Zum rassistischen Brandanschlag in Escheburg am 9.2.2015

Am Montagnachmittag, 9. Februar 2015 verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf eine Unterkunft für Geflüchtete in Escheburg (Kreis Herzogtum Lauenburg). Das Gebäude war zur Tatzeit unbewohnt, erst am nächsten Tag sollten sechs Geflüchtete aus dem Irak dort einziehen. Die Feuerwehr verhinderte, dass sich der Brand weiter ausbreiten konnte, es entstand trotzdem ein hoher Sachschaden, die Doppelhaushälfte ist zur Zeit unbewohnbar. Die sechs Geflüchteten werden bis zur Renovierung in der Gemeinschaftsunterkunft in Gudow untergebracht.

So schrecklich diese Tat ist und so groß die Bestürzung darüber in Politik, Medien und Öffentlichkeit ausfällt, kommt sie für uns nicht aus heiterem Himmel. Seit Jahren treiben Neonazis im Kreis Herzogtum Lauenburg ihr Unwesen. In den Neunziger Jahren kam es fast wöchentlich zu Ausschreitungen, Übergriffen und Brandstiftungen im Kreis durch rechte Jugendliche, Neonazi-Kader und Stammtischdeutsche. Der Rassismus des deutschen Mobs im Herzogtum fand seinen traurigen Höhepunkt in der Nacht auf den 23.11.1992. Damals steckten Neonazis aus rassistischen Tatmotiven in Mölln zwei Häuser in Brand, drei Menschen türkischer Herkunft starben, weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Auch wenn es in den Folgejahren etwas ruhiger wurde, ganz verschwanden die extrem Rechten nie aus dem Stadtbild. Einige Jahre später formierten sich etwa Neonazis zur „Nationalen Offensive“. Diese „Nationalen Sozialisten“, wie sie sich selbst nannten, gründeten eine rechte Wohngemeinschaft in Ratzeburg, welche als Anlaufpunkt diente. In einer Kampagne wurde sogar der Marktplatz als „national befreite Zone“ deklariert. Im gesamten Kreis kam es erneut zu Übergriffen auf Migrant_innen, linke Jugendliche und engagierte Politiker_innen und Bürger_innen. Seit dem Aufkeimen der „Pegida“-Bewegung und dem zum Teil erfolgreichen Auftreten der Partei „AfD“ ist Hetze gegen Asylsuchende, Migrant_innen und linke Menschen anscheinend wieder en vogue. In den Leserbriefen der lokalen Medien wird fleißig Unmut abgelassen über „Wirtschaftsflüchtlinge“, „linke Schmarotzer“ und andere „Gutmenschen“. Es entsteht ein Klima, das einst Rostock-Lichtenhagen ermöglichte, von daher war es anscheinend nur eine Frage der Zeit, bis die deutsche, rassistische Kontinuität erneut in Brandanschlägen und rassistischen Angriffen gegen Flüchtlingsunterkünfte, wie in Grabau und nun in Escheburg, offen zu Tage tritt.

Natürlich entsteht parallel in vielen Orten eine Willkommenskultur, Menschen gehen für die Rechte von Flüchtlingen auf die Straße und es findet ein Umdenken in der Unterbringung von Geflüchteten statt, trotzdem scheint dies in der öffentlichen Wahrnehmung ein kleiner Teil zu sein. Solange Menschen rassistische Hetze betreiben, Wohnhäuser angreifen und anzünden, werden wir dagegen kämpfen, die Betroffenen unterstützen und den Täter_innen zeigen, was wir von ihnen halten. Solange Anwohner_innen weiter stumpf rassistische Klischees bedienen, sich an der Hetze beteiligen und sich im Stillen über die Angriffe freuen, werden wir da sein und dagegen vorgehen und dem rassistisch deutschen Mob keine Gelegenheit geben, sich zu formieren.

Antifaschistische Aktion Herzogtum Lauenburg, 11.2.2015

Neues von den schleswig-holsteinischen B&H-Strukturen

Bereits mehrfach berichteten wir über die „Blood and Honour“-Strukturen aus dem nördlichen Ostholstein. Aufbauend auf einen Überblick über die Zusammenhänge und einem Artikel zu grenzüberschreitender Beziehungspflege rund um das „Blood and Honour“-Netzwerk, die NPD und den NSU, wollen wir an dieser Stelle einige aktuelle Informationen über die Protagonist_innen und ihr Umfeld darstellen. Bei der Lektüre sollte auch stets im Hinterkopf behalten werden, dass „Blood and Honour“ in Deutschland seit dem Jahr 2000 verboten ist und die Behörden scheinbar als einzige die Fortführung der verbotenen Strukturen nicht sehen wollen, obwohl der Fortbestand der alten Netzwerke oft nicht einmal kaschiert wird.

Insgesamt lief das Jahr 2014 für den aktiven Kern der schleswig-holsteinischen Rechtsrockszene eher schlecht. Verurteilungen, Motivationsverlust und Intrigen schienen vor allem ein Bedürfnis gestärkt zu haben: Statt brotlosem Idealismus für die neonazistische „Sache“ soll endlich auch etwas verdient werden. Wo die neonazistischen Netzwerke dabei nützlich sind, werden sie weiterhin gern genutzt, wo nicht, wird auch auf profanere Geschäfte zurückgegriffen.

Motivationsverlust und ein bisschen Verrat bei „Words of Anger“
Als musikalisch beste Band galt die ostholsteinische Combo „Words of Anger“ noch nie. Aber in einer Szene, in der Konzerte konspirativ organisiert sind, Anhänger_innen oft weite Strecken fahren, ohne zu wissen, ob sie überhaupt ein einziges Lied hören werden und Produktion und Vertrieb von Alben und Merchandising zum Teil fernab der öffentlichen Wahrnehmung stattfindet, kann Motivation und gute Vernetzung das ersetzen, was musikalisch fehlt. In diesem Sinne war „Words of Anger“ in den letzten Jahren im europäischen Rechtsrock relativ erfolgreich. Nicht als der große Publikumsmagnet, aber als solide Ergänzung nahm die Band an vielen kleineren und größeren Veranstaltungen teil, vor allem das „Blood and Honour“-Netzwerk und die NPD griffen des öfteren auf die reisefreudigen Musiker aus der norddeutschen Provinz zurück. Durch ihr verzweigtes personelles Netzwerk aus dem Umfeld von „Blood and Honour“ und Rockergruppierungen knüpften sie Kontakte und sind inzwischen an anderen Bandprojekten beteiligt. Marco Eckert spielt nebenbei auch bei „Oidoxie“, eine der tonangebenden Bands des deutschen Ablegers von „Combat 18“, dem militanten Arm von “Blood and Honour” und, zusammen mit Daniel Tamm, ist er Mitglied von „Sturmwehr“.

Allerdings ist der vermeintliche Erfolg teuer erkauft. Die Bands und Liedermacher_innen der Zweiten Garde des Rechtsrocks, wie „Words of Anger“, fahren für Auftritte und Aufnahmen durch ganz Europa und bekommen wenig Geld dafür. Teilweise ist nicht einmal Geld für Benzin vorhanden, obwohl die Versände und Veranstalter_innen mit dem braunen Musikspektakel durchaus einträgliche Geschäfte machen. Während das lange Zeit als Zugeständnis an die „Sache“, nämlich den Kampf für den Nationalsozialismus, akzeptiert wurde, geht der Truppe um Marco Eckert zunehmend die Motivation aus. Wenn Veranstaltungsorte wie im November 2013 mal eben vom Ruhrgebiet um 400 Kilometer nach Süden ins badische Söllingen verlegt werden, bleibt man lieber gleich in heimischen Gefilden. Daran konnte auch der Anlass, nämlich der Geburtstag des neonazistischen Hooligans Siegfried Borchardt (Dortmund) nichts ändern.

