Kieler „Gelbwesten“ suchen Schulterschluss mit der AfD

Die selbsternannten Kieler „Gelbwesten“ suchten bei ihrem wöchentlichen Samstagsspaziergang am 18.02.2023 erstmals den offenen Schulterschluss mit der faschistischen AfD. Die üblichen 25 Gestalten, die sich am Nachmittag auf dem Exerzierplatz versammelten und anschließend durch die Innenstadt zogen, wurden diesmal vom schleswig-holsteinischen AfD-Bundestagsmitglied Gereon Bollmann sowie seiner innerparteilich umstrittenenen Parteikollegin Karin Kaiser aus Heikendorf angeführt. Letztere stellte auch das Fahrzeug ihrer Steuerberatungsfirma als Lautsprecherwagen zur Verfügung, an dem ein Werbebanner für Bollmann befestigt war.

Bollmann gilt als Gegner von Impfungen und Gesundheitsschutzmaßnahmen als parlamentarisches Bindeglied zwischen „Querdenken“-Milieu und AfD und blieb während der etwa zweistündigen Kleinstdemo der Hauptredner. Thematisch stand gestern eine deutsch-nationalistisch aufgeladene Bezugnahme auf den Krieg in der Ukraine im Vordergrund, die ein Einstehen für den Frieden suggerieren sollte.

Wiederholt versammelten sich nach Bekanntwerden der Beteiligung von AfDler*innen an dem „Gelbwesten“-Ritual kleinere Gruppen antifaschistischer Gegendemonstrant*innen am Rande des Geschehens, die jedoch schon am Auftaktort von der nervös und niedrigschwellig agierenden Polizei weiträumig auf Abstand gedrängt wurden. Im weiteren Verlauf wurden weitere Antifas an der Route in der Innenstadt eingekesselt und mit Platzverweisen belegt. Der Marsch endete wiederum auf dem Exerzierplatz.

Seit Monaten stellen die „Gelbwesten“, die in Kiel als letzter notorischer Überrest der „Querdenken“-Proteste gegen die Corona-Maßnahmen agieren, ihre Mischung aus handzahmem Sozialprotest, bürgerlicher Mittelstandsideologie und Verschwörungsmärchen mehrmals pro Woche mit Mini-Aktionen zur Schau. Diese waren, wie sämtliche Aktivitäten dieses Spektrums, zwar auch betont rechtsoffen, die gestern erfolgte offene und führende Beteiligung von rechten Kräften stellt jedoch eine Neuerung da. Die bisher durchaus berechtigte weitestgehende Missachtung der obskuren Umzüge durch Antifaschist*innen muss daher überdacht werden.