Prozesserklärung / Amtsgericht HH-St. Georg // 26.7.13

Prozesserklärung zum Prozess gegen einen Kieler Antifaschisten am 26.7.13 in Hamburg anlässlich des Naziaufmarsch in Hamburg am 2. Juni 2012

Ich bin heute angeklagt, weil mir auf Grundlage der Aussagen dreier Polizisten vorgeworfen wird, am Abend des Aufmarsches von etwa 600 Neonazis am 2. Juni 2012 in Hamburg-Wandsbek am Hamburger Hauptbahnhof einen dieser Polizisten mit einer abenteuerlichen Schlag-Knie-Kombination angegriffen und verletzt zu haben und mich bei der anschließenden Festnahme zur Wehr gesetzt zu haben. Vorausgegangen sei meinem angeblichen Angriff der Versuch seiner Polizeieinheit, mich und andere als Antifaschist_innen ausgemachte Personen durch Umzingelung davon abzuhalten, in das Bahnhofsgebäude zu gelangen, das etwa zeitgleich von abreisenden Neonazis passiert worden sein soll.

Wir werden im Laufe des Prozesses voraussichtlich noch Polizei-eigene Videoaufzeichnungen von der Abführung meiner Person zu Gesicht bekommen, die nicht zufällig erst nach den vermeintlichen Handlungen, die mir vorgeworfen werden, einsetzen, aber trotzdem eine andere Version des Geschehens als naheliegender erscheinen lassen: Da physischer Widerstand ohne übernatürliche Kräfte nahezu eine Sache der Unmöglichkeit ist, wenn drei gepanzerte Personen ihre volle Körperkraft einsetzen, um eine ungepanzerte Person auf dem Boden zu fixieren, wird es wohl auch keinen entsprechenden Widerstand gegeben haben. Und wenn der angebliche Täter, also ich, mit blutiger Nase über den Bahnhofvorplatz und vorsätzlich gegen eine Schiebetür geschubst wird, drängt sich der Verdacht auf, dass irgendeine Art von Schlagkombination wohl kurz zuvor eine Körperverletzung hervorgerufen hat, Empfänger und Absender in den der Anklage zu Grunde liegenden Aussagen aber offensichtlich vertauscht wurden. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass ich anschließend während einer Odyssee durch verschiedene Polizeiwachen, Gefangenenzellen und Amtszimmer noch etwa fünf Stunden meiner Freiheit beraubt wurde.

Nun könnte ich empört feststellen: „Mir ist hier ganz offensichtliches Unrecht widerfahren, dies ist ein Skandal!“ Und diesen gelte es nun mit der Kundtat meines Wissens über die tatsächliche Vorgänge am frühen Abend des 2.6., Tatort Hauptbahnhof, aufzudecken, um vor dem unabhängigen Gericht seine Richtigstellung zu erwirken. Dies ist aber nicht die vordergründige Motivation, die mich veranlasst hat, Widerspruch gegen den für Gericht und Staatsanwaltschaft äußerst komfortablen, weil arbeitssparenden und im nicht-öffentlichen Raum zum Ziel führenden, Strafbefehl einzulegen, den ich vor ein paar Monaten erhalten habe. Denn dagegen, mir als linker Antifaschist, der hier auch nicht vor hat, seine politischen Überzeugungen und damit auch nicht die selbstredende Teilnahme an den Gegenaktivitäten zum Naziaufmarsch am 2.6. zu leugnen, vor Gericht realistische Chancen auszumalen, sprechen durch zahllose Fälle unterfütterte Erfahrungswerte. Diese veranlassen mich im Gegenteil leider dazu, anzunehmen, dass bürgerliche Gerichte spätestens bei der heutigen Konstellation – unbelehrbarer linker Trotzkopf vs. drei im Verprügeln von Demonstrant_innen und seinem juristischen Nachspiel wohl erfahrene Angehörige einer kasernierten Truppe Bereitschaftspolizist_innen – schnell mal seine vorgebliche Unabhängigkeit verliert und Judikative und Exekutive eine letztlich kaum verwunderliche Interessengleichheit bei der Wahrung ihrer Sicherheit und Ordnung beweisen. Eine Aussage meinerseits würde somit kaum mehr als den Zweck erfüllen, als den Schein einer unvoreingenommen und jenseits politischer Interessen urteilenden Gerichtsbarkeit zu wahren, um am Ende trotzdem der Einheitsaussage des von Beruf aus glaubwürdigen polizeilichen Gegenübers zu unterliegen.
Ein Fünkchen Hoffnung, hier heute vielleicht trotzdem noch meinen Kopf ein Stück weit aus der Schlinge zu winden, setze ich wenn überhaupt darin, dass die drei Brandenburger Kollegen, die uns später noch im Gerichtssaal beehren werden, dann vielleicht doch nicht so routiniert sind, wie bei der am 2.6. unter Beweis gestellten in Perfektion praktizierten Disziplin des Aufmischens von Demonstrant_innen. Für einen Genossen hat dieser eher die Regel bestätigende Ausnahmefall ebenfalls im Zusammenhang mit dem 2.6.2012 im Februar ja immerhin überraschenderweise einen vorläufigen Freispruch bedeutet.

