_innen nicht nur für die hektische Schließung der Bürofenster, sondern auch dafür, dass die Veranstaltung, an der ca. 30 Personen teilnahmen, nicht ungestört über die Bühne gehen konnte. Die Kälte vertrieb dankenswerterweise der Kaffee, der den Antifaschist_innen großzügigerweise von solidarischen Anwohner_innen serviert wurde. Nach einer halben Stunde und mit abschließenden Sprechchören wurde die Protestaktion beendet und die Anwesenden konnten sich unbehelligt auf den Weg nach Hause machen.

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Als Fazit bleibt festzuhalten, dass wieder einmal gezeigt werden konnte, dass die AfD, egal wo und wie sie öffentlich in Erscheinung tritt – seien es Infostände im Rahmen der sogenannten „Herbstoffensive“, ein geplanter Aufmarsch in Hamburg, ein „Kennenlerntreffen“ in Kiel oder die Veranstaltung am Montag – sie dies nicht ungestört und unbehelligt machen und zum Verbreiten ihrer rassistischen und nationalistischen Politik nutzen kann, sondern sie immer wieder Gefahr läuft, mit antifaschistischen Gegenaktionen konfrontiert zu werden. Auch in Zukunft rufen wir alle Antifaschist_innen und Antirassist_innen dazu auf, sich den Rechtspopulist_innen der AfD und allen anderen Rassist_innen wann immer es angebracht ist, in den Weg zu stellen und dafür zu sorgen, dass der kalte eisige Wind des antifaschistischen Widerstands ihnen auch in Zukunft direkt ins Gesicht blasen wird.

Kein Raum für rassistische Politik – AfD werden wiederholt Veranstaltungsräume in Kiel und SH gekündigt

Für kommenden Montag hat die rechtspopulistische „Alternative für Deutschland“ (AfD) eine öffentliche Veranstaltung unter dem Titel Wege aus der Asyl- und Flüchtlingskrise” angekündigt, bei der in üblich rassistischer Manier die „denkbaren Mechanismen zur Eindämmung der Flüchtlingsströme” vorgestellt und diskutiert werden sollen. Als Veranstaltungsort war das Hotel Consul vorgesehen. Das Hotel ist direkt neben dem AfD-Büro im Walkerdamm gelegen und in der Vergangenheit durchaus wiederholt Anlaufpunkt für ähnliches Klientel gewesen, beispielsweise für Treffen der Jugendorganisation der AfD „Junge Alternative“ oder eine Veranstaltung der AfD-Abspaltung „Allianz für Fortschritt und Aufbruch” (ALFA) unter dem Motto „Wir stoppen Merkel“, die erst am 24.11. dort stattfand.

Als Reaktion darauf wurde im Namen der Autonomen Antifa-Koordination Kiel ein Offener Brief (1) an das Hotel Consul verfasst in dem aufgeklärt wurde, für welche rassistischen und nationalistischen Parteien und Organisationen das Hotel regelmäßig seine Räume zur Verfügung stellt. Nachdrücklich wurde darum gebeten, die AfD für Montag wieder auszuladen und ihr auch in Zukunft keine Räume mehr zur Verfügung zur stellen. Zudem wurde eine antifaschistische Kundgebung in direkter Nähe zum Hotel angekündigt, sollte die AfD-Veranstaltung dennoch wie geplant stattfinden. Die zugetragenen Informationen und Argumente gegen die rassistischen Mieter_innen haben die Verantwortlichen des Consul offensichtlich rundum überzeugt, sodass der AfD die Räume kurzfristig wieder gekündigt wurden. Wir begrüßen diesen Schritt natürlich und hoffen auch in Zukunft auf ähnlich besonnenes Handeln des Hotel Consul im Umgang mit Anfragen rechter Akteure.

Die AfD wiederum muss sich nun spontan einen neuen Raum für ihre rechte Hetze suchen. Der neue Veranstaltungsort soll laut Selbstauskunft der AfD am Montag via Anzeige in der Lokalzeitung „Kieler Nachrichten“ (KN) veröffentlicht werden. Wir rufen alle Antifaschist_innen dazu auf, auch diese Versammlung der Rechtspopulist_innen nicht ungestört über die Bühne gehen zu lassen und den rassistischen Hetzer_innen direkt zu zeigen, was von ihnen zu halten ist.

