Rassistische Hetze und repressiver Polizeieinsatz gegen Antifas auf dem Rathausplatz

Der „Pax Europa“-Wanderzirkus des rassistischen Hetzers Michael Stürzenberger aus München machte im Rahmen seiner derzeitigen bundesweiten Städtetour am Samstagnachmittag (01.10.2022) Halt auf dem vergleichsweise wenig belebten Kieler Rathausplatz. Etwa 20-30 Fans wohnten der antimuslimischen Dauerkundgebung kontinuierlich bei, dazu gesellten sich immer wieder irritierte Passant*innen, von denen wiederholt auch deutlicher Widerspruch ausging.

Die One-Man-Show, ein weiterer angekündigter Redner erschien nicht, wurde mit großem technischen Aufwand per Live-Stream übertragen und war durch doppelte Hamburger Gitter abgeschottet. Ein großes Polizeiaufgebot beschützte die Inszenierung, auf der unter dem Deckmantel einer vermeintlichen „Kritik am politischen Islam“ fünf Stunden lang pausenlos islamfeindliche Klischees, Behauptungen und Verallgemeinerungen vorgetragen wurden. Die gezielte Provokation von Passant*innen, insbesondere von Muslim*innen und Antifaschist*innen, gehört dabei zum Kern der Agitationsstrategie. Stürzenberger ließ seine Anhänger*innen zu Beginn eine Stunde warten, der aufwändige Aufbau bei durchwachsenem Wetter durch seine etwa 10-köpfige Crew zog sich weit über die angekündigte Auftaktzeit um 12 Uhr hinaus.

Pünktlich vor Ort waren dagegen 15 Antifas, die überraschend auf dem Platz erschienen und bis zu den Absperrgittern vordringen konnten. Nach kurzen Tumulten mit den Ordner*innen wurden die Gegendemonstrant*innen von herbeieilenden Polizist*innen eingekesselt und festgesetzt. Der weitere Aufbau konnte zunächst mit lautstarkem Protest gestört werden. Als mit Beginn von Stürzenbergers Dauerrede weitere Polizeikräfte eintrafen, wurden die Antifaschist*innen jedoch in einer rechtlich höchst fragwürdigen Maßnahme einzeln abgeführt, abfotografiert und ihre Personalien aufgenommen. Zur Rechtfertigung des Einsatzes wurde der antifaschistische Protest durch die Polizeiführung als ordnungswidrige Störung einer angemeldeten Versammlung ausgelegt, was in Kiel so bisher unüblich gewesen ist. Nach Beendigung der etwa einstündigen Kontrolle wurden die Antifaschist*innen mit Platzverweisen belegt. Einer Person wurde über eine Stunde der Zugang zu medizinischer Hilfe versagt.

Dass eine solche Interpretation des Versammlungsrechts durch die Polizei nicht hingenommen werden darf, steht für die Betroffenen außer Frage. Gegen etwaige Folgen z.B. in Form von Bußgeldern würde vorgegangen werden. Ob die völlig unverhältnismäßige Maßnahme der großen Polizeidichte wegen des parallelen Fußballgastspiels von Hansa Rostock in Kiel und seiner übergeordneten polizeilichen Gesamtstrategie geschuldet gewesen ist oder eine neue Form des repressiven Umgang mit spontanen Protesten gegen rechte Versammlungen im öffentlichen Raum ausdrückt, sollte in nächster Zeit aufmerksam beobachtet und analysiert werden.