Ob Stadt, ob Land: Die Rechten in die Schranken weisen!

Gegen die Kommunalwahlkämpfe von AfD und NPD vorgehen!

Aufruf der Kampagnen AfD in die Schranken weisen und Den rechten Wahlkampf durchleuchten

Am 14. Mai 2023 stehen in Schleswig-Holstein die Kommunalwahlen an. Auf dem Wahlzettel werden damit auch wieder Kandidat*innen rechter Parteien stehen, allen voran der „Alternative für Deutschland“ (AfD), aber auch der NPD. Für die Landes-AfD sind es die ersten Wahlen nach ihrem höchst erfreulichen, für sie selbst jedoch desaströsen Ausscheiden aus dem Landtag fast genau ein Jahr zuvor. In den anstehenden Wahlkämpfen wird sich damit auch zeigen, ob sich der Landesverband nach der zähen, konfliktbehafteten und langwierigen Übernahme ihres Vorsitzes durch den rechten Hardliner Kurt Kleinschmidt aus Nordfriesland stabilisieren konnte, oder ob er weiter so zerstritten und geschwächt agiert wie in den zurückliegenden Jahren.

Dass es selbst für Parteien in der Dauerkrise wie der Schleswig-Holsteinischen AfD oder der eigentlich längst in der parlamentarischen Bedeutungslosigkeit verschwundenen NPD bei Kommunalwahlen einfacher ist, kleinere Erfolge einzufahren, verdankt sie einzig dem Wegfall der Sperrklausel für den Einzug in die Rathäuser. Dies, und die relative Unabhängigkeit der Kreisverbände von möglicherweise verfeindeten Flügeln innerhalb der Landespartei auf kommunaler Ebene, mag die zuletzt insgesamt träge AfD-Basis zumindest mancherorts motivieren, ihre Präsenz in den kommenden Monaten zu erhöhen.

Wir dagegen rufen, in guter Erinnerung an die erfolgreichen antifaschistischen Interventionen im Landtagswahlkampf vor einem Jahr, auch dieses mal alle Antifaschist*innen in Schleswig-Holstein dazu auf, den Rechten jegliche Lust und Laune daran zu nehmen, ihre Propaganda an die Leute zu bringen, wo immer sie sich breit machen wollen. 

(Kein) ruhiges Hinterland für die AfD?!

Die zentrale Kraft im rechten Lager bleibt entsprechend der bundesweiten Entwicklung seit ihrer Gründung im Jahr 2013 auch in Schleswig-Holstein die mittlerweile immer stärker faschistisch geprägte AfD. Wie aktiv und letztlich erfolgreich ihre Wahlkämpfe auf kommunaler Ebene bis zum Mai ausfallen werden, hängt entscheidend auch von der jeweiligen Stärke ihrer Kreisverbände ab. Sie werden sich daher aller Voraussicht nach von Region zu Region stark unterscheiden. Während sie in den größeren Städten wie Kiel, Lübeck oder Flensburg kaum über dauerhaft verlässliches Personal verfügt und insbesondere auf der Straße politisch keinerlei Relevanz entfaltet, was sie auch dem kontinuierlichen antifaschistischen Gegenwind zu verdanken hat, verfügt sie z.B. im Kreis Segeberg, aber auch in Stormarn, Pinneberg oder Nordfriesland über Hochburgen, in denen sie im Alltag durchaus verankert und präsent ist und auf eine entsprechende Basis bauen kann.

Im Kreis Segeberg tritt mit dem just gescheiterten Spitzenkandidaten Jörg Nobis und dem stellvertretenden Landesvorsitzenden Julian Flak langjähriges Führungspersonal an. Sich bedingend verfügt die AfD hier mit dem „Bürgerhaus“ in Henstedt-Ulzburg dank der rechtsoffenen Lokalpolitik im Ort zudem über einen ihrer wenigen verbliebenen sicheren Tagungsorte im Land. Im benachbarten Storman hat der Kreisverband derweil mit Arnulf Fröhlich einen Spitzenkandidaten aufgestellt, der aus dem antisemitischen und völkisch-nationalistischen Milieu der „Deutschen Burschenschaft“ stammt. Die Liste solch tiefbrauner Kandidaten ließe sich durchaus noch fortsetzen,, weshalb Antifaschist*innen gerade in Bezug auf die AfD auch das Hinterland insbesondere im Hamburger Speckgürtel im Blick behalten sollten.