Abhilfe könnten international etablierte Veranstalter_innen schaffen, bei denen die Räumlichkeiten der Konzerte meist besser abgesichert sind und abgesprochene Gagen eingehalten werden können. Der Auftritt am 5. April 2014 bei „Blood [&] Honour UK“ war solch einer, genauso wie das „In.Bewegung“ am 9. August 2014 im thüringischen Sondershausen. Die Deklarierung als politische Kundgebung der NPD dürfte zwar nicht allen im subkulturellen Neonazi-Milieu gefallen, aber verspricht sie doch eine gewisse rechtliche Absicherung. Allerdings wurde daraus nichts, denn Tino Engelmann, bis dahin Schlagzeuger von “Words of Anger“, gab kurz vor der Veranstaltung seinen Austritt aus der Band bekannt. Schnell machten Gerüchte über Verrat die Runde. Tino Engelmann habe die Seite gewechselt, hieß es in der Szene. Daraufhin beeilte sich die Band, ihren Ruf zu retten, indem sie versuchte den Ausstieg als ganz normalen und sich seit längerem abzeichnenden Prozess darzustellen. Auch sei Engelmann mit den übrigen Mitgliedern der Band weiterhin freundschaftlich verbunden. Nur geglaubt haben dürfte diese Geschichte einer einvernehmlichen Trennung, kurz vor einem der wichtigsten Auftritte des Jahres, niemand. Auch die Ankündigung, vorerst keine Konzerte mehr zu spielen, wird die Gerüchte nicht verstummen lassen. Nachdem es schon um die befreundete Band „Timebomb“ merklich ruhiger geworden ist, liegt der aktivste Teil der ostholsteinischen Rechtsrockszene bis auf weiteres brach.

Während sich Tino Engelmann in der Rechtsrockszene um neue Projekte bemüht, fiel die Wahl seines Nachfolgers bei „Words of Anger“ ebenfalls auf einen Neonazi aus Ostholstein: Niclas Bruhse. Bruhse, bisher vor allem als rechter Fan des Hamburger SV und im subkulturellen Umfeld der lokalen Neonaziszene aufgefallen, soll sich in den nächsten Monaten mit der Band einspielen. Neben seinem Dasein als Neonazi ist Bruhse lokal vor allem als Amateurfussballer bekannt. Früher spielte er beim SV Hansühn, wo auch der HSV-Fanclub „High Sun“, zu dessen Umfeld er gehört, beheimatet ist, aktuell kickt er für den TSV Schönwalde.

Doch momentan beschäftigen Marco Eckert andere Dinge. Während andere Neonazis mit guten Kontakten zu Rechtsrock und organisierter Kriminalität finanziell lukrative Netzwerke bilden, beschwert sich Eckert über die Doppelbelastung aus normalem Beruf und neonazistischen Musikwelten. Einige „Blood and Honour“-Kader wie Oliver Malina („Honour [&] Pride“) und insbesondere die im Vergleich zu „Blood and Honour“ elitäreren „Hammerskins“ wie Sven Krüger („Hammerskin Chapter Nordmark“) nutzen die verzweigten Netzwerke, die ihre Machtbereiche in der Szene und zugehörige Einnahmen sichern. Ihnen nacheifernd versucht Eckert aktuell seine Verbindungen innerhalb von „Blood and Honour“, aber auch über „Sturmwehr“ zu den „Hammerskins“, zu nutzen, um den neuen „Sturm18“-Versand für rechte Musik und Bekleidung aufzubauen. Dieser Versuch, endlich Kasse mit dem Hobby zu machen, scheint auf den ersten Blick folgerichtig. Durch die jahrelangen Auftritte und über Jugendfreunde wie Alexander Hardt und Lars Bergeest verfügt Eckert über Kontakte zu vielen relevanten Akteuren der rechten Szene und zur organisierten Kriminalität. Der Name „Sturm18“ des offiziell auf Yvonne Eckert und Christian Möring laufenden Versandhandels ist als Zweitname von „Sturmwehr“ schon weithin bekannt und rund um seinen Wohnort Grube stehen den Neonazis helfende Hände und Lagerräume für die Logistik zur Verfügung. Nur sind manchmal auch in der Neonaziszene Kontakte und Engagement nicht alles. Die Skepsis, ob Marco Eckert in der Lage ist, einen erfolgreichen Versand zu führen, bestätigte sich gleich in den ersten Wochen. Der Onlineshop war fast durchgehend nicht erreichbar, da die Neonazis mit der Technik nicht zurecht kamen.

Billard statt braune Musik bei Lars Bergeest

Lars Bergeest wählte im Vergleich zu seinen langjährigen Weggefährt_innen einen eher profaneren Weg, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Nachdem er lange Zeit in Dänemark wohnte und in Skandinavien zu einer gut vernetzten Figur der rechten Szene wurde, versuchte er sich danach mit Alexander Hardt im Vertrieb von Einbruchswerkzeugen. Als es im Nachgang einer Veröffentlichung von uns im Januar 2013 medialen Wirbel um seine Geschäfte rund um die Neonaziszene und den „Bandidos MC“ gab, trat Bergeest als Geschäftsführer des gemeinsamen Geschäfts ab und vermied vorerst die große Öffentlichkeit. Seit einigen Monaten nun betreibt er den “Norddeutschen Billardservice”, einen Vertrieb für Billard-, Dart- und Kickerbedarf. Das Geschäft hat seinen Sitz in Cismar, in der Nähe von Lars Bergeests Elternhaus.

Gerüchte und Gefängnis bei Alexander Hardt
Alexander Hardt, Jugendfreund von Eckert und Bergeest und Betreiber des Kieler Neonazi-Geschäfts „PLS-Werkzeuge“, ist aktuell inhaftiert. Er wurde bezüglich diverser Anklagepunkte für schuldig befunden und hat weitere noch offene Verfahren, sodass sich die ursprüngliche Haftstrafe noch deutlich erhöhen könnte.
Doch das ist beileibe nicht das einzige Problem von Hardt. In der Kieler und Neumünsteraner Unterwelt halten sich seit Monaten hartnäckig Gerüchte, dass er kein „Bandido“ mehr sei, da er Gelder des Clubs veruntreut habe. Für den Wahrheitsgehalt der Gerüchte spricht, dass Hardt seit geraumer Zeit keine Symboliken der „Bandidos“ mehr verwendet. Vollständig gebrochen mit dem alten Umfeld hat er allerdings nicht. Er fungiert weiterhin als Geschäftsführer von „PLS-Werkzeuge“, wo auch andere Personen aus der Mischszene zwischen Neonazis und Rockern arbeiten, wie der Kieler „Bandido Supporter“ Tobias Schulz.

In jedem Fall schwächt sich die Neonaziszene mit Affinität zu den „Bandidos“ aufgrund der Prozesse und Intrigen selbst. So ist mit Peter Borchert eine weitere führende Figur beider Szenen ebenfalls inhaftiert und das Konfliktpotential innerhalb der Szene bleibt hoch. Im aktuellen Verfahren gegen Hardt, Borchert und Nils Hollm weicht insbesondere letzterer von ungeschriebenen Regel ab, sich gegenüber Gerichten völlig unkooperativ zu verhalten. Überhaupt konnte das Verfahren um den Übergriff in der Kneipe „Titanic“ des Neonazis Horst Micheel nur geführt werden, weil „neue Aussagen“ vorliegen, sprich einer der beteiligten Rocker oder Neonazis gegen das Schweigegelübte verstossen hat.

http://quimera.noblogs.org/

Prozess gegen Neonazis Borchert, Hardt und Holm in Kiel

Vor dem Kieler Landgericht läuft derzeit ein Prozess gegen die bekannten Neonazis Peter Borchert, Alexander Hardt und Nils Holm. Alle drei gehörten vor wenigen Jahren dem Umfeld der neonazistischen Aktionsgruppen in Kiel und Neumünster an und verlagerten ihre Aktivitäten später in das Umfeld der Rockergruppe „Bandidos“.