Aber was verspreche ich mir stattdessen davon, wenn ich mich im Vorfeld des Prozesses für die Anklagebank entschieden habe, obwohl dies wohl einer der letzten Orte ist, an dem man für Gewöhnlich gerne Platz nimmt? Nun, ich bin es leid, dass das Gelaber von der zunehmenden Gewalt gegen Polizist_innen, dass auch im Nachklang des 2.6. mal wieder, z.B. unter erheblicher Beihilfe der rechtspopulistischen „Deutschen Polizeigewerkschaft“, durch die Mainstream-Medien geisterte, unwidersprochen hinzunehmen. Insbesondere dann, wenn auch meine zu erwartende Verurteilung u.a. den Zweck hat, Zahlen herbeizuführen, die dieses Märchen dann statistisch belegen sollen. Dass die Aussagekraft solcher Beweisführungen über tatsächliche Verhältnisse dann auch tatsächlich der eines Märchens gleichkommt, bezeugen u.a. die heute zu verhandelnden Geschehnisse: Polizeiübergriffe, wie sie ganz alltäglich alle möglichen Menschen erleiden müssen, die sich den nicht selten auch willkürlichen Spielregeln der selbstherrlichen Hüter_innen der bürgerlichen Ordnung nicht fügen wollen – z.B. aus politischen Gründen oder weil sie lieber ihren eigenen, viel besseren Regeln vertrauen – oder dies gar nicht können – etwa weil ihnen das hierzu nötige Kleingeld oder das richtige Ausweisdokument fehlt – gehen nicht als solche in die öffentliche Wahrnehmung ein. Im Gegenteil: Ist dem Kollegen bei einem Einsatz mal wieder Faust oder Knüppel über das gesetzlich gebilligte Maß hinaus ausgerutscht, etwa weil das Feindbild passte oder ihm nicht die gewünschte Unterwerfung entgegengebracht wurde, ist die Anzeige mit umgekehrten Vorzeichen schnell geschrieben, die Aussage abgestimmt, die herzzerreißende Pressemitteilung über die Polizei als Opfer inkl. Forderung nach „drastischen Strafen durch die Justiz“ und keinen „Kuschelskurs mit Antifaschisten“ in Umlauf gebracht und das Urteil damit bereits weitestgehend festgeschrieben. Und – voilà : Obwohl die Straße ein anderes Lied zu singen weiß, nimmt in den Parlamenten, den Medien, an den Stammtischen und wahrscheinlich sogar in der polizeilichen Selbstwahrnehmung nun nicht mehr Polizeigewalt, sondern Gewalt gegen Polizist_innen zu.

