Schleswig-holsteinische Neonazis planen Aufbau einer rechten Hilfsorganisation

Nachdem Ende letzten Jahres bekannt wurde, dass schleswig-holsteinische Neonazis den Aufbau einer “Braunen Hilfe” planen, hat taz-Autor Andreas Speit diesem Phänomen einen Artikel gewidmet.

[Lars Hildebrandt (2.v.l.) und Björn Schubert (NPD-Kiel, 1.v.r.) vor einem “Ian Stuart”-Banner in Andenken an den verstorbenen Gründer des “Blood and Honour”-Netzwerks]

Die “Braune Hilfe” soll Neonazis in ihrem Kampf gegen beispielsweise Migrant_innen, Antifaschist_innen oder Journalist_innen finanziell und juristisch unterstützen. Ideengeberin der Neonazis um Jörn Lemke (Lübeck), Lars Hildebrandt (Itzehoe), Daniel Nordhorn (Laboe) oder Simon Stanek (Bollingstedt) ist die Rote Hilfe linker Gruppierungen. Demnach stellt die Gründung der “Braunen Hilfe” einen Versuch dar, das organisatorische Defizit der neonazistischen Rechten in Schleswig-Holstein zu verringern. Allerdings scheinen schon am Anfang strukturelle Probleme und inhaltliche Differenzen das Projekt zu lähmen.

NPD-Aktivposten Daniel Nordhorn schießt scharf

In einer ausführlichen Veröffentlichung über die traditionsreiche Affinität, die auch Kieler Neonazis zu Waffen hegen, hat das antifaschistische Recherche-Portal „La Quimera“ aktuell die aktive Mitgliedschaft und führende Rolle des schleswig-holsteinischen NPD-Funktionärs Daniel Nordhorn aus Laboe im Heikendorfer “Schützenverein Marianne” aufgedeckt. In dem Artikel heißt es diesbezüglich:

„Doch nicht nur in der Illegalität leben Neonazis ihre Begeisterung für Waffen aus. Der “Landesorganisationsleiter” und Kreisvorsitzende (Kreisverband Segeberg-Neumünster) der NPD Daniel Nordhorn schießt ganz legal mit scharfen Waffen im “Schützenverein Marianne von 1971 e.V.” in Heikendorf bei Kiel. Daniel Nordhorn ist als Schriftführer Mitglied des Vereinsvorstands, pflegt den Internetauftritt des Vereins und schießt mit Standard- und Sportpistole.


Der ursprünglich aus Bremen stammende 44-jährige Nordhorn integrierte sich erst relativ spät in neonazistische Führungskreise. Die ihn auch aktuell immer wieder einholende Unzuverlässigkeit und ein eskapadenreiches Privatleben um seine Milieukonflikte und seinen auch schon in der Neonaziszene für Unmut sorgenden Substanzkonsum standen einem dauerhaften parteipolitischen Engagement zunächst im Weg. In den letzten Jahren gelang es ihm, bedingt vor allem durch die Personalnot der NPD in Schleswig-Holstein, sich mehr und mehr in Stellung zu bringen und 2011 den weitgehend am Boden liegenden Kreisverband Segeberg-Neumünster zu übernehmen, obwohl Nordhorns Wohnort Laboe nicht im Gebiet des Kreisverbands liegt. Nordhorn wurde schnell zu einem der aktivsten Kader Schleswig-Holsteins, polarisiert aber immer noch durch eine unzuverlässige und aufbrausende Art. Seine vielfältigen Drohungen gegen antifaschistische Initiativen auf den Internetauftritten der NPD setze er zum “Heldengedenken” im November 2013 in die Tat um, als er antifaschistische Fotograf_innen mit Pfefferspray angriff. Im Januar 2014 folgte eine Verurteilung wegen Beleidigung im Rahmen einer NPD-Veranstaltung.


Dass der “Schützenverein Marianne” nicht von den neonazistischen Umtrieben Daniel Nordhorns weiß, erscheint nahezu unmöglich. Heikendorf ist eine kleine Ortschaft in unmittelbarer Nachbarschaft zu Nordhorns Wohnort Laboe. Nordhorn selbst schreibt auf der Website seines Kreisverbands, dass alle Bewohner_innen seines Ortes ihn und seine politische Gesinnung kennen. Auch Nachbar_innen Nordhorns sind im selben Schützenverein aktiv. Kein Vereinsmitglied scheint sich daran zu stören, dass die von Nordhorn gepflegte Internetseite des Vereins Besucher_innen im neonazistischen Duktus mit “Herzlich willkommen auf der Weltnetzpräsenz des Schützenvereins Marianne von 1971 e.v.” begrüßt.


Selbst in den Zeiten des “NSU” scheint weder in dem für die Vergabe der Waffenlizenzen zuständigen Ämtern, noch in dem Schützenverein ein Bewusstsein dafür zu herrschen, dass gewaltbereite Neonazifunktionäre nicht (nur) aus sportlichen Gründen an scharfen Waffen mlung zum Verbotsantrag der NPD auf, der damit begründet ist, dass die NPD kämpferisch auf einen Umsturz hin artrainieren, sondern sich damit auf den bewaffneten Kampf für den Nationalsozialismus vorbereiten. Im Falle Nordhorns ist die Gemengelage denkbar skurril. Die Innenministerkonferenz führt Daniel Nordhorn in ihrer Beweissambeiten würde, während eine dem Innenministerium unterstellte Behörde ihm eine Waffenlizenz ausstellt.“

Antifaschistischer Jahresrückblick 2013

Antifas aus Schleswig-Holstein haben auf linksunten.indymedia.org einen antifaschistischen Jahresrückblick veröffentlicht:

Am Ende des Jahres 2013 kann aus antifaschistischer Perspektive resümiert werden: Es wird eng für die schleswig-holsteinische Naziszene. Ihre Aktionsspielräume werden kontinuierlich geringer, was neben der polizeilichen Repression vor allem am antifaschistischen Gegendwind liegt.