Verhandelt wird ein Überfall auf einen verfeindeten Rocker im Jahr 2009 in der Kneipe „Titanic“ in Neumünster, die von Neonazis betrieben und besucht wird und auch als Treffpunkt der „Bandidos“ gilt.

Peter Borchert, Ex-NPD-Landesvorsitzender und langjährig aktiv in der schleswig-holsteinischen Neonazi-Szene, sitzt derzeit in Haft wegen einer anderen Auseinandersetzung mit „Hells Angels“, an der auch damals weitere Neonazis aus dem Umfeld der „AG Kiel“ teilnahmen. Im aktuellen Fall ist er zusammen mit Alexander Hardt, Neumünsteraner Neonazi, Betreiber des Ladengeschäftes „PLS-Werkzeuge“ in Kiel-Gaarden – und momentan ebenfalls inhaftiert, sowie Nils Holm, einem weiteren Neonazi aus der ehemaligen „AG Kiel“, angeklagt.

Weitere Details in diesem Artikel:
http://www.shz.de/lokales/holsteinischer-courier/erst-gab-es-hiebe-und-dann-fusstritte-id7563896.html

Einen kurzen Bericht gibt es im Schleswig-Holstein Magazin ab Minute 6:27:
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/schleswig-holstein_magazin/Schleswig-Holstein-Magazin,shmag29716.html

Neonazis in Schleswig-Holstein gründen „Nationale Hilfe“

Erst „Braune Hilfe„, nun „Nationale Hilfe Schleswig-Holstein e.V.“. Führende Neonazis aus dem NPD-Landesverband Schleswig-Holstein haben laut eigener Aussage einen eingetragenen Verein gegründet, der sich um Repressionsfälle innerhalb der Neonazi-Szene kümmern will. Wir dokumentieren dazu einen Artikel von enoughisenough.eu:


Nationale Hilfe Schleswig-Holstein: der erste Hilfe-Verein für Neonazis

Screenshot eines Berichtes über die Gründung des Vereins auf der Seite des „Nationalen WiderstandSchleswig-Holstein“.


Mit dem eingetragenen Verein „Nationale Hilfe Schleswig-Holstein“ versuchen sich drei langjährige schleswig-holsteinische Neonazis an dem Aufbau einer neonazistischen Antirepressions-Organisation.

Schon seit längerem gibt es das Gerücht, dass Neonazis aus Schleswig- Holstein eine Organisation planen, die sich der Probleme des politisch verfolgten Neonazis annehmen.

Auf der Plattform des Nationalen Widerstandes „nw-info.sh“ veröffentlichten Neonazis vor kurzem die offizielle Gründung einer solchen Organisation. Eingetragen ist die „Nationale Hilfe Schleswig-Holstein“ seit dem 2.0714 unter der Vereinsregisternummer VR 6203 KI im Amtsgericht Kiel mit Vereinssitz in Laboe.

Ziel des Vereins ist es, Personen zu unterstützen, die aufgrund ihrer politischen Aktivität strafrechtlich verfolgt und gesellschaftlich benachteiligt werden. Als Tätigkeitsgebiet gibt die Satzung Schleswig- Holstein an. Die Solidarität gilt allem Anschein nach aber international. So steht in der Satzung „Die Solidarität der Nationalen Hilfe Schleswig- Holstein e.V. gilt allen wirklich politisch Verfolgten auf der Welt.“ Wie der Verein finanziert werden soll,“ erklärt die „Nationale Hilfe“ auf der Plattform „nw-sh.info. Demnach sollen durch die Beiträge ihrer Mitglieder und durch Spenden der Anti-Repressionsapparat am Laufen gehalten werden.

Laut der Satzung soll der Verein gemeinnützig arbeiten und könnte demnach Gelder annehmen, deren Spender diese von der Steuer absetzen können und in weiten Teilen durch das Finanzamt rückerstattet bekommen. Sollten sich Unternehmen, wie beispielsweise rechte Musiklabels, Versandhäuser etc. als großzügig gegenüber diesem Verein erweisen, könnte sie sich diese Spende größtenteils zurückholen.

Dennoch reicht das Wort Gemeinnützigkeit in der Satzung allein nicht aus. Ob ein Verein als gemeinnützig gilt, legt das Finanzamt fest. Aufgrund der erst vor kurzem stattgefundenen Eintragung gilt es abzuwarten, ob die Nationale Hilfe Schleswig-Holstein diesen Status bekommt.

Doch auch ohne diesen bleibt es abzuwarten in wie weit dieser Verein seine verfolgten Ziele ermöglichen kann. Erst jüngst vertrat der Vorstandsvorsitzende des Vereins Daniel Nordhorn sich selbst vor Gericht und bewies dabei wenig anwaltliches Geschick.


Daniel Nordhorn beim „Tag der deutschen Zukunft“ 2012 in Hamburg


Seit dem 2.7. 2014 ist der Verein offiziell eingetragen. Daniel Nordhorn ist wohnhaft in Laboe bei Kiel, hier ist der Verein auch registriert. Er ist in der Neonazi-Szene kein Unbekannter, ist Vorsitzender des NPD Kreisverbandes Segeberg-Neumünster und versucht seit vielen Jahren ein Bindeglied zwischen der NPD und den freien Kameradschaften darzustellen.

Ihm zur Seite stehen im Vorstand Jörn Lemke aus Lübeck und Simon Stanek aus Winnert.Beide sind schon lange ein fester Bestandteil der schleswig-holsteinischen NPD- und Kameradschaftsszene.

Jörn Lemke (im blauen Hemd) am 1. Mai 2013 in Berlin

Simon Stanek (vorne am Transparent) am 1. Mai 2013 in Berlin


Den Versuch, von Repression betroffene Neonazis durch Zusammenschlüsse zu unterstützen gab es schon mehrfach, allerdings nicht in dieser Form.

2011 wurde die Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige (HNG) nach 32 Jahren verboten. Grund war laut Erlaß, dass es nicht länger hinnehmbar sei, dass inhaftierte Rechtsextremisten durch die HNG in ihrer aggressiven Haltung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bestärkt werden”, so der damalige Bundesinnenminister Friedrich.Allerdings bezog sich die HNG in ihrer Arbeit fast ausschliesslich auf die Unterstützung bereits zu Haftstrafen verurteilter Neonazis.

Auch das „Deutsche Rechtsbüro“, an dem auch die Hamburger Szene-Anwältin Gisa Pahl und Jürgen Rieger mitwirkten, hatte eine andere Herangehensweise. Hier ging es um den Zusammenschluss rechter Anwälte.

Und schliesslich gab es noch die sogenannte „Braune Hilfe“, initiiert vom Lübecker Jörn Gronemann. Diese war jedoch eher eine Art Solidaritätsfond für „Opfer von Antifa-Gewalt“. Dieser Fond war allerdings relativ schnell aufgebraucht, vielleicht auch deswegen weil Gronemann einen beträchtlichen Teil davon selbst in Anspruch nahm, um angeblich von AntifaschistInnen begangene Schäden an seinem Haus zu reparieren.

Die Nationale Hilfe Schleswig-Holstein e.V. ist also in gewisser Weise ein Novum.

Abzuwarten bleibt, inwieweit der Verein Bestand haben kann. Die Skepsis gegenüber eingetragenen Vereinen ist in der Neonazi-Szene groß, nicht zuletzt auf Grund der Möglichkeiten, die der Staat besitzt um gegen Vereine vorzugehen.