Aber auch eine andere Funktion eint bürgerliches Märchen und Propaganda à la DPolG und Verbündete: Beide arbeiten bewusst mit Unwahrheiten, die gezielt verbreitet und so penetrant wiederholt werden, dass selbst der nüchterne Verweis auf das überdeutliche Verhältnis von 450 während des Polizeieinsatzes am 2.6. verletzten Antifaschist_innen gegenüber 19 angeblich verletzten Beamten nicht mehr gegen deren Horrorszenario eines „in Schutt und Asche gelegten Stadtteils Wandsbek“ anzukommen weiß. Aber es ist nicht nur der polizeiliche Eigennutz nach belieben die Sau raus lassen zu dürfen, der dahinter steht, sondern es geht vielmehr noch auch um eine übergeordnete gesellschaftliche Zielsetzung. Das Zerrbild des zunehmend geschundenen Opfers Polizeibeamte_r und die Lüge von dem Ansteigen von Kriminalität und Gewalt sind die propagandistische Vorbereitung dafür, ohne breiten gesellschaftlichen Widerspruch auf gesetzgebender Ebene das Feld der polizeilichen Befugnisse immer mehr auszuweiten, das Strafmaß zu erhöhen sowie Grundrechte einzuschränken und auszuhöhlen. Ziel solcher Maßnahmen ist es natürlich nicht, das Leben der Menschen sicherer zu gestalten, wie dann suggeriert wird, sondern einen staatlichen Kontroll- und Repressionsapparat zu installieren, der die herrschende Ordnung selbst dann in der Lage ist aufrecht zu erhalten, wenn das soziale Konfliktpotenzial der gleichzeitigen Verarmungs- und Verunsicherungspolitik als Prävention und autoritäre Antwort auf die andauernde kapitalistische Weltwirtschaftskrise sich auch hier im Land der Profiteure einmal, in welcher Form auch immer, droht aufzubrechen, wie es – im Vergleich vielleicht etwas hinkend – anderswo längst der Fall ist.

Und an diesem Punkt lohnt es sich dann auch mal, kurz von der moralisierenden zur nüchternen Perspektive überzugehen: Denn solange es den beruflichen Tätigkeiten des_der Polizist_in inbegriffen ist, der Gesetzeslage entsprechend Wohnungslose von öffentlichen Plätzen zu vertreiben, rassistische Kontrollen durchzuführen, Abschiebungen zu vollziehen, Mieter_innen aus ihren Wohnungen zu räumen, Ladendiebe festzunehmen, von Zeit zu Zeit mal einen x-beliebigen Störenfried aus nichtigen Gründen zu erschießen oder eben Nazi-Demos durchzusetzen, kurzum: eine Ordnung zu hüten, die linke Aktivist_innen gemeinhin als menschenfeindlich ablehnen, herrscht zwischen diesen und der Polizei ein Interessengegensatz, den selbst die noch so ernst gemeinteste Deeskalationstrategie nicht in der Lage wäre, zu versöhnen. Folglich ist es kaum vermeidbar, dass linke Aktivist_innen und die Polizei von Zeit zu Zeit aneinandergeraten. Am heute zu verhandelnden Tag sind tausende Antifaschist_innen mit dem Ziel auf Hamburgs Straßen unterwegs gewesen, den Naziaufmarsch nach Möglichkeit zu verhindern. 4500 Polizist_innen wiederum waren damit beauftragt, ihn mit allen Mitteln möglich zu machen. Dieser Antagonismus wurde an diesem Tag in unzähligen Fällen physisch, in übergroßer Mehrheit zu Ungunsten der Meinigen.
Doch solange deutsche Neonazis in unfassbarer Regelmäßigkeit Menschen ermorden können, wie erst am Mittwoch letzter Woche wieder im bayrischen Kaufbeuren geschehen, als das Pack auf einem Volksfest einen 34-jährigen aus Kasachstan stammenden Mann aus rassistischen Gründen totprügelte und danach für ein Gros der örtlichen Bevölkerung die entscheidende Sorge gewesen zu sein scheint, dass es die Fortsetzung seiner Festwoche gefährdet sah, weiß ich, dass meine Wut und mein Verantwortungsbewusstsein, dabei nicht tatenlos zuzusehen, gegenüber der Angst vor drohender Gefährdung meiner körperlichen Unversehrtheit und staatlicher Bestrafung obsiegen wird und auf welcher Seite ich auch das nächste Mal stehen werde, wenn die Polizei den Mördern den Weg bahnt und ihnen die Möglichkeit gibt, das ideologische Hintergrundgebrüll zu dem allein seit 1990 mindestens 184-fachen neonazistischen Töten in der BRD auf die Straße zu tragen.

Mein Dank gebührt den Genoss_innen, die mich hier heute im Gerichtssaal unterstützen und allen Menschen, die trotz Polizeigewalt und Repression weiter für ein soziales Miteinander aller in grenzenloser Gleichheit, Freiheit und Solidarität aufbegehren. Insbesondere möchte ich aus aktuellem Anlass denjenigen Anwohner_innen meine Hochachtung aussprechen, die in den vergangenen Wochen eindrucksvollen Widerstand gegen rassistische Polizeischikanen in Altona geleistet haben. Damit möchte ich schließen und habe ansonsten keine weiteren Worte zu der nun folgenden tragisch-komischen Vorstellung zu verlieren.