Die NPD-Strukturen, allen voran der aktivste Kreisverband Segeberg-Neumünster, waren Ziel der Kampagne „DIY – In die antifaschistische Offensive gehen“. Nachdem dessen „Top 11“ der Öffentlichkeit vorgestellt und darüber hinaus einige Autos und Hausfassaden kreativ umgestaltet worden waren, zogen sich etwa die Aktivposten Arne Voss oder Mike Denz zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück, andere Nazis, die bis dato wichtige Funktionen innehatten (wie etwa Katharina Schubert, die als Kassenwartin auftrat), verließen sogar die Partei.
Während im Vorjahr dutzende Infotische von Nordhorn und Co. unbehelligt geblieben waren, schirmten 2013 Antifaschist_Innen oftmals die Kundgebungen der Partei ab und sorgten dafür, dass ihre Hetzreden kaum zu hören waren und extrem rechte Flyer in den Müll wanderten. Das gilt für die NPD, die in Neumünster im Februar auf dem Kantplatz und im Mai auf dem Kleinflecken genau so scheiterte wie im August in Kiel, aber auch die islamfeindliche German Defence League, die im März in Hamburg erfolglos blieb. Aber nicht nur öffentliche, auch szeneinterne Veranstaltungen fielen ins Wasser: In Pinneberg störten Antifaschist_Innen im März den NPD-Stammtisch, vor allem durch eine Demonstration im April griff die Presse die extrem rechten Treffen im „Rondo“ auf und erhöhte den Druck auf Stawitz und seine Kamerad_Innen. Als in Neumünster im November der geheime Vorabtreffpunkt des „Heldengedenkens“ aufgeflogen war, erschienen mit fotografierenden Antifas denkbar ungebetene Gäste. Aber auch in anderen Kreisverbänden läuft es nicht rund: In Lübeck gab es das erste Mal seit sieben Jahren keinen „Trauermarsch“, dieser wurde wegen zuletzt sinkender Teilnehmer_Innenzahlen einfach abgesagt.

Gerade wegen dieser Rückschläge setzte die Partei große Hoffnungen auf die Kommunalwahlen im April und die Bundestagswahlen im September 2013. Der NPD fehlten allerdings angesichts der sinkenden Motivation ihrer Mitglieder die Ressourcen, um ihre Wahllisten mit eigenen Leuten zu besetzen. Während im Kreis Herzogtum Lauenburg der bisherige NPD-Funktionsträger Kay Oelke sogar aus der Partei austrat und mit einer eigenen Liste antrat, konnte in Kiel und in Neumünster, wo Leute von „Bollstein Kiel“ bzw. Personen aus dem familiären und beruflichen Umfeld von Spitzenkandidat Mark Michael Proch aufgestellt wurden, zumindest Schadensbegrenzung betrieben werden. Vor allem der Einzug von Proch in die Neumünsteraner Ratsversammlung, der größtenteils auf die sinkende Wahlbeteiligung und den Wegfall der Fünf-Prozent-Hürde zurückzuführen ist, wurde als Erfolg gefeiert, für seine Arbeit erntete Proch bisher aber nur Hohn und Spott. Seine Anfrage zum Thema „Fördergelder für Linksextremisten“, für die Landespressesprecher Jörn Lemke extra eine Seite in der Parteizeitung „Schleswig-Holstein-Stimme“ reserviert hatte, wurde im Rat gar nicht erst verhandelt. Um herauszufinden, wer dem „Runden Tisch“ der Stadt an der Schwale angehört, hätte er zudem gar keine Anfrage stellen, sondern einfach nur einen Blick auf dessen Homepage werfen müssen.

In vielen Regionen hat sich die extrem rechte Szene wegen der Schwäche und Zerstrittenheit der NPD von der Partei abgewandt, viele Nazis sind stattdessen ins Rocker-Milieu abgewandert. Oft finanzieren aber dubiose Geschäftsleute auch neonazistische Aktivitäten mit ihren Profiten, weshalb es sich die Kampagne „An die Substanz“ zum Ziel gesetzt hat, diese Strukturen offen zu legen. In Kiel führten verschiedene Aktionen dazu, dass sowohl der NDR als auch die Kieler Nachrichten über die rechten Verstrickungen des Heilcentrum Pless und von „PLS-Werkzeuge“ berichteten – wie hoch der öffentliche Druck z.B. auf Pless inzwischen ist, zeigt die Tatsache, dass der Nazi-Heilpratiker schon die Polizei dazu anstiftet, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. In Neumünster sind insbesondere die Titanic-Betreiber_Innen Horst und Pascal Micheel genervt von der negativen Öffentlichkeit: Nachdem Horsts NPD-Aktivitäten im Rahmen der DIY-Kampagne aufgegriffen und Pascals Umtriebe von Nazi-Watch-SH vorgestellt wurden, brachte „An die Substanz“ zudem ein umfangreiches Porträt der Kneipe heraus. Die Micheels, die einerseits Stress mit den Parteikameraden haben, leiden nun auch noch unter Konzertabsagen usw. Mehr als unglaubwürdige Lippenbekentnisse, mit denen sie sich einmal mehr als „unpolitisch“ ausgeben wollen, haben sie bisher aber nicht zu Stande gebracht.

Die Nazis machten ihrer Frustration auch 2013 wieder durch Hetze und Gewalt Luft. Im Wahlkampf setzten sie neben Europafeindlichkeit vor allem auf blanken Rassismus, die Anschläge auf die Geschäftsstelle der Grünen in Pinneberg (05.07.13), auf die Jüdische Gemeinde in der gleichen Stadt (09.11.2013) und auf den jüdischen Friedhof in Neustadt i.H. (02.05.13) belegen genau wie der Angriff auf Antifa-Fotograf_Innen beim „Heldengedenken“ in Neumünster (17.11.2013), dass ihre gewaltverherrlichenden und menschenfeindlichen Ideen nicht nur Theorie sind. Linke Strukturen werden aber ebenso von staatlicher Seite angegriffen, die polizeiliche Repression richtete in diesem Jahr neben antirassistischen Demonstrationen vor allem gegen vermutete Recherche-Aktivist_Innen. Erschien im April in der taz noch ein Artikel, in dem vom Image-Wechsel der Recherche-Arbeit, die im Zuge der NSU-Aufklärung an öffentlichem Ansehen gewonnen hätte, die Rede war, hetzte der Verfassungsschutz in seinem diesjährigen Bericht gerade gegen diese Strukturen. Trotz der Einschüchterungs- und Kriminalisierungsversuche gab es 2013 auf indymedia linksunten eine Reihe von Outings sowie einen antifaschistischen Adventskalender, die die extrem rechten Akteur_Innen aus der Anonymität rissen, zudem erschien die „antifascist watch-group“ La Quimera auf der Bildfläche, die gut recherchierte Hintergrundartikel veröffentlichte.