So kommentierte ein Nutzer des Neonazi-Portals Altermedia die Gründung mit der Frage „Schöner Gedanke, aber wollt ihr das Schicksal der NHG (Fehler im Original) erleiden???“

Artikelreihe zu Rechtspopulismus in Schleswig-Holstein

Spätestens mit dem Wahlkampf und dem anschließenden Ergebnis der Partei „Alternative für Deutschland“ zur Europawahl 2014 sollte das Thema Rechtspopulismus auf die Agenda antifaschistischer Gruppen gesetzt werden. Bundesweit konnte die Partei 7% der Stimmen auf sich vereinen, in Schleswig-Holstein lag sie knapp darunter bei 6,8%. Die platte rassistische und sozialchauvinistishe Hetze gegen Einwanderung, die Länder in Europas Süden und sozial Schwache scheinen für viele Leute eine adäquate Krisenlösung darzustellen.

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Daniel Buhl (2.v.l.), langjähriger Aktivist der „Freiheit“ als Wahlkampfhelfer für die AfD zur Bundestagswahl 2013

Die antifaschistische Recherchegruppe „La Quimera“ arbeitet nun in einer dreiteiligen Artikelreihe die Thematik des so genannten Rechtspopulismus und der Neuen Rechten in Schleswig-Holstein auf. In Schleswig-Holstein finden sich verschiedene Gruppen und Strukturen, die unter dem gemeinsamen Deckmantel des Kampfes gegen “Überfremdung” und “Identitätsverlust” gegen vermeintliche Verschwörungen der “Gutmenschen”, “Linken” oder Migrant_innen vorgehen. Dabei reicht das rechtspopulistische Spektrum von eher akademisch-bieder geprägten Mitgliedern bis hin zu aktionistischen Personenkreisen mit Kontakten zur neonazistischen Rechten. In der Artikelreihe werden verschiedene Strömungen anhand ideologischer, aktionistischer und sozialer Muster vorgestellt und unterschieden.

Neben einem thematisch einleitenden Text, werden im zweiten Artikel die Parteien und sonstigen Organisationen aus diesem Lager unter die Lupe genommen. In Artikel drei wird die akademische Rechte und rechte Publizistik dargestellt.

Dabei sollen die Darstellungen der Strukturen und Verstrickungen im Rahmen dieser Reihe dem Versuch dienen, die derzeit viel diskutierten und in weiten Teilen dubios anmutenden Positionen der Neuen Rechten mit Bezug auf Schleswig-Holstein transparenter zu machen und die sowohl (zuweilen zweifelhafte) Abgrenzung zu als auch die Überschneidungen mit neonazistischen Gruppierungen herauszustellen.

Hier die Links zu den drei Artikeln der Artikelreihe zum Rechtspopulismus in Schleswig-Holstein:

Einleitung

Parteien und Organisationen

Akademische Rechte und rechte Publizistik (folgt)

Die Farben des Friedens: Schwarz-Weiß-Rot

Wir dokumentieren einen Artikel der enough is enough! zu den reaktionär durchsetzten montäglichen „Friedensmahnwachen“ am Kieler Hauptbahnhof und rufen zur Teilnahme an der antifaschistischen Gegenkundgebung am kommenden Montag, 26.5.2014 ab 18.30 Uhr auf dem Platz der Matrosen auf.


Die Kieler „Mahnwache für den Weltfrieden“ setzt, ganz nach dem Vorbild der Berliner Mahnwache, auf Querfront-Strategien. Reichsbürger sind ebenso willkommen wie Antisemiten und NPD-Anhänger.

Laut wurde es am 19.5. 2014 auf dem Platz der Kieler Matrosen am Hauptbahnhof. Mitorganisator der sogenannten „Kieler Mahnwache für den Weltfrieden“ Sebastian K. rechnete ab mit den Anschuldigungen gegen seine Gruppe. Antisemitismus wurde ihnen vorgeworfen, der Kieler Politiker Gösta Beutin (DIE LINKE) hatte recherchiert, was einige der Teilnehmer im Internet so von sich gaben. Unter anderem wurden dort Juden zum „angeblichen Opfervolk“, das einen „Rassenkampf gegen die Germanische Rasse“ führen würde.
Man habe Beutin angezeigt wegen seiner Zitate, so K.

K., der einen Kieler Friseur-Salon führt, stellte einige aus dem Kreis der Organisator_innen vor um anzuführen, dass niemand hier rechts sein könne. Seine ausländischen und zum Teil schwulen Angestellten müssten ja mehr als genug Beweis dafür sein, ebenso die malayische Herkunft eines Mitorganisators.


Mitorganisator der „Kieler Mahnwache für den Weltfrieden“ Sebastian K.

Das alles hält K., der bei Facebook unter dem Pseudonym „Frau Hoffmann“ auftritt, nicht davon ab, Beiträge auf der Gruppen-Seite zu liken und unkritisiert stehen zu lassen, die von bekennenden Reichsbürgern kommen.
So postete Thomas Kr., dessen Profilbild Deutschland in den Grenzen von 1917 und in den Farben Schwarz-Weiß-Rot zeigt, diverse Statements über die Wiedereinführung des Deutschen Reiches, da seiner Meinung nach die Bundesrepublik Deutschland kein legitimer Staat sei. Argumentiert wurde nach bester Reichsbürger-Tradition, es gäbe nur ein Grundgesetz und keine Verfassung, Deutschland sei nach wie vor ein besetzter, nicht souveräner Staat und deswegen nicht anzuerkennen.

In die gleiche Kerbe schlägt Markus T., der zugleich auch noch Werbung für diverse Reichsbürger- und Truther-Seiten im Internet macht. Auch bei ihm ist schon auf den ersten Blick anhand des Facebook-Profils seine politische Ausrichtung zu erkennen.

Wenn man den Organisator_innen hier vielleicht noch Unwissen und Naivität zu Gute halten könnte, so gibt es seit einigen Tagen auch ein weiteres Mitglied der Facebook-Gruppe: „Heinz Ketschapp“ nennt sich der Mann, der schon einige Statements und Videos in die Gruppe postete, die allesamt von Sebastian K. geliked und zum Teil auch wohlwollend kommentiert wurden.

Nur auf das Profil von „Heinz Ketschapp“ ist er wohl noch nicht gegangen, denn auf diesem zeigt sich schnell die politische Ausrichtung: befreundet ist „Ketschapp“ mit Jens Pühse, Mitglied des Bundesvorstands der NPD, mit Jürgen Gansel, Abgeordnetem der NPD im sächsischem Landtag, und mit Udo Voigt, dem ehemaligen Bundesvorsitzenden der NPD.

Überraschend kommt dies alles nicht, schliesslich ruft die Gruppe eindeutig mit dem Hinweis auf, dass jeder willkommen sei – so lange man sich für den Frieden einsetzen wolle. Nur verlieren alle Distanzierungen ihren Wert, wenn man zwar auf den Mahnwachen wutschnaubend jegliche Verbindungen zu Neonazis und Antisemiten leugnet, jedoch nur zwei Klicks im Internet zeigen, dass es diese Verbindungen nicht nur gibt, sondern diese Kontakte auch noch völlig unkritisch hingenommen werden.


„Scheiss Linke“ ruft dieser Teilnehmer der Mahnwache den Gegendemonstranten entgegen.

Dies zeigt, dass die Proteste von Antifaschist_innen gegen die wöchentliche Mahnwache nicht nur richtig und wichtig sind, sondern auch in Zukunft stattfinden sollten.

www.enoughisenough.eu

The very last resort is gone – Der „Club 88“ in Neumünster ist geschlossen!