Einen weiterer Fokus verdient darüber hinaus der AfD-Jugendverband „Junge Alternative“, der in der überalterten Partei eine zwar kleine, aber vergleichsweise jugendliche Enklave darstellt. Die Landes-“JA“ gibt sich offen neofaschistisch und hat zuletzt wiederholt interne Veranstaltungen in der AfD-Landesgeschäftsstelle im Walkerdamm in Kiel durchgeführt. Einer ihrer Referenten war der aus der „Identitären Bewegung“ stammende Andreas Karsten von Dietmar Muniers Nazi-Postille „Zuerst!“.

Der Sonderfall NMS und die NPD-Tarnliste „Heimat Neumünster“

In Neumünster beschreitet das rechte Lager weiterhin einen Sonderweg. Hier hat es die neonazistische NPD entgegen des bundes- und landesweiten Trends in den letzten Jahren geschafft, ihre letzten verbliebenen Kräfte zu bündeln. Sie konserviert sich insbesondere in der Person Mark Proch, der dort seit 2013 in der Ratsversammlung sitzt und mittlerweile das Amt des Landesvorsitzenden bekleidet. Bei den letzten Kommunalwahlen im Jahr 2018 konnte die NPD die Anzahl ihrer Abgeordneten in Neumünster sogar auf zwei erhöhen, als sie immerhin 4% der Wähler*innenstimmen auf sich vereinigte. Horst Micheel, viele Jahre Wirt des berüchtigten und mittlerweile endgültig beerdigten Nazi-Treffpunkts „Titanic“ in der Neumünsteraner Innenstadt, leistete Proch seitdem Gesellschaft.

Die NPD konnte in Neumünster vor allem deshalb überleben, weil hier mittlerweile seit Jahrzehnten ein Geflecht aus rechtsoffenen bis offen rechten Kneipen, Tattoostudios, Sportvereinen und anderen Lifestyleeinrichtungen existiert, das noch auf die Hochzeiten der organisierten Neonazi-Szene um die Jahrtausendwende zurückzuführen ist. Proch entstammt in jeder Hinsicht authentisch dieser rechten Alltagskultur und kann auf ein entsprechendes Umfeld zurückgreifen. Auf gelegentlichen Kundgebungen und Kleinaufmärschen in Neumünster versammelt sich zudem der insgesamt traurige verbliebene Rest des Neonazimilieus in Schleswig-Holstein. Für eine erdrückende und gefährliche Straßendominanz wie vor zwanzig Jahren reicht das zwar glücklicherweise schon lange nicht mehr, für das Weiterköcheln der NPD auf Sparflamme und eine kontinuierliche Anwesenheit in der Lokalpolitik allerdings schon. Dass die Gegebenheiten in Neumünster auch für die bundesweite Naziszene noch immer eine anziehende Relevanz haben, stellte unlängst das polizeilich abgebrochene, prominent besetzte Rechtsrockkonzert von Nazikader Thorsten Heise mit knapp 400 Besucher*innen in der Kleingartenkolonie „Heinrich Förster“ am 04. März 2023 unter Beweis.

Dass Proch davon auch zukünftig nicht ablassen will, zeichnet sich bereits weit im Vorfeld der Kommunalwahlen ab. Als umbenannte Tarnliste „Heimat Neumünster“, die nicht zufällig dem in der Bundes-NPD gescheiterten Versuch der Umstrukturierung unter neuem Namen folgt, stellte die Neumünsteraner NPD bereits Ende 2022 frühzeitig die Weichen für den anstehenden Wahlkampf. Dieser Erneuerungsversuch spiegelt sich auch in der Personalie Karin Mundt aus Rendsburg wider, langjährige Nazi-Bardin und seit Kurzem Beisitzerin im NPD-Landes- und Bundesvorstand. Sie spielt gemeinsam mit Proch längst eine Führungsrolle bei den NPD-Umtrieben in Neumünster und trat zuletzt u.a. als Anmelderin ihrer Aktionen auf. Es steht zu befürchten, dass Proch und Mundt mit ihrer Heimatliste versuchen werden, einen offensiven Straßenwahlkampf zu führen. Antifaschist*innen sollten sich deshalb schon jetzt auf die eine oder andere kleinere, möglicherweise auch etwas größere, Naziveranstaltung in Neumünster vorbereiten.