Insgesamt haben die verschiedenen Kampagnen und vielfältigen Aktionen zur Schwächung extrem rechter Strukturen beigetragen, aber in Hinblick auf die antifaschistische Vernetzung gilt: „Da geht noch mehr…“, insbesondere was die Verwobenheit der unterschiedlichen Unterdrückungsmechanismen wie Rassismus und Sexismus angeht, die nicht aus den Augen verloren werden darf. Eines noch: Angesichts der aktuellen Repression macht es mehr denn je Sinn, sich in der Roten Hilfe oder im Anarchist Black Cross zu organisieren.

Auf ein erfolgreiches Jahr 2014!

Antifaschistischer Adventskalender an den Start gegangen

Bei Indymedia Linksunten ist ein SH-weiter, antifaschistischer Adventskalender an den Start gegangen. Im Ankündigungstext dazu heißt es:

“Der Monat Dezember steht für viele Menschen für Besinnlichkeit, Zusammenkunft, Liebe und Geborgenheit. Auch einige Nazis glauben, sich im letzten Monat des Jahres in Ruhe mit ihren „Liebsten“ zurücklehnen zu können – sie werden aber feststellen müssen, dass die Probleme, die sie mit ihrer menschenverachtenden Ideologie heraufbeschwören, nicht in den Winterschlaf gehen. Wir möchten im Gegenteil die Gelegenheit ergreifen, den Nazis in Schleswig-Holstein ihr „Juulfest“ zu vermiesen. Das Jahr 2013 war geprägt von antifaschistischen Initiativen unter den Mottos „DIY- In die Offensive gehen“ und „An die Substanz„, woran wir nun anknüpfen wollen.

Wir werden vom 01. bis zum 24. Dezember pro Tag einen Neonazi aus der Anonymität holen, extrem rechte Strukturen beleuchten und mit vielfältigen Aktionen dafür Sorge tragen, dass das Jahr 2013 für die Nazis mit der Adventszeit so beschissen aufhört wie es angefangen hat.

In diesen Sinne:
Ein fröhliches, antifaschistisches HO HO HO!”

NMS: Neonazis greifen fotografierende Antifaschist_innen am sog. „Volkstrauertag“ an

Am vergangenen Sonntag, den 17. November, dem so genannten „Volkstrauertag“, trafen sich wieder einmal norddeutsche Neonazis um ihren toten „Helden“ zu Gedenken. Die schleswig-holsteinische NPD versammelte sich an einem Vorabtreffpunkt am Rand von Neumünster, um von dort aus zum „Gedenkstein“ nach Groß Kummerfeld zu fahren. Dabei wurden sie von Antifaschist_innen beobachtet und fotografiert. Die anwesenden Neonazis starteten daraufhin einen Angriff auf die Antifas.

Im Internet behauptet die NPD (mal wieder) sich lediglich verteidigt zu haben: „Der Entschlossenheit unserer Teilnehmer ist es zu verdanken, daß diese vermummte, bewaffnete und schwarz gekleidete Personengruppe keine Möglichkeit hatte einen Angriff zu starten. Sie mussten den Rückweg antreten und konnten sich nur durch den Einsatz mehrerer großer Pfeffersprayflaschen den Weg zu ihren Fahrzeugen sichern.

Auf den bei linksunten.indymedia.org veröffentlichten Fotos ist zu erkennen, wie sich vermummende Neonazis, darunter die NPD-Kader Jörn Lemke und Daniel Nordhorn, sich auf die Fotograf_innen zu bewegen. Wir dokumentieren im Folgenden die Veröffentlichung der Genoss_innen:

„Heldengedenken 2013“: NPD und ihre Schlägertrupps

Der Neumünsteraner Kreisverband der SPD hatte angesichts des Einzugs der NPD in die Ratsversammlung dazu aufgerufen, sich am „Volkstrauertag“ an der Kranzniederlegung am Gedenkstein für die Opfer des Nationalsozialismus zu beteiligen, und viele der Parteien nahmen dann auch an der offiziellen Veranstaltung im Friedenshain teil. Die NPD allerdings wollte keinesfalls der Opfer der Nazi-Diktatur sowie der Kriegstoten aller Nationen gedenken, sondern in Anlehnung an den 1934 von Reichspropagandaminister Goebbels eingeführten „Heldengedenktag“ lediglich ihrer „Gefallenen der Bewegung“. Dieser Tag ist in den letzten Jahren für die schleswig-holsteinische extreme Rechte einer der wenigen regelmäßigen Anlässe gewesen, bei der sie ihrer menschenverachtenden Ideologie ungestört frönen konnten. Fern jeder kritischen Öffentlichkeit können sie dabei Devotionalien mit den NS glorifizierende und extrem rechte Symbolik mit sich tragen, die sie bei offiziellen Parteiveranstaltungen lieber zu Hause lassen.

Auch dieses Jahr haben sich die Nazis vor dem braun umrandeten Spiegel schick gemacht: Daniel Nordhorn, Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Segeberg-Neumünster, trägt sein gebügeltes schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift „1488 – Our time will come“, Tom Petersen seine Jacke mit SS-Stahlhelm und dem Schriftzug „Gott mit uns“. Liedermacher Lars Hildbrandt hingegen präsentiert sein „Ansgar Aryan“-T-Shirt mit Schusswaffe, Alexander Meeder trägt ganz „klassisch“ das „Mein Kamerad“-T-Shirt mit dem Bild eines Wehrmachtssoldaten, während der Rest der insgesamt 25 Neonazis überwiegend schwarz gekleidet ist.