Jahrelang war der 1996 eröffnete „Club 88“ im Neumünsteraner Stadtteil Gadeland Anlauf- und Treffpunkt für organisierte Neonazis aus ganz Europa. Seit seinem Bestehen haben antifaschistische Initiativen vielfältige Aktionen und Informationskampagnen gegen den offenen Nazi-Treffpunkt mitten in Schleswig-Holstein organisiert. Nun ist Gewissheit, was antifaschistische AktivistInnen bereits vermutet haben: Der „Club 88“ wurde geschlossen, Betreiberin Christiane Dolscheid hat Ende Januar die Schlüssel abgegeben. Damit verliert die Nazi-Szene einen ihrer zwischenzeitlich wichtigsten Treffpunkte.

Bereits seit Monaten war es sehr ruhig im Umfeld des „Club 88“, größere Veranstaltungen hatte es in den letzten Jahren sowieso nur noch selten gegeben, Ende Januar verschwand das prägnante Eingangsschild an dem schwarzen Gebäude. Was Anfang der 2000er Jahre noch einer der beliebtesten Anlauforte der organisierten und subkulturellen Nazi-Kameradschafts-Szene war, mit Anziehungskraft für Neonazis aus ganz Europa, wurde in seiner Endphase zum Treffpunkt der zu den „Bandidos“ gewechselten Nazis aus dem Umfeld der AG Kiel und AG Neumünster um Peter Borchert und Alexander Hardt, bis er zuletzt fast gar nicht mehr genutzt wurde. Die lokale Neumünsteraner Nazi-Szene verweilt sowieso mittlerweile lieber in der Gaststätte „Titanic“ in Innenstadtnähe.

Nach 18 Jahren hat Christiane Dolscheid nun den Betrieb ihrer Kneipe aufgegeben, laut einem Artikel des Holsteinischen Couriers hat die Stadt Neumünster nun auch die Konzession beendet, eine Forderung, die antifaschistische Initiativen schon seit Beginn der Existenz des „Club 88“ gestellt haben. Die Stadt Neumünster sah sich angeblich jedoch nie in der Lage, rechtlich gegen die offensichtliche Verherrlichung des Nationalsozialismus durch den „Cub Heil Hitler“ vorzugehen. Stattdessen mussten sich aktive AntifaschistInnen in Neumünster oft mit Behörden und Polizei auseinandersetzen, welche Naziaufmärsche in Neumünster auch gegen großen Protest durchsetzte und immer wieder das einzige alternative und unkommerzielle Jugendzentrum der Stadt in seiner aktuellen Form bedroht. Ganz aktuell muss sich die AJZ Neumünster wieder gegen ein faktisches Veranstaltungsverbot wehren.

Damit Neonazis keine Chance haben Jugendliche für ihre menschenverachtende Weltsicht zu gewinnen, braucht es offene, alternative und unkommerzielle Jugendzentren wie die Aktion Jugendzentrum (AJZ) in Neumünster, in der Kinder und Jugendliche sich ausprobieren, Musik machen, kreativ sein und sich mit FreundInnen treffen können und die zudem als Ausgangspunkt für antifaschistische Initiativen genutzt werden können. Insofern heißt die freudige Zur-Kenntnisnahme des lang überfälligen Aus des „Club 88“ und die Forderung, dass es die „Titanic“ ihm schnellstmöglich gleich tun soll, für uns eben auch, dass wir uns solidarisch hinter die AJZ und ihren Kampf gegen die erneuten städtischen Schikanen stellen.

Gegen die Begrenzung der Veranstaltungsdauer in der AJZ Neumünster – für mehr alternative Jugendzentren!
Titanic und alle weiteren Nazi-Treffpunkte dichtmachen – Nazis in die Pleite treiben!

Autonome Antifa-Koordination Kiel, 4.4.2014

Mehr Infos und Geschichte der „Club 88“-Proteste:

http://clubdichtmachen.blogsport.de
http://antifanms.blogsport.de

Die NPD-Kreisverbände in Schleswig-Holstein

Wir dokumentieren Artikel der „Antifascist Watch Group S-H La Quimera“:

Aufbauend auf einem unserer Leitartikel über den Zustand der NPD vor etwa einem Jahr, wollen wir einige aktuelle Entwicklungen der Kreisverbände überblicksartig darstellen. Manches mag aufmerksamen Leser_innen einschlägiger Publikationen vielleicht schon bekannt sein, anderes dagegen wurde bisher noch nicht veröffentlicht. Wir werden versuchen die Entwicklungen kurz und übersichtlich, nach den einzelnen Kreisverbänden gegliedert, zusammenzufassen.

Generell steckt NPD in Schleswig-Holstein in einer Krise, die sich immer weiter verschärft. Der jährliche “Trauermarsch” durch Lübeck wurde dieses Jahr schon das zweite Mal in Folge abgesagt und öffentlichkeitswirksame Auftritte gibt es aktuell nur noch vereinzelt im Gebiet des Kreisverbands Segeberg-Neumünster. Allgemein sind offene Auftritte von mehr als fünf Neonazis in Schleswig-Holstein höchst selten. Doch auch neonazistische Subkultur leidet. Bedingt durch persönliche Streitigkeiten und antifaschistische Aufklärungsarbeit, herrscht in weiten Teilen der Szene Verunsicherung und Misstrauen. Die andauernde Schwäche der etablierten neonazistischen Organisationen hält an und mehr und mehr Kameradschaften im Umfeld der NPD zerfallen. Ob die NPD als gemeinsames Label überhaupt noch das Potential besitzt, den rechten Personenkreis zu vereinen, darf bezweifelt werden – gerade in Anbetracht der Machtkämpfe und Schlammschlachten innerhalb der Bundespartei. Allerdings mangelt es derzeit an Alternativen. “Die Rechte” mit ihrer Kieler Funktionärin Ingeborg Lobocki konnte sich trotz vielfacher Ankündigungen und Besuchen vom Bundesvorsitzenden Christian Worch in Kiel nicht etablieren. Teile der Szene, insbesondere in Nordfriesland, sympathisieren mit der neuen Neonazi-Partei “Der Dritte Weg”, einem parteipolitischen Flügel der süddeutschen Kameradschaftsszene. Doch auch diese Partei hat bisher keine Basis in Schleswig-Holstein. Lediglich die Organisationsform der “Bruderschaften” scheint einen zumindest moderaten Zuwachs zu erfahren. Damit dürfte sich die Szene allerdings noch weiter von öffentlicher Politik und damit auch der NPD entfernen.


NPD-Veranstaltung in Lübtheen (Mecklenburg-Vorpommern) März 2014: V.l. Simon Haltenhof (Neu-Kreisvorsitzender Lauenburg-Stormarn), Udo Pastörs (Parteivorsitzender), Dave Trick (NPD Ostprignitz/Neuruppin), Andreas Theißen (Kreisvorsitzender Westmecklenburg), Stefan Köster (NPD-Landesvorsitzender Mecklenburg-Vorpommern) und Manfred Börm (Rechtsterrorist und NPD-Funktionär aus Niedersachsen)

