Kieler „Querdenken“-Spektrum weiter aktiv – Pandemie-relativierender Aufmarsch am 12.12. angekündigt

+++ Weiterhin kleinere und größere Proteste des sozialdarwinistischen und verschwörungsideologischen Lagers in Kiel +++ Polizei geht gegen Antifa-Proteste gegen Schweigemarsch am Totensonntag vor +++ Björn Dinklage kündigt weiteren norddeutschlandweiten Aufmarsch am 12. Dezember 2020 in Kiel an +++

Am Sonntag, den 22. November 2020 versammelten sich abermals Angehörige des “Querdenken”-Spektrums zu einem “Schweigemarsch” in Kiel. Nach unterschiedlichen Zählungen trafen sich um 13 Uhr zwischen 250 und mehr als 300 Corona-Relativierer*innen. Mit Ausnahme der Anmelderin bzw. Moderatorin und dem ex-AfDler Brodel in den vorderen Reihen waren darunter mehrheitlich Personen, die Antifaschist*innen bisher nicht näher aufgefallen sind.

Begleitet wurde die skurril anmutende Demo – aufgrund von ordnungsrechtlichen Auflagen am Totensonntag durften keinerlei Botschaften gezeigt oder skandiert werden – von Anfang an von einigen Gegendemonstrant*innen. Bei der Auftaktkundgebung verteilte z.B. die SDAJ Flyer, in der sie über die rechtsoffenen Hintergründe von “Querdenken” informierte.

Nach einiger Zeit formierte sich unmittelbar am Rand der Demo lautstarker Gegenprotest von bis zu 30 Antifaschist*innen, der jedoch sofort von Polizeikräften abgeschirmt wurde. Agierten die Uniformierten anfangs noch eher entspannt, wurden sie zunehmend aggressiver, woraufhin sich der Gegenprostest etwas zurückzog. Ausgerechnet in dieser Situation tauchten jedoch eine vollständig vermummte und behelmte Polizeieinheit auf und kesselten die Gegendemonstrant*innen. Die einzige Begründung hierfür war, dass man die Querdenken-Demo gestört hätte. Anschließend wurde den Genoss*innen ein Platzverweis für einen Umkreis von 200m im Umkreis der Demo erteilt.

Auch wenn die Aktion Teil einer bundesweiten dezentralen Mobilisierung im sozialdarwinistischen und verschwörungsideologischen Lager gewesen ist, lässt die vergleichsweise Hohe Beteiligung aufmerken, denn sie war im Vorfeld keineswegs besonders ambitioniert beworben worden. Derzeit finden auch in Kiel teils mehrmals wöchentlich kleinere oder, wie am Sonntag, auch größere Proteste statt. Tags zuvor hatte es bereits eine Demo des Eso-Rechten Leif Hansen in Schleswig gegeben, an der sich begleitet von Antifa-Blockaden etwa 400 Menschen beteiligten.

Die reaktionäre Deutung der Corona-Pandemie ist in Bewegung und unter ihren eingeschworenen Anhänger*innen überregional mobilisierungsfähig. Auch für diesen Samstag gibt es aus ihren Reihen den Aufruf, in Kiel gegen die Maskenpflicht an Schulen zu demonstrieren (14 Uhr Schevenbrücke), am Montag darauf soll wie schon in den letzten Wochen um 17 Uhr eine ähnliche Aktion vom Exerzierplatz stattfinden. Antifaschistischer Widerspruch wird auch hier kaum schaden.

Die mutmaßlich letzte zentrale Versammlung kündigt die Struktur „Querdenken Kiel“ um Björn Dinklage aus Heikendorf, die sich auf dem Papier jüngst in „Kiel steht auf“ umbenannt hat, jedoch für Samstag, den 12. Dezember 2020 an. Hier will sich die Szene mit norddeutschlandweiter Unterstützung ab Mittag am Ostseekai versammeln. Spätestens nach den Ereignissen von Berlin und Leipzig, wo das Bündnis von Esoteriker*innen, Wutbürger*innen und Faschist*innen immer offener und aggressiver zu Tage getreten ist, ist dieser Aufmarsch als klare Provokation zu bewerten. Kieler Antifaschist*innen bereiten bereits breit getragene Gegenaktionen vor. Achtet auf zeitnahe Ankündigungen, organisiert Euch und schließt Euch an.