Kurz vor 14 Uhr treffen die ersten Nazis am Vorabtreffpunkt auf dem Parkplatz am Süd-Bahnhof in Neumünster ein, von wo aus sie geschlossen zum „Gedenkstein“ nach Groß Kummerfeld aufbrechen wollten. Aus Lübeck kommen zwei vollbesetzte Autos an: das erste steuert der „Chef“ höchstpersönlich, Jörn Lemke, Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Lübeck-Ostholstein sowie Pressesprecher und stellvertretender Vorsitzender der NPD in Schleswig-Holstein. Am Steuer des zweiten Fahrzeugs ein Mitglied seines Kreisverbandes, Michael Konczal. Die Kameraden aus Neumünster um den „Ratsherrn“ Mark Proch sind schon da. Die Situation ist entspannt, die Sonne scheint, es wird geklönt und gelacht. Es hätte alles so schön werden können…

Nordhorn schaut auf seine Armbanduhr, es ist kurz nach 14 Uhr. Wo bleiben nur die Kamerad_innen aus Kiel um Björn Schubert? Nun ja, der „Kamerad Schubert“ gilt nicht als der Zuverlässigste, es wird also weiter gewartet. Doch auf einmal kippt die Stimmung. Eine Gruppe von Antifas nähert sich, um das Geschehen zu dokumentieren. Die Nazis, die sich eben noch angeregt unterhalten haben, blicken sich nervös um. Ernüchterung macht sich breit. Der Plan das „Heldengedenken“ klammheimlich durchzuführen ist gescheitert, der Vorabtreffpunkt ist aufgeflogen. Stille senkt sich über den Parkplatz, das Auslösen der Kamera ist kurzfristig das Einzige, was zu hören ist.

Doch nicht lange – es ertönt Lemkes Stimme, er befiehlt, Steine zu sammeln und den Fotografen anzuvisieren. Die Kamerad_innen gehorchen, auf einmal ist alles ziemlich hektisch. Die Nazis vermummen sich mit Tüchern, Schals oder Kapuzen, sie durchsuchen ihre Autos nach geeigneten Waffen. Die ersten Steine fliegen – verfehlen allerdings ihr Ziel. Die Gruppe formiert sich schließlich zu einem Trupp, an deren Spitze sich Jan Petersen und kurzzeitig auch sein jüngerer Bruder Tom vom „Aktionsbündnis Lübeck-Stormarn“ setzen, auf einer Höhe mit ihnen Daniel Nordhorn und Lars Hildebrandt. Die Frauen müssen auf Befehl bei den Fahrzeugen bleiben. Nachdem Lemke nach dem dritten Anlauf geeignetes Wurfmaterial entdeckt hat, huscht ein Lächeln über seine Lippen. An der Seite von gewaltbereiten Aktivist_innen aus der Kameradschaftsszene darf auch er, der in Lübeck Angst hat das Haus zu verlassen und seine Ehefrau Karin zum Einkaufen schickt, sich endlich einmal stark fühlen. Er versucht die Gunst der Stunde zu nutzen und gibt aus dem Hintergrund den Befehl zum Angriff.

Kaum haben sich die Nazis gegenseitig aufgeputscht, macht sich auch schon wieder Verunsicherung breit. Der Angriff scheint nicht beeindruckend genug zu sein. Die Gruppe von Antifas bleibt stehen anstatt zu fliehen, sie weichen lediglich den Steinen aus und dokumentieren weiterhin die Vorgänge. Lemke erweist sich als „Führer“ mal wieder ungeeignet, Daniel Nordhorn hingegen fängt an Pfefferspray einzusetzen, Reneé Rudi Eggert vom „Aktionsbündnis Lübeck-Stormarn“ wirft mit Autoteilen, ohne damit den gewollten Effekt zu erzielen. Nordhorn und Lemke, beide Vorsitzende ihrer NPD-Kreisverbände, denken vermutlich an Steinburg und es wird ihnen langsam klar, dass das angefertigte Bildmaterial ihnen und ihrer Partei nachhaltig schaden wird. Letztendlich geben sie den Befehl zum Rückzug, ganz zum Unmut ihrer Kamerad_innen, die wieder nur das bekommen, was sie aus ihrer kompletten Historie heraus nur zu gut kennen: eine Niederlage.

Im unmittelbaren Anschluss an das eigentliche „Heldengedenken“ in Groß Kummerfeld, bei dem unter anderen auch Nordhorn einen Redebeitrag verlas, wurde der NPD-Kranz mit dem Rest des abgelegten Gerümpels fachgerecht entsorgt.

In diesem Sinne verbleiben wir unter dem Motto:

Ehre wohin Ehre gehört – in den Müll!

150 Neonazis feiern Geburtstag von Stefan Silar im Kreis Herzogtum Lauenburg

Am 23.11.13 fand in Koberg (Herzogtum Lauenburg) eine größere Feier mit bis zu 150 anwesenden Neonazis statt. Dazu dokumentieren wir einen Artikel von linksunten.indymedia.org vom 24.11.13:

Gestern Abend, den 23.11.2013, lud Stefan Silar zu seinem 40. Geburtstag ein. Die Feier fand mit über 150 Neonazis in der Kneipe „Zum Koppelkaten“ in Koberg (Kreis Herzogtum Lauenburg) statt.

StefanSilar ist seit fast 20 Jahren einer der Führungspersonen der Norddeutschen Neonaziszene und tritt als Veranstalter von Rechtsrockkonzerten auf. Weil er 1992 den Kapitän Gustav Schneeclaus totschlug, saß er eine mehrjährige Haftstrafe ab. Nach seiner Haftentlassung übernahm er eine Führungsposition in der „Blood and Honour Sektion Nordmark“. Nach dem Verbot von „Blood and Honour“ baute er den „Saalschutz Nordmark“ auf, die hauptsächlich Rechtsrockkonzerte absichern sollten. Häufig griff diese Struktur anwesende Antifaschist_innen und Presse bei Veranstaltungen an.