Segeberg-Neumünster
Der Kreisverband Segeberg-Neumünster ist auch aktuell der Aktivste in Schleswig-Holstein. Doch hat auch dessen Aktionismus im Vergleich zu den letzten beiden Jahren stark nachgelassen. Öffentliche Auftritte finden vereinzelt bei Ratssitzungen des Stadtrats Neumünster über den NPD-Neu-Ratsherrn Mark Proch oder bei Info-Tischen meist in kleineren Ortschaften statt. Doch auch die personelle Basis des Kreisverbands bröckelt. Einigen langjährigen Aktivist_innen scheint der gesellschaftliche Gegenwind gegen ihre neonazistischen Umtriebe zunehmend die Motivation zu rauben, für die Partei einzutreten und andere Mitglieder verlieren sich in persönlichen Streitigkeiten. So vermeiden mit Michael Denz und Arne Voss zwei relativ engagierte Mitglieder zunehmend die Öffentlichkeit. Während sie für den Kreisvorsitzenden Daniel Nordhorn lange Zeit zum Stammpersonal bei Kleinstkundgebungen gehörten, nehmen sie aktuell zwar weiter an Aktivitäten der rechten Szene teil, versuchen das aber tunlichst vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Öffentlichkeitsarbeit lässt sich so nicht gestalten. Auch die inzwischen in Seth wohnhafte ehemalige Kieler Neonazistin Katharina Schubert verlies im letzten Jahr ihren Posten als Schatzmeisterin des Kreisverbands, nachdem sie dieses Amt zuvor schon jahrelang für den Kreisverband Kiel-Plön bekleidet hatte. Als Ersatz sprang Mark Prochs Frau Sonja Proch ein. Doch da die Beziehung der Prochs zerrüttet ist, kommt es wie so oft: Persönliche Fehden werden über Politik gestellt und Sonja Proch verlässt mit ihrem Mann auch den Posten der Schatzmeisterin der NPD Segeberg-Neumünster. Da noch niemand für die Nachfolge in Sicht ist, schweigt sich die NPD zu diesen Vorkommnissen bisher aus.
Doch der Posten der Schatzmeisterin ist nicht die einzige Baustelle. So scheinen auch Konflikte zwischen verschiedenen Flügeln der Neumünsteraner Neonaziszene die Partei zunehmend zu schwächen. Insbesondere die Betreiber der rechten Kneipe “Titanic”, Horst Micheel und Pascal Micheel, bis vor kurzem noch wichtige Aktivposten der Partei, scheinen mit den Führungskadern um Mark Proch und Daniel Nordhorn im Konflikt zu liegen. Neben persönlichen Vorwürfen dürfte die Gemengelage eher profan sein: Während die Micheels gute Kontakte zu den “Bandidos” unterhalten, sympathisieren die Führungsebene des Kreisverbands und deren Anhänger_innen mit den verfeindeten “Hells Angels”. Insbesondere Mark Proch wird seine Vorliebe für die “Hells Angels” in Teilen der Szene übel genommen. Auch holen Daniel Nordhorn zunehmend seine Eskapaden ein. Sein Substanzkosum bringt Teile der Szene gegen ihn auf , nach unserer Veröffentlichung seiner Mitgliedschaft im “Schützenverein Marianne” in Heikendorf hat er seinen Posten im Vereinsvorstand verloren und jüngst wurde er auch noch verurteilt . Außerdem griffen Proch, Nordhorn und weitere Neonazis wie Alexander Meeder, Nordhorns Rechte Hand bei den Info-Tischen, im November 2013 eine Gruppe Fotograf_innen an . Trotzdem versucht sich Nordhorn aktuell als aufstrebender Führungskader in Stellung zu bringen: Im Oktober 2013 im Saarland und vor wenigen Wochen in Berlin nahm er an Führungskräfteschulungen der Bundespartei teil.


NPD-Kundgebung in Boostedt bei Neumünster, v.l. Michael Denz, Daniel Nordhorn, Steffen Peter, Rudolf Rosenthal und Alexander Meeder

Lübeck-Ostholstein
Auch der Kreisverband Lübeck-Ostholstein kämpft derzeit mit Problemen. Insbesondere in Ostholstein, eigentlich eine Region mit relativ aktiver neonazistischer Vernetzung im Rechtsrock und dem “NSU” , hat die Partei zuletzt ihre aktionistische Basis eingebüßt. Bedingt durch die Querelen um Marcus Tietz , dem Umzug von Miriam Haack nach Bayern und der Orientierung von NPD-Kandidaten wie Kai Sager in Richtung Rechtsrock oder Fabian Wittig zu “Identitas Nord” ist die NPD im Kreisgebiet von Ostholstein kaum noch wahrnehmbar.
Etwas anders gestaltet sich die Situation in Lübeck, auch wenn die Partei hier ebenfalls schwächelt. Mit Jörn Lemke wohnt einer der aktivsten Kader der schleswig-holsteinischen NPD in der Stadt. Durch seine Nähe zu der Kameradschaftsszene in Lübeck und Stormarn, gelingt es ihm immer wieder, Akzente zu setzen, wenn auch nachhaltiger Erfolg meist ausbleibt. So stammt die Idee der “Braunen Hilfe” aus der Lübecker Neonaziszene und es waren an dem Angriff in Neumünster zum “Heldengedenken” maßgeblich Personen aus dem Umfeld der Lübecker NPD und dem “Aktionsbündnis Lübeck/Stormarn” beteiligt. Doch auch die vermeintlich aktive Szene in Lübeck musste zuletzt herbe Niederlagen einstecken. Der jährliche “Trauermarsch” musste die letzten beiden Jahre abgesagt werden, die maßgeblich von Jörn Lemke betreute NPD-Mitgliederzeitschrift “SH-Stimme” erscheint statt vierteljährig nur noch halbjährig, Kundgebungen finden nicht mehr statt, das Jörn Lemke zugerechnete Portal der Kameradschaftsszene, “Mein SH”, war lange inaktiv und ist aktuell nicht mehr erreichbar, selbst der neonazistische Bloghoster “logr.org” ist nicht mehr bereit, dem “Aktionsbündnis Lübeck/Stormarn” Webspace zur Verfügung zu stellen. Auch mehrt sich in der Szene der Unmut über den “Solifond” , dessen Gelder von dem Neonazi Jörn Gronemann veruntreut wurden. Als Konsequenz werden dem Projekt “Braune Hilfe” nur geringe Chancen eingeräumt, da sich keine Neonazis mehr finden, die den Lübecker Kadern ihr Geld anvertrauen möchten. Dennoch scheint es der Lübecker NPD zu gelingen, zumindest vorerst zu verhindern, dass aktive Neonazis sich gänzlich von der Partei abwenden.

Lauenburg-Stormarn
Der Kreisverband Lauenburg-Stormarn steckte im Jahr 2013 in einer schweren Krise. Nach dem Abgang vom Kreisvorsitzenden Kay Oelke brach der Kreisverband weitgehend zusammen und wurde vom Landesvorstand kommisarisch verwaltet. Vor allem Jörn Lemke und der Landesvorsitzende Ingo Stawitz versuchten, teilweise mit Aufbauhilfe aus dem benachbarten Mecklenburg-Vorpommern, neue Strukturen zu schaffen. Dem Kreisverband, der seinen organisatorischen Schwerpunkt traditionell im Kreis Herzogtum Lauenburg hat, während sich die Neonazis aus Stormarn verstärkt Richtung Lübeck oder Hamburg orientieren, gelang es erst im März 2014 einen neuen Vorstand zu wählen. Den Vorsitz übernahm Simon Haltenhof, sein Stellvertreter ist Martin Vorwerk. Ebenfalls im Vorstand ist der langjährige Neonazi und verurteilte Brandstifter an einer Flüchtlingsunterkunft Heinrich Förster. Um den Kreisverband zu reaktivieren, hat die NPD in Lauenburg die ohnehin große Nähe zu der Kameradschaftsszene weiter ausgebaut. Zuletzt fanden mehrere klandestin organisierte Aktionen zum “Heldengedenken” an deutsche NS-Verbrecher_innen statt. Aktuell hetzt der Kreisverband gegen ihren ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden Sebastian Sommer, der über die Webseite der Ausstiegsorganisation Exit bekannt gab, aus der rechten Szene ausgestiegen zu sein .