HH: Am Freitag Prozess gegen Kieler Genossen

Am 2. Juni 2012 wurde in Hamburg-Wandsbek ein Neonaziaufmarsch unter dem Motto „Tag der deutschen Zukunft“ von viereinhalbtausend Polizist_innen trotz eines vehementen Widerstandes von bis zu 10.000 Antifaschist_innen durchgesetzt. Blockaden der Aufmarschroute der Neonazis von mehreren tausend antifaschistischen Aktivist_innen, zu welchen das Hamburger Bündnis gegen Rechts (HbgR) sowie das autonome-antifaschistische Bündnis “Keine Zukunft für Nazis” aufgerufen hatten, wurden von der Polizei mit all ihr zur Verfügung stehenden Mitteln angegriffen um dem rechten Auflauf eine möglichst störungsfreie Demonstration zu ermöglichen. Über sechshundert Antifaschist_innen wurden zu diesem Zwecke über mehrere Stunden in einem Polizeikessel ohne Zugang zu medizinischer Versorgung, Wasser oder Toiletten festgehalten. Im gesamten Tagesverlauf verletze die Polizei zielgerichtet zahlreiche Demonstrant_innen. Das Versammlungsrecht für Antifaschist_innen wurde am 2. Juni faktisch polizeilich unterbunden – hingegen der Neonaziaufmarsch mit aller Gewalt durchgeprügelt.

Knapp ein Jahr nach den Ereignissen des 2. Juni 2012 erhielt ein Kieler Antifaschist von der Hamburger Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl. Er soll am frühen Abend des 2. Juni am Hamburger Hauptbahnhof einen Polizeibeamten attackiert und leicht verletzt haben. Anders als in dieser auf der Darstellung der beteiligten Polizisten beruhenden Behauptung, war es der nun Angeklagte, der bei diesem Ereignis von Bundespolizisten niedergeschlagen sowie verletzt und anschließend festgenommen wurde.
Der Angeklagte wird den Stafbefehl nicht akzeptieren, nicht einfach zahlen. Es wurde Widerspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, am Freitag den 26.07.13 um 9.00 Uhr findet die Hauptverhandlung am Hamburger Amtsgericht St. Georg statt. Anlässlich dieser kündigen antifaschistische und Antirepressions-Gruppen einen Solidaritätsspaziergang zum Gericht an, der um 8 Uhr auf dem Hachmannplatz am Hamburger Hauptbahnhof beginnen wird und rufen zur kritischen Begleitung des Prozesses auf.
Die Intention hinter der Führung des Prozesses ist es, nach Ereignissen wie dem Polizeieinsatz am 2. Juni 2012 in Hamburg populistische Auswürfe wie z.B. die der DpolG (Deutschen Polizeigewerkschaft) Hamburg, die noch am selben Tag in einer Pressemitteilung für drastische Strafen durch die Justiz plädiert und keinen Kuschelkurs mit Antifaschisten einforderte, nachdem sie vorher von einem von randalierenden Antifaschisten verwüstetem, gar in Schutt und Asche gelegtem Standteil Wandsbek halluziniert und dem besonnenen [!] Einschreiten der Polizei dankt, nicht unwidersprochen im Raum stehen zu lassen.
Die Entscheidung, den Strafbefehl nicht zu akzeptieren bedeutet in erster Linie, den entsprechenden Instanzen, also der Gerichtsbarkeit, etwas mehr Mühe abzuverlangen, wenn sie Antifaschist_innen verurteilen möchten, und sich in einer Hauptverhandlung als politische Justiz zu positionieren. Gleichwohl ist diesem Entschluss übergeordnet der Wille, den Kampf um die Deutungshoheit der Geschehnisse am 2. Juni 2012 in Hamburg zu führen.

