„Kein Schlussstrich!“ – Gedenkkundgebung für die Opfer des NSU in Kiel

10 Jahre nach der Selbstenttarnung des „NSU“ versammelten sich am Donnertagabend (04.11.2021) bei nasskaltem Wetter auch in Kiel 100 Antifaschist*innen zu einer Kundgebung unter dem Motto „Kein Schlussstrich unter den NSU-Komplex!“ in Gedenken an die Opfer des rassistischen Terrors und für die vollständige Aufklärung und Zerschlagung des NSU-Komplexes.

Nach einer Begrüßung durch den Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel sprachen während der knapp eineinhalbstündigen Veranstaltung Redner*innen der Interventionistischen Linken Kiel, des Verbands Deutscher Sinti und Roma e. V. Schleswig-Holstein, der DIDF, der Autonomen Antifa-Koordination Kiel, der Alevitischen Gemeinde Kiel e.V. sowie der Kampagne Aufstehen gegen Rassismus Schleswig-Holstein. Die Türkische Gemeinde Schleswig-Holstein sowie die Jüdische Gemeinde Kiel ließen solidarische Grüße ausrichten.

Mehrfach wurde kritisiert, dass der „NSU“ als komplexe Struktur, die fest der Neonazi-Szene verankert gewesen ist, keineswegs aufgeklärt und zur Rechenschaft gezogen wurde, auf den strukturellen und institutionellen Rassismus als Fundament der Morde und der polizeilichen Ermittlungsarbeit sowie die nachweisliche Verstrickung staatlicher Behörden, insbesondere des „Verfassungsschutzes“, mit dem „NSU“ hingewiesen. Die Geschichte des NSU-Komplexes verdeutliche, dass antirassistische und antifaschistische Praxis unter enger Einbeziehung der Perspektive von Betroffenen des rechten Terrors weiter notwendig bleibe.

„Es liegt auch an uns, die Morde des NSU nicht zu vergessen, an die Opfer und Überlebenden zu erinnern. Angehörige, Überlebende und von Rassismus betroffene Menschen sind die „Hauptzeug*innen des Geschehens“, nicht bloße Statist*innen. Die Angehörigen und Überlebenden der rassistsichen Brandanschläge von Mölln am 23.11.1992, bei denen Ayşe Yılmaz, Yeliz und Bahide Arslan von Neonazis ermordet wurden, setzen sich seit vielen Jahren für ein selbstbestimmtes Gedenken von Betroffenen und Überlebenden rassistischer Gewalt ein. Ein Bestandteil dessen ist die „Möllner Rede“. Seit 2013 ist die Rede nicht mehr Teil des offiziellen Gedenkens der Stadt Mölln. Es schien nicht länger erwünscht, dass die Familie der Ermordeten die Redner:innen selbst bestimmt. Seitdem wird sie an wechselnden Orten „im Exil“ gehalten. Die Rede ist eine kritische Bestandsaufnahme zum gesellschaftlichen Rassismus, Neonazismus und Umgang mit Gedenken, die von den Familien Arslan und Yılmaz, dem Freundeskreis im Gedenken an die rassistischen Brandanschläge von Mölln und lokalen Freund*innen organisiert wird. Diese großartige Veranstaltung findet dieses Jahr in Kiel statt. Wir möchten Euch alle am kommenden Sonntag um 12 Uhr herzlich zu dieser Symphonie der Solidarität ins Schauspielhaus einladen. Parallel wird die Rede live auf den Bahide-Arslan-Platz in Gaarden übertragen und im Internet gestreamt. Hört Euch unbedingt an, was die Überlebenden von Mölln und ihre Angehörigen zu sagen haben!“ (Autonome Antifa-Koordination Kiel)