2005 wurdeSilar im Prozess gegen eine „Combat 18“ Terrorzelle in Pinneberg mitangeklagt. In dem Verfahren wurde er beschuldigt rechte Versände um Schutzgeld erpresst zu haben. Mit diesem Geld sollten Terrorakte finanziert werden. Kurz bevor die Terrorzelle von der Polizei ausgehoben wurde, gab er dem Neonazis Klemens Otto einen Tipp, dass demnächst eine Razzia bei „C18“ Pinneberg anstehen würde. Im gleichen Jahr eröffnete er im Tostedter Ortsteil Todtglüsingen den Neonazishop „Streetwear-Tostedt“ und baute einen Anlaufpunkt der regionalen und überregionalen Neonaziszene auf. Um den Laden organisieren sich die Tostedter Kameradschaften „Gladiator Germania“ und der „Nationale Widerstand Tostedt“, diese Gruppen sind für diverse Übergriffe auf Menschen verantwortlich. Das Ladengeschäft in der Niedersachsenstraße wurde Anfang 2013 geschlossen, die Artikel werden aber weiterhin über die gleichnamige Internetseite vertrieben.

Seinen Geburtstag am 18. November nimmt Silarregelmäßig als Anlass größere Rechtsrockkonzerte zuorganisieren. 2005 veranstaltete er ein Neonazikonzert in Dibbersen, dieses Konzert wurde von der örtlichen Polizei aufgelöst. Dagegen ging er gerichtlich vor und bekam vor dem Amtsgericht Tostedt recht. Im Jahr 2009 organisierte er ein Konzert in Königsmoor, in der Nähe von Tostedt, mit den Bands „Propaganda“ aus Stuttgart, „Alte Schule“ aus Schneverdingen und „Path of Resistance“ aus Mecklenburg-Vorpommern. In den Anfangsjahren von „Path of Resistance“ war Winkler eine zeitlang Sänger der Hatecore-Band.

In der kleinen Gaststätte „Zum Koppelkaten“, wo in der Vergangenheit bereits Rechtsrockkonzerte stattfanden, trafen sich gestern führende Neonazis aus der Norddeutschen Szene. Von der „Blood and Honour“ Nachfolgestruktur „Honour and Pride“ waren unter anderem Oliver Malina und Heiko Hackland anwesend. Kevin Arbeit von der Nachwuchsorganisation „Junge Nationaldemokraten“ und dem „Nationalen Widerstand Unterelbe“ war ebenfalls nach Koberg gereist. Aus Silars direktem Umfeld waren die Kameradschaften „Nationaler Widerstand Tostedt“ und die „Gladiator Germania“ anwesend. Ebenso enge Vertraute wie Marcel Schindler (Gitarrist bei der RAC Band „Alte Schule“) von den „Sneevern Jungs“ und Matthias Schultz der „NPD Verden“ feierten mit.

Neben regionalen Kennzeichen waren vor allem Autos aus Winsen/Luhe, Rotenburg/Wümme, Hamburg, Osterholz-Scharmbeck, Pinneberg, Bad Segeberg, Lüneburg, Uelzen, Celle, Stade, Verden, Lübeck, Sachsen und Berlin angereist.

Neues vom Eselpark Nessendorf

Anfang Oktober machte eine antifaschistische Bustour im Rahmen der KampagneAn die Substanz – rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben” bei dem im Kreis Plön gelegenen „Eselpark Nessendorf“ Halt. Ziel war es, vor Ort auf die seit Jahren bekannte NPD-Unterstützung durch seinen Gründer, Eckart August, aufmerksam zu machen. Als die Aktivist_innen das Grundstück betraten, suchte der Sohn und jetzige Besitzer Friedrich August vor Ort das Gespräch mit ihnen. Er erklärte, seinen Vater schon seit einigen Jahren als Betreiber des Eselparkes abgelöst zu haben und, entgegen der Historie Eckart Augusts, selbst zu keinem Zeitpunkt Verbindungen mit rechter Politik gehabt zu haben. Eckart August habe nach der Aussage seines Sohnes keine geschäftliche Beziehung mehr zu dem Park.


Um diese Information auf ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen, wurde Friedrich August aufgefordert, eine Distanzierung von den rechten Aktivitäten seines Vaters und dem dahinter stehenden Weltbild und entsprechenden Organisationen auch öffentlich nachvollziehbar zu machen.

Stieß dieser Vorschlag vor Ort auf offene Ohren beim jetzigen Besitzer, so zeigte sich Friedrich August im Nachgang der Aktion nicht so kooperativ, wie es zunächst schien.

Wie abgesprochen, wurde seitens der Kampagne ein Mailkontakt zu dem Besitzer des Eselparks aufgebaut, über den die begonnene Diskussion, inwieweit der Betrieb in die rechte Szene verstrickt ist, mit der möglichen Perspektive weitergeführt werden sollte, die antifaschistische Intervention gegen den Eselpark einzustellen. Die Voraussetzung dafür wäre die tatsächliche grundlegende Veränderung der dortigen Begebenheiten und eine glaubhafte und überprüfbare Distanzierung der Geschäftsführung, die öffentlich zugänglich gemacht werde. Weiterhin wurde Hilfe bei der Veröffentlichung einer Distanzierung angeboten. Anbei wurde ein Fragenkatalog geschickt, mittels dessen Fragen zu den Besitzverhältnissen des Eselparks, der politischen Einstellung Friedrich August als auch Informationen über vergangene und aktuelle Tätigkeiten und Verbindungen seines Vaters in die Neonazi-Szene geklärt werden sollten.


Kundgebung vor dem “Eselpark Nessendorf”

Im Laufe des Mailverkehrs stellte Friedrich August heraus, dass er entgegen seines anfänglichen Einlenkens während der Bustour, nunmehr keine Notwendigkeit darin sehe, sich von rechten Bestrebungen im Zusammenhang seines Betriebes und neofaschistischer Ideologie generell zu distanzieren. Diesen Entschluss begründete er damit, dass dies auch kein anderer Betrieb seiner Branche tue. Dabei lässt Friedrich August scheinbar die Tatsache außer Acht, dass der Eselpark mindestens hinsichtlich der politischer Verbindungen seines ehemaligen Betreibers, Eckart August, nicht einfach nur ein normaler Freizeitbetrieb wie viele andere dieser Branche ist. Oft genug wurde von Antifaschist_innen auf die Rolle von Eckart August in der NPD hingewiesen – von der Mitgliedschaft im Kreisvorstand in den 90ern, über seine Rolle als großzügiger Geldgeber für die Partei, bis hin zum Vorwurf als möglicher Gastgeber der NSU-Mörderbande (siehe u.a. Andrea Röpkes Artikel “NSU: Urlaub mit Terrorplanung.“).Sein jahrelanges Engagement in der NPD ist mehrfach belegt.

