Nach Urteil im Antifa-Ost Verfahren: 200 Kieler*innen auf Spontandemo gegen die Kriminalisierung antifaschistischer Bewegung

Auch in Kiel nahmen am frühen Mittwochabend (31.05.2022) über 200 Antifaschist*innen an einer Spontandemo in Solidarität mit Lina und drei weiteren Genossen teil, die am Vormittag im Antifa Ost-Verfahren vorm OLG Dresden zu harten Knaststrafen verurteilt wurden. Die Demonstrant*innen versammelten sich auf dem Dreiecksplatz, wo eine kurze Auftaktkundgebung stattfand. In einem Redebeitrag wurde die haltlose juristische Konstruktion hinter den Urteilen sowie ihre politische Motivation dargestellt.

Begleitet von Polizeikräften, die sich bis auf ein übermotivierter Fahrradcop jedoch auf die Regelung des Straßenverkehrs beschränkten, zog die Demo anschließend unter lautstarken Parolen und etwas Pyrotechnik die Holtenauer Straße hinauf und ging anschließend über den Knooper Weg zum Exerzierplatz in der Kieler Innenstadt. Hier löste sich die Versammlung mit dem Aufruf, auch zur bundesweiten Demo am Samstag in Leipzig zu reisen, nach einer knappen Stunde auf. Am Rande wurden zahlreiche Flugblätter an Passant*innen verteilt.

Die betroffenen Genoss*innen wurden wegen Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer „kriminellen Vereinigung“ nach §129 zu Haftstrafen zwischen 2 Jahren und 5 Monaten und 5 Jahren und 3 Monaten verurteilt. Ihnen wurden organisierte militante Angriffe auf Neonazis in Sachsen und Thüringen zur Last gelegt. Die Freude darüber, dass Lina nach 2 1/2 Jahren U-Haft noch am selben Abend vorübergehend auf freiem Fuß ist, darf nicht darüber hinweg täuschen, welch fatale Auswirkungen die gezielte Kriminalisierung antifaschistischer Strukturen für die Bewegung haben kann. Eine Hemmschwelle für offen politisch motivierte Urteile und ein abenteuerliches Strafmaß scheint in Krisenzeiten kaum noch gegeben, wie auch wöchentliche Hausdurchsuchungen bei linken Aktivist*innen oder die Repressionsschläge gegen die Klimabewegung verdeutlichen. Diese Angriffe dürfen linke und soziale Bewegungen nicht hinnehmen.

Die Spontandemo in Kiel, zu der antifaschistische Gruppen nach Bekanntgabe der Urteile aufgerufen hatten, ist als kleiner Beitrag dazu zu verstehen. Zeitgleich kam es bundesweit in zahlreichen anderen Städten zu solidarischen Aktionen.