Der 2. Juni in Hamburg: Aktueller Stand & Anreise aus Kiel

Eine Woche vor dem 2. Juni 2012, an dem Neonazis aus ganz Norddeutschland und darüber hinaus zum mittlerweile vierten Mal einen rassistischen und völkisch-nationalistischen „Tag der Deutschen Zukunft“ begehen wollen, schärft sich in Hamburg das Bild von den Rahmenbedingungen für die antifaschistischen Gegenaktivitäten. Nachdem die von dem Hamburger NPDler Thorsten Schuster angemeldeten Routen der Nazidemo in der Innenstadt bzw. Altona zunächst behördlich verboten wurdenn und nur eine stationäre Kundgebung in Wandsbek genehmigt worden war, hob das Verwaltungsgericht diese Verfügung vergangene Woche wieder auf und gestattete hier auch eine vier Kilometer lange Aufmarschroute.
Daraus folgt, dass sich die Neonazis ab 12 Uhr an der Kreuzung Pappelallee/Hammer Strasse/Bärenallee versammeln, dort ihre Auftaktkundgebung abhalten und anschließend durch Wandsbek marschieren wollen. Das planmäßige Ende dessen soll gegen 17:30 Uhr wiederum am Ausgangspunkt sein.
Hiergegen moblisieren Hamburger Antifaschist_innen zu zahlreichen und vielseitigen Gegenaktivitäten. Neben einer zentralen Demonstration des Hamburger Bündnis gegen Rechts (HBgR) in der Innenstadt, die um 9:30 Uhr auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz beginnen wird, sind zeitgleich beginnende Massenblockaden und weitere Antifa-Aktionen im Wandsbeker Aufmarschgebiet der Neonazis angekündigt. Ein bereits feststehender Treffpunkt hierfür ist eine Kundgebung des HBgR von 9 Uhr bis 11.30 Uhr in der Pappelallee/Bärenallee. Weitere Zeiten und Treffpunkte werden in Kürze veröffentlicht.

Auch aus Kiel werden Antifaschist_innen nach Hamburg anreisen, um sich an den Aktionen gegen den „Tag der Deutschen Zukunft“ zu beteiligen: Der Treffpunkt für die gemeinsame Bahn-Anreise ist um 8 Uhr im Kieler Hauptbahnhof. Ziel ist die um 10 Uhr beginnende Kundgebung autonomer und antifaschistischer Gruppen aus Hamburg in unmittelbarer Nähe der Naziroute, deren genauer Ort in den kommenden Tagen bekannt gegeben werden wird.
Aktuelle Infos:
Autonome/antifaschistische Gruppen HH | www.antifainfo.de | HBgR | www.antifa-kiel.org

Keine Zukunft für Nazis und ihre Propaganda

Unter dem Motto „Tag der deutschen Zukunft“ wollen Neonazis am 5. Juni 2010 in Hildesheim einen Aufmarsch durchführen und ihr rassistisches und nationalistisches Gedankengut auf die Straße tragen. In den letzten Tagen haben Neonazis in Kiel vermehrt Aufkleber und Plakate für diesen Naziaufmarsch verklebt.

Unter demselben Motto fand schon am 6. Juni 2009 in Pinneberg ein Aufmarsch statt. Mit dem geplanten Aufmarsch in Hildesheim soll daran angeknüpft und versucht werden, einen weiteren jährlichen Naziaufmarsch in Norddeutschland zu etablieren. Schon im letzten Jahr haben die Nazis angekündigt, ihren „Tag der deutschen Zukunft“ jährlich in einem anderen norddeutschen Bundesland durchzuführen. Nach Schleswig-Holstein ist nun Niedersachsen an der Reihe. AntifaschistInnen in Niedersachsen mobilisieren unter dem Motto „Keine Zukunft für Nazis! Den Naziaufmarsch in Hildesheim verhindern!“ gegen den Aufmarsch, außerdem gibt es ein Bündnis, welches zu Massenblockaden gegen den Naziaufmarsch aufruft.

 

Zu diesem Naziaufmarsch fand bereits am 23.4.10 eine Infoveranstaltung in Kiel mit dem Anmelder des Aufmarsches, dem langjährigen Naziaktivisten Dieter Riefling, statt. An dieser Veranstaltung nahmen ca. 50 Nazis aus ganz Schleswig-Holstein teil.

 

Die Plakate und Aufkleber sind vor allem im Kieler Norden in den Stadtteilen Wik und Holtenau und in den Stadtteilen Hassee/Russee aufgetaucht, ihre Lebensdauer ist allerdings offensichtlich begrenzt, da viele schon wieder abgekratzt wurden. Außerdem berichten AnwohnerInnen in diesen Stadtteilen immer wieder von faschistischen Schmiereien in Form von Hakenkreuzen und „Anti-Antifa“ Parolen an den Wänden.