Vor diesem Hintergrund reicht es nicht, sich in einen Abwehrreflex zu flüchten und diese Informationen als falsche Recherche abzuweisen. Diese Umstände machen es natürlich notwendig, dass sich der Eselpark von rechtem Gedankengut glaubwürdig distanziert und beweist, dass keine der im Geschäft involvierten Personen Kontakte in die rechte Szene pflegt oder dafür sorgt, dass solche Personen nicht weiter am Geschäft beteiligt werden. Wichtig ist hierbei, dass dies in einem Rahmen geschieht, der einer Öffentlichkeit die Möglichkeit bietet, die genannten Änderungen nachzuvollziehen und zu überprüfen. Nur so könnte sich ein bestehender Eindruck gegebenenfalls ändern.

An dieser Stelle sei noch einmal betont, dass es nicht darum geht, den jetzigen Besitzer Friedrich August als Neonazi zu denunzieren. Doch spontane Lippenbekenntnisse sind vor der bestehenden Geschichte der Neonazi-Aktivitäten seines Vaters als ehemaliger Betreiber des Freizeitparks nicht ausreichend. Wir sehen hier bei Friedrich August eine generelle Verantwortung, Vergangenes nicht zu ignorieren, sondern aufzuarbeiten und sich glaubhaft von einem menschenverachtenden rechten Weltbild zu distanzieren. Die Angst vor einem Imageschaden für das Geschäft darf hier kein Hindernis sein.

Dass allerdings auch Friedrich August ziemlich verquere Geschichtsansichten hat, zeigt sich in Vorwürfen, welche er seinerseits in einer Mail an die Aktivist_innen der Kampagne „An die Substanz“ richtet. So besitzt er die Unverfrorenheit, sich mit verfolgten Jüdinnen und Juden im dritten Reich zu vergleichen und Antifa-Aufklebern der gleichen Bedeutung beizumessen, wie „Gelben Sternen“, die als Zwangskennzeichnung für Personen dienten, die als Juden galten.

Ein solch respektloser und geschichtsrevisionistischer Vergleich ist – egal wie sehr Friedrich August aktuell unter Druck stehen mag – in jeder Hinsicht unangemessen und trägt nicht dazu bei, die Wahrnehmung des Eselparks und der Familie August im positiven Sinne zu verändern.



Kundgebung vor dem “Eselpark Nessendorf”

Zumindest über die Besitzverhältnisse des Eselparks konnten durch Recherchen verwertbare Informationen gewonnen werden. Demnach ist Eckart August als stiller Teilhaber mit 16,5 % an der Eselpark GbR beteiligt, was ihm einen Teil der Gewinne, die der Betrieb erwirtschaftet, zusichert.

Eckart August, welcher sich nie von der Neonaziszene distanzierte und mehrfach als NPD-Geldgeber auffiel, zieht folglich immer noch Geld aus dem Betrieb und so lange dieser sich nicht glaubwürdig von dem menschenverachtenden Weltbild von neonazistische Parteien und Organisationen wie der NPD lossagt, muss davon ausgegangen werden, dass seine Einnahmen weiterhin rechter Infrastruktur potenziell zugute kommen können. Da reicht es auch nicht, dass die Geschäftsführung des Eselpark im Jahr 2007 an Friedrich August abgegeben wurde und dass sein Vater vor wenigen Wochen aus dem Impressum der Website gestrichen wurde.

So kann festgestellt werden, dass der Eselpark Nessendorf auch in Zukunft von verschiedenen Seiten mit den bekannten Vorwürfen konfrontiert werden wird. Um diesen Konflikt bedarf es einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den Aktivitäten Eckart Augusts und dessen Rolle im Eselpark. Es genügt an dieser Stelle nicht, wenn sich der jetzige Besitzer inoffiziell in Gesprächen und E-Mails von rechtem Gedankengut und neonazistischen Aktivitäten distanziert, es genügt nicht, mit wilden Vorwürfen die um Aufklärung bedachten Menschen zu denunzieren und es genügt erst recht nicht, einzelnen Personen direkt zu drohen.

Kampagneninfos: andiesubstanz.noblogs.org

NPD, PLS, Blood and Honour und der NSU

Das antifaschistische Recherche-Portal La Quimera berichtete unlängst erneut über die Verstrickungen von Alexander Hardt und Lars Bergeest im Rahmen des “Blood and Honour”-Netzwerks. Offenbar waren die beiden Betreiber des kieler Neonazi-Geschäfts “PLS-Werkzeuge” u.a. zusammen mit den Mitgliedern des “NSU” während deren Zeit im Untergrund unterwegs.

Der Artikel findet sich auf der Website von La Quimera.

Zuvor berichteten schon die Antifa NMS und abermals La Quimera über die Vernetzungen der “Blood and Honour”-Nachfolgestrukturen.


Alexander Hardt (2.v.r.) und Lars Bergeest (3.v.r.) tragen 2005 das Fronttransparent in Kolding

Prozess gegen Lüneburger Antifa am 25.11.13 in Wolfsburg

Wir dokumentieren einen Text der Antifaschistischen Aktion Lüneburg/Uelzen, den wir unterstützen:

UPDATE 24.11.: Der Prozess findet nicht statt, das verfahren wurde eingestellt. Die Erklärung der Antifa Lüneburg/Uelzen dazu findet ihr hier.

Am 25. November 2013 findet vor dem Amtsgericht Wolfsburg die Hauptverhandlung gegen Olaf statt, der lüneburger Antifaschist ist wegen angeblicher „Aufforderung zu Straftaten“ angeklagt. Er soll am 1. Juni 2013 eine rund 200köpfige Gruppe von Antifaschist_innen „angeführt“ und mehrmals per Megafon dazu auf gerufen haben, einen Naziaufmarsch zu verhindern bzw. zu blockieren.