Die Rechten sind keine Lösung für Brutalisierung und Krise!

Die Programmatiken von AfD und NPD unterscheiden sich nicht grundlegend, wenngleich es offenkundig Abweichungen in Form und Schwerpunktsetzungen gibt. Im Kern bleibt es jedoch wie immer dieselbe rassistische, nationalistische und chauvinistische Leier: Die Begründungen von vermeintlichen oder tatsächlichen Missständen werden rassistisch und antisemitisch verklärt, als Lösung die Überprivilegierung von weißen, christlich geprägten deutschen Männern angeboten. Systemische und strukturelle Ursachen von gesellschaftlicher Brutalisierung, Verunsicherung und Dauerkrise werden nicht in den Herrschaftsverhältnissen der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft und ihrer Logik von Ausbeutung und Konkurrenz verortet, sondern ohnehin marginalisierten Gruppen zugeschoben. Als Antwort auf die gegenwärtige Gesellschaftsordnung, die eine große Mehrheit zunehmend mit Armut und Gewalt bedroht, tagtäglich entwürdigt, gegeneinander ausspielt und die natürlichen Grundlagen jedweder Existenz auf diesem Planeten zerstört, wird nicht der vereinte Kampf für Solidarität und Gleichheit, sondern das immer weiter nach unten treten beschworen. Hetze gegen Migrant*innen, Geflüchtete und andere als „undeutsch“ Markierte schwingt in nahezu sämtlichen Forderungen mit.

Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass die rechten Agitator*innen auch nicht davor zurückschrecken, ihre rassistische Hetze auf den Leichen der zwei jungen Menschen zu kultivieren, die am 25. Januar 2023 bei Brokstedt grausam ermordet wurden, und mit besonders perfider Masche nach Wählerstimmen zu fischen. Ihre Doppelmoral ist allein dadurch offensichtlich, dass brutale Gewaltakte und dahinter stehende Strukturen weder der hiesigen AfD, noch der NPD fern sind. Wir erinnern diesbezüglich nur beispielhaft an die lebensgefährliche Auto-Attacke des AfD-Sympathisanten Melvin Schwede auf Antifaschist*innen im Oktober 2020 am Bürgerhaus Henstedt-Ulzburg oder das Konzert mit der Band Oidoxie aus der rechtsterroristischen „Combat 18“-Szene im Februar 2020 in NPD-Ratsherr Micheels „Titanic“.

Die Rechten versprechen Sicherheit und Gerechtigkeit, stärken aber bestehende Machtverhältnisse und tragen führend dazu bei, dass diese Gesellschaft immer weiter im genauen Gegenteil versinkt. Diese Lüge aufzudecken und zu unterbinden wird auch im bevorstehenden Wahlkampf unser Auftrag als Antifaschist*innen sein. Nehmen wir den Rechten, ob AfD oder Tarn-NPD, Plätze, Straßen und Räume, sorgen wir für möglichst viele faschistische Wahlschlappen auch bei den Kommunalwahlen im Mai und stellen ihr als unsere Alternative den solidarischen Kampf gegen jede Form der Ausbeutung und Unterdrückung entgegen.

Dranbleiben, Antifa – faschistische Wahlkämpfe verhindern!

Die Rechten sind keine Lösung – zusammen Kämpfen für eine solidarische Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung!

Kampagne AfD in die Schranken weisen, Kampagne Den rechten Wahlkampf durchleuchten | März 2023

noafdsh.noblogs.org