 

lets fetz

 

Nazi-Veranstaltung im Eckmann-Speicher

(Update 26.4.) Am Abend des 23. April 2010 fand im „Eckmann-Speicher“ am Kieler Hauptbahnhof eine Neonazi-Veranstaltung zum so genannten „Tag der deutschen Zukunft“ statt, an der zwischen 30 und 50 Neonazis aus Schleswig-Holstein und darüber hinaus teilnahmen. Der „Tag der deutschen Zukunft“ ist eine relativ neue Kampagne von Neonazis aus Norddeutschland, in deren Rahmen letztes Jahr erstmals in Pinneberg aufmarschiert wurde. Dieses Jahr soll der dazugehörige Naziaufmarsch in Hildesheim stattfinden.

Bereits am späten Nachmittag registrierten Kieler Antifaschist_innen Gruppen von Neonazis, die sich in der Innenstadt bewegten und zeitweise Flyer verteilten. Um kurz vor 18 Uhr sammelten sich ca. 20 Neonazis, die optisch allen gängigen Nazispektren und verschiedenen Altersklassen zuzuordnen waren, auf dem Exerzierplatz. Dieser Treffpunkt fungierte als Schleusungspunkt, von dem aus diese zum „Eckmann-Speicher“ weitergeleitet wurden, einem kleinen mietbaren Veranstaltungsort direkt an der Kieler Hörn in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof. Zwischenzeitig mussten die Nazis den Exerzierplatz mit quietschenden Reifen räumen, nachdem dort einige Antifaschist_innen erschienen waren.

Bis 20 Uhr sammelten sich zwischen 30 und 40 Neonazis im und an der Wasserseite vorm „Eckmann-Speicher“. Diese reisten aus ganz Schleswig-Holstein und darüber hinaus an. Neben bekannten Kielern wie dem „AG Kiel“-Nazi Daniel Gericke, waren Neonazis aus Nordfriesland, Lüneburg, Kreis Plön, Kreis Rendsburg-Eckernförde und Neumünster vor Ort.

Die Veranstaltung war eine Infoveranstaltung zum Naziaufmarsch am 05.06.2010 in Hildesheim. Dort wollen Nazis unter dem rassistischen Motto „Tag der deutschen Zukunft, unser Signal gegen Überfremdung“ aufmarschieren. Letztes Jahr fand dieser Naziaufmarsch in Pinneberg statt. Nach außen hin war das Szenario für Unwissende auf den ersten Blick schwer als Nazi-Veranstaltung zu erkennen, zumal das Gebäude ob seiner weiträumigen Umzäunung und kleinen Fenster relativ schwer einsehbar ist und sich nur selten größere Gruppen von Nazis vor dem Gebäude aufhielten. Ab 0.30 Uhr begann sich die Veranstaltung aufzulösen, gegen ca. 2 Uhr verließen die letzten Nazis und ihre Autos den Ort des Geschehens. Weitere Nazi-Aktivitäten im Umfeld der Veranstaltung sind derzeit nicht bekannt.
Als Redner auf der Veranstaltung traten NPD-Ratsherr Gutsche, „AG Kiel“-Kader Daniel Zöllner und der NPD-Landesvorsitzende Jens Lütke auf. Hauptredner war der bekannte niedersächsiche Nazi Dieter Riefling. Riefling ist ehemaliger Kader der verbotenen Organisation FAP und tritt bundesweit als Redner bei rechten Aufmärschen und Kundgebungen auf.

Unerfreulicherweise konnte die Nazi-Veranstaltung weitestgehend störungsfrei stattfinden, auch wenn durchgehend einige kleinere Gruppen Antifaschist_innen die Veranstaltung im Auge hatten. Größere Aktionen blieben jedoch aus. Den ganzen Abend über war eine recht große Dichte an Polizeistreifen und Zivis im Innenstadtbereich zu beobachten, es kam auch zu Personalienkontrollen. Zudem waren auch polizeiliche Kampfeinheiten einsatzbereit vor Ort.

Wieder einmal hat sich gezeigt, dass NPD und so genannte „autonome Nationalisten“ eng zusammenarbeiten. Dass ein paar Dutzend Neonazis mitten in Kiel eine weitestgehend störungsfreie Veranstaltung durchführen konnten, ist selbstredend nicht hinnehmbar, auch wenn die Nazis im Internet alleine diese Tatsache schon als „vollen Erfolg“ bezeichnen. Um einer Wiederholung eines solchen Ereignisses vorzubeugen, werden wieder entsprechend verstärkte antifaschistische Maßnahmen von Nöten sein.

Datei:DieterRiefling.jpg

 

Dieter Riefling