Am 1. Juni 2013 fand im niedersächsischen Wolfsburg der sog. „Tag der deutschen Zukunft“ statt, ein rassistischer Aufmarsch norddeutscher Neonazigruppen. Während 6000 Menschen gegen den Naziaufmarsch protestierten, ermöglichte ein riesiges Polizeiaufgebot den rund 550 Nazis einen ungestörten Marsch durch ein Gewerbegebiet.

Die Polizei leitete mehrere Ermittlungsverfahren gegen Antifaschist_innen ein. Zwei wegen „Aufforderung zu Straftaten“ gegen Olaf . Ihm wurde zusätzlich noch vorgeworfen, verantwortlich für den Aufruf des antifaschistischen Bündnis „NO TddZ – Keine Zukunft für Nazis!“ gewesen zu sein und diesen auf der Internetseite des Bündnis eingestellt zu haben. Dieses Verfahren wurde mittlerweile durch die zuständige Staatsanwaltschaft eingestellt.

In der Ermittlungsakte findet sich an keiner Stelle ein Fakt, mit dem eine angebliche „Aufforderung zu Straftaten belegt werden kann. Vielmehr finden sich dort die Phantasien der Polizei, nach denen Olaf eine „Führungsrolle“ innerhalb von Antifa-Strukturen zugeschrieben werden. So soll er nicht nur am 1. Juni 2013 in Wolfsburg „Führungsverantwortlich“ gewesen sein, er soll nach Erkenntnissen der Polizei sogar „Koordinator der norddeutschen Antifa-Gruppen“ sein.

Mit diesen Konstrukten wird nicht nur eine Beobachtung und Verfolgung von Antifaschist_innen durch die Polizei und den Geheimdienst begründet, sondern dienen sie auch der massiven Kriminalisierung von antifaschistischen Gruppen und Aktionen.

Gemeint sind wir alle!

Repressionen gegen aktive Antifaschist_innen sind wahrlich nichts Neues. Olaf kann davon seit langem ein Lied singen. Zum einen ist er seit Jahren im Visier von Neonazis und es kam zu diversen Übergriffen. So wurde er zuletzt im August 2012 von Neonazis hinterrücks angegriffen und mit einem Messer verletzt. Zum anderen kommt es andauernd zu Repressionen seitens der Polizei und Justiz. Immer wieder wurde er mit Ermittlungsverfahren, Hausdurchsuchungen, Überwachungsmaßnahmen und Prozessen überzogen. Nach eigenen Angaben führt die Polizei seit 1989 Ermittlungsverfahren gegen ihn. Mit der anhaltenden Kriminalisierungs- und Diffamierungskampagne soll ein politisch aktiver Mensch mundtot gemacht werden.

Olaf ist in der Antifaschistischen Aktion Lüneburg / Uelzen organisiert. Die seit 1998 bestehende Gruppe steht seit ihrer Gründung für kontinuierliche, verbindliche und öffentlichkeitswirksame antifaschistische Politik. Sie war und ist Teil verschiedener Bündnisse in der Region. Die Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen organisiert mit anderen Antifaschist_innen verschiedenste Aktionen gegen Aufmärsche und Veranstaltungen von Neonazis und extrem rechter Organisationen. Diese Arbeit beschränkt sich nicht auf die Orte Uelzen und Lüneburg, sondern die Gruppe ist auch überregional aktiv. Olaf ist für seine politischen Aktivitäten wie kaum ein anderer in Lüneburg und Umgebung in der Öffentlichkeit bekannt.

In den letzten Jahren war er in verschiedenen Orten Anmelder von Demonstrationen und Kundgebungen und trat auf vielen Veranstaltungen auf. In der Ermittlungsakte zum Prozess in Wolfsburg heißt es dazu, dass er „rund 100 Aktionen, Demonstrationen, Kundgebungen und sonstige Veranstaltungen angemeldet“ hätte. Dies nimmt die Polizei und der „Verfassungsschutz“ zum Anlass, ihm eine „Führungsverantwortlichkeit“ zuzuschreiben. Dies kann dann auch strafverschärfend in den Prozessen genutzt werden. Es ist dann auch nicht verwunderlich, wenn in der Ermittlungsakte zum Prozess mehr zu den vermeintlichen „Führungsaktivitäten“ zu finden ist, als konkrete Vorwürfe zur eigentlichen Straftat.

In den Akten der Polizei finden sich Sätze wie diese: „Auch in Wolfsburg zum Demonstrationsgeschehen am 1. Juni 2013 nahm an nahezu allen Vorbereitungstreffen teil, war Wortführer und rief bereits zu dieser Zeit zu Blockaden auf“ oder „Im Vorfeld wurde offen zu Sitz- und Gleisblockaden, Bahnhofsbesetzung, Angriffen auf Rechte und staatliche Institutionen wie die Polizei aufgerufen. […] Dabei trat die Antifa Lüneburg, namentlich der einschlägig bekannte Olaf Meyer in besonderem Maße in Erscheinung“.

Ein ähnliches Bild zeichnen auch die Nazis. So veröffentlichten diese einen Tag vor dem Aufmarsch in Wolfsburg einen Artikel auf ihrer Internetseite, in dem sich dann auch folgender Satz findet: „Das Bündnis „Schulterschluss der Demokraten“ hat einen „Anführer“ der vielen politisch Aktiven in Norddeutschland bekannt sein dürfte: Olaf Meyer!“. Außerdem wird behauptet, das er für die „Koordinationsarbeit“ in Wolfsburg verantwortlich sei und es „6 Augengespräche“ zwischen dem Wolfsburger Oberbürgermeister, dem 1. Bevollmächtigten der örtlichen IG-Metall sowie Olaf gegeben hätte. Und auch die Nazis sprechen von Gewalttätigkeiten gegen Teilnehmer des Naziaufmarsches und eingesetzten Polizeibeamten.
Im Vergleich der Wortwahl, Analyse und Gegnerbestimmung von Naziveröffentlichungen und staatlicher Anklage tritt eine gefährliche Nähe zu Tage, deren Ursache Fragen aufwirft.

Naziaufmärsche blockieren ist legitim und notwendig!