Dass solche Initiativen auch spontan sehr gut möglich sind bekam die AfD bereits letzte Woche in Kiel zu spüren. Abermals per KN-Inserat hatte die Partei zu einem „Kennenlerntreffen“ in ein Restaurant am Exerzierplatz geladen. Daraufhin versammelten sich ohne lange Vorlaufzeit etwa 25 Antifaschist_innen mit Transparenten vor der vorgesehenen Lokalität und kamen in diesem Zuge auch mit dessen Betreiber ins Gespräch. Dieser erklärte, dass Achille Demagbo – aktueller Landesvorsitzender der AfD – ein ehemaliger Mitarbeiter von ihm sei und dieser für den Abend einige Tische reserviert habe. Er habe jedoch nicht gewusst, dass diese für ein solches Treffen genutzt werden sollten. Nachdem der Betreiber vor Ort nachträglich über die Ankündigung des Treffens und die Funktion Demagbos informiert wurde, erklärte dieser sofort, der AfD für kommende Treffen keine Räume mehr zur Verfügung zu stellen. Nach einigem Hin und Her durften die sieben bis acht auf ihrer Reservierung beharrenden AfD-Gestalten dennoch zumindest für diesen Abend in das Restaurant. Allerdings nur unter Anwesenheit einiger Antifaschist_innen, die gleichzeitig vom Betreiber auf Häppchen und Getränke eingeladen wurden. Den Rassist_innen dagegen wurden im Laufe des Abends noch die eine oder andere verbale Nettigkeit zukommen gelassen.

Auch in anderen Städten Schleswig-Holsteins mussten Rechtspopulist_innen ähnliche Erfahrungen machen: In Wedel und Pinneberg wurden der Partei ALFA die Räumlichkeiten verwehrt und in Uetersen wurde, ebenfalls als Reaktion auf einen Offen Brief von Antifaschist_innen, der Veranstaltungsort für einen Auftritt der stellvertretenden AfD-Vorsitzenden Beatrix von Storch gekündigt.

Mit Blick auf die selbsternannte „Herbstoffensive“ der AfD kann zumindest für Schleswig-Holstein und Hamburg konstatiert werden, dass die Rechtspopulist_innen nicht ungestört öffentlich agieren konnten und oftmals mit antifaschistischen Protesten konfrontiert wurden: Belagerte oder abgesagte Infostände in Kiel und Flensburg, direkte Aktionen gegen das Kieler Parteibüro, geplatzte Veranstaltungen aufgrund von fehlenden Räumlichkeiten und nicht zuletzt die gescheiterte norddeutsche Demonstration der AfD-Landesverbände in Hamburg Ende Oktober machten deutlich, dass Rassist_innen und Nationalist_innen einen schweren Stand im hohen Norden haben und ihre Hetze auf der Straße oder in öffentlichen Räumen regelmäßig auf Widerstand trifft.

(1) Offener Brief an das Hotel Consul

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Geschichtsrevisionistisches und militaristisches Ehrenmal auf Kieler Nordfriedhof eingefärbt

Rechtzeitig zum sogenannten Volkstrauertag am 15.10.2015 wurde in Kiel ein geschichtsrevisionistisches und militaristisches Ehrenmal auf dem Kieler Nordfriedhof eingefärbt berichtet das unabhängige Nachrichtenportal Indymedia Linksunten. Zum Hintergrund der Aktion heißt es dort:

„Jedes Jahr zum Volkstrauertag trauert die deutsche Nation um ihre Helden. Helden nach deutscher Art sind nicht WiderstandskämpferInnen gegen den Faschismus oder Betroffene der deutschen Vernichtungsaktionen.


Lieber trauert das Land um Soldaten der deutschen Angriffskriege, faschistische Milizen und Kriegsverbrecher. Inschriften in Ehrenmälern in ganzen Land berichten von Ehre, Treue, Heldenmut und Vaterland. Auf dem hässlichen Stein der jetzt hübsch pink erstrahlt stand „Wir Toten fordern als unser Recht die alte Treue vom neuen Geschlecht“ und „Im Weltkriege starben den Heldentod 1.569 Offiziere und Beamte 718 Deckoffiziere 7.349 Unteroffiziere 25.197 Mannschaften der kaiserlichen Marine“. Den MilitaristInnen und Nazis wurde so dieses Jahr die feierliche Stimmung versaut.“