Kiel/Plön/Rendsburg-Eckernförde
Während die NPD im Kreisgebiet Rendsburg-Eckernförde nicht handlungsfähig ist, liegt ihre organisatorische Basis in Kiel und im Kreis Plön. Allerdings hat sie hier in den letzten Jahren einen massiven Niedergang zu verzeichnen. Der langjährige Neonazi Roland Fischer wandte nach internen Machtkämpfen der Partei den Rücken zu und die aktuellen Führungsfiguren des Kreisverbands, Hermann Gutsche, Jens Lütke und Björn Schubert, werden jeweils von einem Teil der schleswig-holsteinischen Neonazis angefeindet. Björn Schubert gilt schlicht als inkompetent und unzuverlässig und Jens Lütke hat als stellvertretender Landesvorsitzender und Mitarbeiter des NPD-Unterstützers Dietmar Munier zwar eine wichtige organisatorische Funktion, wird aber von Teilen der Szene, aufgrund seiner Behinderung und als “Frauenschläger”, angefeindet. Der NPD-Ratsherr von Kiel, Hermann Gutsche, ist weitgehend inaktiv, lässt sich kaum noch bei Veranstaltungen der Neonazis sehen und spielt deshalb im politischen Alltag kaum noch eine Rolle. Seinen Wahlkampf zur Wiederwahl ins Rathaus musste er weitgehend ohne Unterstützung von NPD-Mitgliedern bestreiten. Schließlich verhalf ihm die neonazistische Fussballmannschaft “Bollstein Kiel” doch noch zum Ratssitz .
In der Konsequenz liegt die politische Arbeit im Kreisverband weitgehend am Boden. Vom Kreisverband organisierte Propagandaaktionen, seien es Info-Tische, Flugblattverteilungen oder Kundgebungen, finden nicht mehr statt. Webseite und Emailadresse werden teilweise über viele Monate nicht betreut. Auch zu den “Deutschlandfahrten” des NPD-Bundesvorstands in Kiel 2012 und 2013 kamen jeweils nicht mal eine Handvoll örtlicher Neonazis. Die NPD-nahen “Freien Nationalisten” Kiel verschwanden mit Roland Fischer fast gänzlich von der Bildfläche.
Jüngst verstarb mit Günter Kawlewski ein Wehrmachtsveteran, NPD-Gründungsmitglied, -Funktionär und -Geldgeber aus Kiel.
Trotz der aktuellen Schwäche haben die Neonazis in Kiel und Plön sicherlich eines ihrer größten Potentiale in Schleswig-Holstein. Wahlergebnisse, der Versuch eine JN in Kiel aufzubauen oder die breite neonazistische Infrastruktur zeugen davon. Doch zumindest vorerst ist die NPD aufgrund gesellschaftlichen Drucks und interner Feindschaften nicht in der Lage, auch nur Teile dieses Potentials abzurufen.


NPD-Vorstand Kreisverband Kiel-Plön 2008: V.l. Jens Lütke, Christian Rausch, Hermann Gutsche, Katharina Schubert und Roland Fischer

Nordfriesland/Schleswig-Flensburg
Wenig Veränderungen sind im nördlichsten Kreisverband zu verzeichnen. Aktionen sind selten, oft nur grenzübergreifend mit dänischen Neonazis (wir berichteten ). Die eigene Öffentlichkeitsarbeit beschränkt sich auf das gelegentliche Verteilen von Flyern, meist allein oder in Kleinstgruppen. Insbesondere in Husum und dem nordfriesischen Umland steht der NPD eine zunehmend parteikritische Kameradschafts- und Bruderschaftsszene gegenüber. Während einige Mitglieder dieser Gruppierungen vor wenigen Jahren noch für die NPD bei Wahlen antraten, stehen sie dem relativ alten örtlichen NPD-Kreisverband inzwischen skeptisch gegenüber.

Dithmarschen/Steinburg/Pinneberg
Auch an der Westküste dominieren ältere Spießbürger_innen den Kreisverband. Die Aktivitäten der Mitglieder um den NPD-Landesvorsitzenden Ingo Stawitz und seinem Stellvertreter Kai Otzen ließen jüngst nochmals nach. So sind die Zeiten regelmäßiger Kundgebungen im Hamburger Umland anscheinend vorbei. Insbesondere das Ausscheiden des zwischenzeitlichen Aktivpostens Steffen Peter scheint das Potential des Kreisverbands nochmals geschwächt zu haben. Ähnlich wie Daniel Nordhorn, versucht sich auch Rudolf Rosenthal durch Führungskräfteschulungen der NPD für höhere Aufgaben zu empfehlen. Allerdings scheint daran im Fall von Rosenthal selbst in der NPD niemand zu glauben.
Auch wenn der Kreisverband aktuell auf niedrigem Niveau stagniert, hat er doch traditionell gute Kontakte zur Kameradschaftsszene, besonders im Pinneberger Raum. Durch dieses Mobilisierungspotential sind im Falle einer Wiedererstarkung der organisatorischen Basis öffentliche Auftritte wieder denkbar.

Es wird deutlich, dass die NPD und weite Teile der sie umgebenden Neonazi-Szene derzeit arge Schwierigkeiten haben, ihre Kräfte zu bündeln und zu mobilisieren. Dennoch bergen die rechte Infrastruktur, die internationalen Kontakte und die Basis an unorganisierten Neonazis ein Potential, dass auch zukünftige Aufmerksamkeit erfordert. Dabei haben sich die Organisationen schon oft genug als austauschbar erwiesen. Also wächst mit der Schwäche der NPD auch gleichzeitig die Lücke, die andere neonazistische Strukturen nutzen könnten. Erste Versuche in diese Richtung sind noch zaghaft, allerdings könnte diesem Trend zukünftig eine größere Bedeutung zukommen.

Dütt und Datt aus SH

Unsere Antifa-Kolleginnen und Kollegen aus Schleswig-Holstein haben in den letzten Wochen verschiedene Aktivitäten der hiesigen Neonazis aufgedeckt und an die Öffentlichkeit gebracht.

So wurde bereits Anfang Februar bekannt, dass der Neumünsteraner Neonazi und Bandidos-Mitglied Alexander Hardt, der u.a. den Laden „PLS-Werkzeuge“ am Kieler Vinetaplatz betreibt, wegen verschiedener Vergehen zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt wurde. Hintergründe zu den Aktivitäten von Hardt und Links zu verschiedenen Presseberichten zum Prozess finden sich bei den Recherche-Phantomen von La Chimera.

Mit ihrem zweiten Streich berichteten La Quimera, mit Bezug auf einen Blick nach Rechts-Artikel, dass die Martensrader Verlagsgruppe von Dietmar Munier das Veteranenmagazin der Waffen-SS, “Der Freiwillige”, übernommen hat. Das knapp 60 Jahre lang erscheinende revisionistische, militärgeschichtliche Heft, welches das einstige Mitteilungsblatt der ehemaligen Soldaten der Waffen-SS ist, wird Muniers Hausblatt „DMZ Zeitgeschichte“ untergeordnet, welcher dadurch sein Verlagskomplex weiter ausbauen konnte.

Ende Februar bzw. Anfang März sind zwei Texte über die Neumünsteraner Neonaziszene auf Indymedia Linksunten erschienen. Der Artikel von „No Nazis NMS“ behandelt das Umfeld des NPD-Ratsherrn Mark Proch, der offensichtlich zusammen mit mehreren anderen Neonazis bei einem Logistikunternehmen im Hamburger Speckgürtel arbeitet. Demnach sind dort neben Proch, eine Vielzahl von NPD-Kandidaten aus Neumünster angestellt, die sich in sozialen Netzwerken am Arbeitsplatz und in Arbeitskleidung präsentieren. Dabei finden sich der Firmenname und das Logo auf öffentlich einsehbaren Profilen direkt neben menschenverachtenden, teilweise strafbaren Nazi-Emblemen und rassistischen Parolen. Eine Art der „Werbung“ und Mitarbeiter auf die das Unternehmen wohl gut verzichten könnte und dies in Hoffnung wohl auch tut…

Der zweite Text aus Neumünster beleuchtet eine rassistische Propaganda-Aktion des NPD-Kreisverbands Segeberg-Neumünster um Daniel Nordhorn und Mark Proch.