Es ist zu begrüßen, wenn Menschen in ihrem Engagement über die so häufig inszenierten Lippenbekenntnisse staatlicher Akteure hinausgehen und selbst aktiv werden und selbstbestimmt und kollektiv für ihre Meinung auf die Straße gehen.

Das öffentliche Auftreten der Nazis wird vom Staat geduldet, ihre Aufmärsche, Wahlveranstaltungen oder Infostände von der Polizei geschützt und immer wieder mit erheblicher Gewalt durchgesetzt, oftmals mit dem Verweis auf angeblich demokratische Grundrechte.

Im November 2013 jährt sich das Auffliegen der Neonazigruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) zum zweiten Mal. Die aus rechten Strukturen stammenden Mörder sind jahrelang durch die BRD gezogen und haben zum Teil unter den Augen staatlicher Geheimdienste neun Menschen türkischer, kurdischer, griechischer Herkunft sowie eine Polizistin getötet und mit mindestens zwei Bombenanschlägen viele weitere verletzt. Der Skandal rund um den „NSU“ machte der Öffentlichkeit wieder einmal deutlich, was antifaschistische Gruppen und Initiativen sowie Betroffene rassistischer Gewalt schon seit Jahrzehnten feststellen: Nazis morden und greifen Andersdenkende und Menschen an, die nicht in ihr menschenverachtendes, rassistisches Weltbild passen. Trotz diverser Informationen haben Politik, Polizei und „Verfassungsschutz“ mehr als zehn Jahre lang die rechten Serienkiller unbehelligt morden lassen. Gleichzeitig unterstützt der Staat Naziorganisationen durch Geldzahlungen an V-Leute, von denen auch der „NSU“ profitierte.

Mindestens neun Migranten ermordete der „NSU“. Die Polizei befeuerte mit ihren Presseberichten und rassistischen Ermittlungsstrategien („Döner-Morde“ und Ermittlungsgruppe „Bosporus“) sogar den rassistischen gesellschaftlichen Diskurs. Die ideologische Verblendung und Ignoranz der Beamten die in der Mordserie ermittelten, kann nur aus einem rassistischen Klima heraus erklärt werden. In einem Klima in dem es üblich ist, Kriminalität als „kulturbedingt“ zu betrachten, ist es nicht verwunderlich, dass einige Medien und Polizeibeamte die Opfer denunzieren, statt die Täter zu ermitteln.

Die Überwachung der Naziszene war und ist angeblich so gering, dass über einen Zeitraum von über zehn Jahren kein Hinweis auf die Protagonisten und deren Unterstützer zu gewinnen war. Dies wundert angesichts des enormen Aufwandes, der für die Kriminalisierung, Überwachung und Verfolgung der antifaschistischen Bewegung betrieben wird. Es ist offensichtlich, dass die Nazibedrohung systematisch bagatellisiert und Opferzahlen kleingerechnet wurden und werden.

Am 1. Juni 2013 konnte mensch in Wolfsburg erleben, wie eine Rot-Grüne-Landesregierung die Polizei einen Aufmarsch von Nazis, die keinen Hehl aus ihrer Sympathie für den „NSU“ und deren Morde machen und ideologisch den gleichen Rassismus vertreten, durchsetzen ließ.

Entschlossenes und kontinuierliches antifaschistisches Engagement ist deshalb wichtiger denn je! Wobei massenhafte Regelverstöße – wie z. B. Blockaden von Naziaufmärschen – ein legitimes Mittel darstellen. Massenhafte kollektive Regelübertretungen sind in den letzten Jahren zu einer neuen Protestkultur geworden und ermöglichten Erfolge gegen Naziaufmärsche, wie in den letzten Jahren in Dresden oder im Sommer diesen Jahres in Bad Nenndorf.

No Pasaran!

Die Polizeimaßnahmen, Ermittlungsverfahren und Prozesse gegen Antifaschist_innen stehen exemplarisch für eine Politik gegen Menschen, deren Engagement gegen alte und neue Nazis sich nicht nur in moralischen Appellen äußert, sondern die sich aktiv in den Weg der faschistischen Mörderbanden stellen. Wann auch immer Menschen die Initiative ergreifen und ohne staatliche Genehmigung selbstständig gegen Nazis vorgehen, werden sie mit der Staatsgewalt in Form von brutalen Polizeieinsätzen und folgenden Gerichtsverfahren konfrontiert. Mit Prozessen – wie dem am 25. November 2013 in Wolfsburg – sollen Exempel statuiert werden. Sie sollen als Abschreckung dienen, für alle jene, die gezielt und organisiert den faschistischen Terror bekämpfen.

Unsere Antwort auf die Kriminalisierung antifaschistischer Aktionen und den Prozess am 25. November 2013 in Wolfsburg ist die Solidarität mit dem Angeklagten und der Aufruf, am 7. Juni 2014 in Dresden den nächsten rassistischen „Tag der deutschen Zukunft“ und alle andern Naziaufmärsche zu verhindern!

Antifaschistische Gruppe Braunschweig (A.G.B.)
Antifaschistische Gruppe Bremen
Antifaschistische Aktion Burg
[a²] Hamburg
www.antifainfo.de
Antifacafe Hamburg
Projekt Revolutionäre Perspektive (PRP) – Hamburg
Infoladen Hameln
Antifaschistische Jugend Goslar
Antifaschistische Linke International A.L.I.[lt] Göttingen
Autonome Antifa-Koordination Kiel
Antifa Herzogtum Lauenburg [AHL]
Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen
[S.C.A.] Salt City Antifas
antifa.elf Oldenburg
AZ Kim Hubert, Salzwedel
Rote Hilfe OG Salzwedel
Jugendantifa Uelzen
Red And Anarchist Skinheads [RASH] 100er Crew

Prozess:
Montag, 25. November
Treffpunkt um 8:30 Uhr vor dem Amtsgericht
Rothenfelder Straße 43
Wolfsburg

Solikonto:
Solidarität (Kontoinhaberin)
Volksbank Lüneburger Heide eG
BLZ: 240 603 00
Konto: 125 381 600
Verwendungszweck: „Wolfsburg“ (bitte unbedingt angeben)

Kontakt und Infos:
Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen
0172 – 4152311
aa.lg-ue@gmx.net
www.antifa-lg.de