Aber auch abseits der Neonaziszene gab es für Antifaschist_innen und Antirassist_innen genug Grund zur Aufregung. Für das absolute Lowlight sorgte dabei die Rendsburger Polizei, die in der Nacht vom 17.02. auf den 18.02. einen Routineeinsatz in einer Rendsburger Flüchtlingsunterkunft eskalierte. Die Beamt_innen waren wegen eines vermeintlichen Bewohner_innenstreits vor Ort, ein mitgeführter, nicht angeleinter Polizeihund ohne Maulkorb fiel einen Bewohner der Flüchtlingsunterkunft an und verletzte diesen schwer. Das Opfer musste darauf hin mehrere Tage im Krankenhaus verbringen, die zuständigen Beamt_innen, welche die Verantwortung für die schweren Verletzungen tragen, besaßen tatsächlich die Dreistigkeit eine Anzeige wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt zu stellen. Sowohl der Flüchtlingsrat SH als auch Netzwerk Asyl Rendsburg nahmen Stellung zu dem Vorfall, zudem berichtete das Freie Sender Kombinat Hamburg.

Es gibt also genug zu tun: Keine Ruhe für Neonazis am Arbeitsplatz! Rassistischer Propaganda entgegentreten! Refugees Supporten!



Svante Kürschner – JN-Landesvorsitzender in Schleswig-Holstein

Der Kieler Neonazi Svante Kürschner beschäftigt Antifaschist_innen aus der Region schon seit mehreren Jahren. Nachdem er durch diverse neonazistische Aktivitäten im Zusammenhang mit der NPD, DVU und den militanten „Autonomen Nationalisten“ der „Aktionsgruppe Kiel“ (AG Kiel) auffiel, versucht er aktuell die in Schleswig-Holstein weitgehend inaktive Jugendorganisation der NPD, die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN), aufzubauen. In der Vergangenheit wurde Kürschner schon jeweils einmal an der Beruflichen Schule am Königsweg (dort machte er eine Ausbildung zum Sozialpädagogischen Assistenten) und an der Fachhochschule Kiel (dort studiert er aktuell Soziale Arbeit) als Neonazi geoutet. Gerade die leitende Funktion in der NPD-Jugend und der Versuch Kürschners, über den „Nationalen Bildungskreis“ (NBK) Theoriearbeit im Bereich der neonazistischen Pädagogik zu leisten, macht offensichtlich, welche Gefahr von ihm ausgeht, sollte er sich in sozialen Berufen etablieren können.

Svante Kürschner fiel antifaschistischen Kreisen erstmals im Zusammenhang mit der „Aktionsgruppe Kiel“ (AG Kiel) um den militanten Führungskader Peter Borchert auf. Kürschner beteiligte sich an Aufmärschen zusammen mit anderen „Autonomen Nationalisten“ der AG Kiel und Aktivisten des radikalen NPD-Flügels. Verwirrung herrschte um Kürschners Parteipräferenz. Während die DVU angab, Kürschner würde stellvertretender Vorsitzender ihrer Jugendorganisation sein, behauptete dieser, von seiner Wahl nichts gewusst zu haben und engagierte sich danach in der NPD. Nach seinen Outings 2009 an der Beruflichen Schule am Königsweg in Kiel und 2012 an der Fachhochschule versuchte Kürschner mit einer opportunistischen Strategie die Konsequenzen abzuwehren. So bestritt er, Neonazi zu sein und leugnete seine früheren Aktivitäten oder versuchte sie als „Jugendsünden“ darzustellen.
Dass er nun nach aktuellen Recherchen von antifaschistischen Gruppen die Leitung der JN in Schleswig-Holstein übernommen hat, entlarvt abermals seine Leugnungen der rechten Aktivitäten als reines Ablenkungsmanöver.
Die JN war über Jahre in Schleswig-Holstein weitgehend inaktiv, daran konnte auch Svante Kürschner nichts ändern. Allerdings sind aus den letzten Monaten mehrere kleine Aktionen bekannt und wurden zwei Artikel über den, an die JN angegliederten, NBK veröffentlicht, die die Handschrift Kürschners tragen. Der Autor, als NBK-Leiter und Student der Sozialwissenschaften aus Schleswig-Holstein vorgestellt, schreibt unter dem Pseudonym „Leon“ über Kindertagesstätten und critical whiteness. Beide Pamphlete beleuchten diese für Neonazis eher ungewöhnlichen Themenbereiche traditionell linker Pädagogik und Theorie. So schwadroniert der Autor über „niedere Lebensformen“, eine weisse „Blutsgemeinschaft“ und ergeht sich in tiefem Rassismus und Antifeminismus. Das es sich bei „Leon“ um Svante Kürschner handelt, gilt als sicher. So ist es naheliegend, dass der JN-Vorsitzende aus Schleswig-Holstein auch gleichzeitig NBK-Leiter ist und es dürfte sich in der dünnen Personaldecke der JN im Norden kaum ein zweiter Studierender der Sozialwissenschaften finden. Außerdem lesen sich die Schriften wie persönliche Abrechnungen Kürschners mit seinen Dozent_innen, schließlich sind einige Lehrende an der Fachhochschule Kiel für ihre kritische Theorie und Praxis bekannt. Besonders kritisch zu hinterfragen ist das Berufsziel Kürschners. In Sozialen Berufen könnte er die Möglichkeit bekommen, weit über neonazistische Subkultur hinaus Einfluss zu gewinnen. Nicht erst seit den Fällen von Ann-Kristin Jacobs und Maren Preisinger ist bekannt, dass Neonazis in pädagogischen Berufen durchaus versuchen zu agitieren. Außerdem könnte er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeiten mit der Betreuung von Migrant_innen, Homosexuellen, Menschen mit Behinderung oder anderen konfrontiert werden, die er selbst frei nach den vernichtenden Einstellungen des Nationalsozialismus als „niedere Lebensformen“ betitelt. Dass Kürschner in einer solchen Situation kaum alle Menschen gleichwertig betreuen würde, sondern gar als Gefahr für einen Teil der Betreuten gelten kann, ergibt sich von selbst.

Neonazis können und sollten nicht nur auf der Straße bekämpft werden. Egal ob als Pädagog_innen, im Sportverein oder als nette Nachbar_innen: Neonazis leben ihre vernichtende Ideologie auch hinter vermeintlich harmlosen und freundlichen Fassaden aus. Ein ideologisch gefestigter Neonazi wie Svante Kürschner wird, egal wie opportun er sich gibt, seine Ausbildung und seinen Einfluss nutzen um eine Gesellschaft anzustreben, die sich an den völkischen Idealen der Nazis orientiert. Insofern stellt er eine Gefahr für alle dar, die nicht in sein Weltbild passen. Egal ob Austauschstudierender an der Fachhochschule, linke_r Dozent_in oder Kind mit Migrationshintergrund in der Kita: Sie alle wird Svante Kürschner höchstens vorübergehend aus taktischen Gründen akzeptieren, während er seinem Ideal der Verfolgung und Vernichtung von „niederen Lebensformen“ zur Erhaltung seiner „Blutsgemeinschaft“ folgt.

Damit es nicht so weit kommt, gilt es, Neonazis wie Svante Kürschner den Nährboden zu entziehen, egal ob an der FH oder anderswo.

Kein Raum, keine Straße, kein Hörsaal, keinen Millimeter für Neonazis!