Wir dokumentieren das Flugblatt „einiger Gaardener AnwohnerInnen zu  einer tendenziösen Berichterstattung und einem unmöglichen Demoaufruf“.  Zum weiteren Verständnis ist der entsprechenden Artikel der KN hier zu finden.
 Einige Gaardener AnwohnerInnen zu einer tendenziösen Berichterstattung und einem unmöglichen Demoaufruf
 Auf offener Straße, am helllichten Tag, wurde am 7.Januar 2011 ein junger Mann im Kieler Stadtteil Gaarden ermordet.
 Eine unfassbare Bluttat – wie auch jene im April 2010, als in Suchsdorf  eine junge Frau von einem verschmähten Liebhaber erschlagen wurde; oder  der Raubmord im Februar 2009 am Südfriedhof an einem 84 jährigen  Kioskbesitzer; nicht minder schockierend war es, als im September 2006  am Exerzierplatz ein Mann im Streit zustach und seinen Kontrahenten  tötete – oder als im Januar 2006 eine Studentin von ihrem eigenen Bruder in Diedrichsdorf erschlagen wurde. Mord in Kiel? Dies ist nur eine  kleine blutige Auswahl einer Vielzahl solcher und ähnlicher Gewaltakte  in dieser Stadt. Doch etwas ist diesmal anders: Anstatt, wie sonst  immer, kurz betroffen zu schlucken und dann die KN eine Seite weiter zu  blättern, um den gewalttätigen Alltag dieser Gesellschaft schnell wieder ausblenden zu können, wird diesmal demonstriert. Doch demonstriert wird nicht etwa im Gedenken an den Ermordeten; noch nicht einmal abstrakt  „Gegen Gewalt“ wird sich artikuliert. Nein – die Demonstrierenden wenden sich „gegen den Bandenterror“, der, wie der Aufruf nahelegt, ursächlich für den jüngsten Mord in Gaarden sei.
 Reden wir Tacheles
 Wie den InitiatorInnen der Demo bekannt sein dürfte, handelt es sich bei der besagten Tat allen Anzeichen nach um das, was üblicherweise als  „Eifersuchtsdrama“ bezeichnet wird – so lange Opfer und Täter „Deutsch“  sind. Doch schon ein x-Generationen alter Migrationshintergrund kann  dieser Tatbeschreibung einen neuen Terminus bescheren: Mit den  reißerischen Bezeichnungen“Ehrenmord“, „Bandenkrieg“, „Blutrache“ werden die immer gleichen Assoziationen von den gewalttätigen Fremden in  deutschen Armenvierteln geweckt. Die „Thematisierung in Presse und  Politik“, wie sie im Aufruf zur Demo gefordert wird – eine Forderung,  die angesichts des bundesweiten Medienechos mehr als überflüssig ist –  hat, wie unschwer vorauszusehen war, die immer gleiche Stoßrichtung: Das Gewalt nicht in oder gar durch „unsere“ deutsche Gesellschaft entstehe, sondern von außen komme. Genauso formulieren es denn auch die  VeranstalterInnen der Demo mit den Worten, solch eine Tat sei „in keiner Form zu rechtfertigen“ (welch Feststellung!) und habe „überhaupt keinen Platz in unserer Gesellschaft“. Gespickt mit Reizwörtern  („menschenverachtende veralterte Traditionen“, „Ehrenmord“), die aufs  Beste bürgerliche Ressentiments schüren, sind sich ausgerechnet der AStA der Uni Kiel, der Kreisverband der Partei „Die Linke“ und die Heinrich  Böll Stiftung nicht zu schade, im Stile eines Thilo Sarrazins mit  astreinem Populismus aufzuwarten.
 Infotainment in den Kieler Nachrichten
 Wann wurde jemals in den Medien eine so genannte „Familientragödie“ oder der Amoklauf eines/einer verzweifelten Deutschen auf spezifisch  deutsche kulturelle und gesellschaftliche Ursachen abgeklopft? Nein, in  solchen Fällen muss nicht die deutsche Kultur für eine Erklärung  herhalten, sondern eine vermeintlich krankhafte Persönlichkeit der  TäterInnen. Im Falle des Mordes in Gaarden aber ergehen sich die KN in  Hisbollah-Vergleichen und nötigen den Vorsitzenden der Arabischen  Gesellschaft in Kiel, zu dem Mord Stellung zu nehmen – als sei es  tatsächlich irgendwie naheliegend, sein Verein würde solch eine Tat  gutheißen. In diesem Verhältnis zwischen mahnender Stimme einerseits und Rechtfertigungszwang andererseits erscheint das Selbstbild der  deutschen Gesellschaft als eine aufgeklärte und überlegene Kultur, der  gegenüber eine rückständige Kultur von potentiellen TäterInnen steht. So ist es nicht erstaunlich, dass auf KN Online die Kommentare zum Artikel nur so strotzen vor Statements zu „Überfremdung“, Forderungen nach  Abschiebungen sowie polizeistaatlicher Härte und Überwachung in Gaarden. Hier offenbart sich, dass die deutsche Mehrheitsgesellschaft  MigrantInnen an sich nie als Teil „ihrer Gesellschaft“ akzeptieren wird, und jede Meldung über Gewalt dankbar als Beweis ihrer  unwiederbringliche Fremdartigkeit interpretiert.
 „Die Linke“ als Trittbrettfahrer
 Auch der Kieler Kreisverband „Die Linke“ scheint dem deutschen Mob geben zu wollen, wonach er verlangt, um weiterhin als relevante politische  Kraft mitmischen zu können. Häusliche Gewalt, patriarchale  Familienverhältnisse und soziale Aggression sind nun auch für diesen  Kreisverband keine unmittelbaren Ausdrücke der Brutalität deutscher  Verhältnisse, sondern „veraltete Traditionen“ ohne „Platz in unserer  Gesellschaft“, die gar ein „Verbrechen gegen die Demokratie und das  Grundgesetz“ darstellen. Angesichts der sozialen Entwicklung in der BRD  über die letzten Jahrzehnte sind diese Behauptungen kaum mehr als ein  schlechter Scherz.
 Die AStA-Bande
 Mehr als irritierend ist es, dass der sich aufgelöste AStA der Uni Kiel  zu der Demo aufruft, quasi als letzte Amtshandlung. Bisher  lokalpolitisch nur mit Aktionen gegen das Sparen „an der Zukunft  Schleswig-Holsteins“ in Erscheinung getreten, gefallen sich nun sozial  behütete Studierende mit Ambitionen auf eine politische Karriere darin,  die von ihnen so genannten „bildungsfernen Schichten“ einer Prüfung auf  Gesellschaftstauglichkeit zu unterziehen. Das Geld für die nächste „Born for Korn“, „BWL’er sucht Sprotte“ oder wie auch immer genannte  Studentenparty scheint gesichert, so dass sich an einem Samstagmittag  auch mal um das Frisieren des eigenen Lebenslaufes gekümmert werden  kann. Mehr Geld für Studierende und mehr Repression für MigrantInnen –  so scheint die politische Linie dieses Studierendengremiums zu lauten.  Die Studierenden stehen exemplarisch für eine vor allem auf dem Westufer anzutreffende Szene, die kein Problem mit Ein-Euro-ZwangsarbeiterInnen  hat, die z.B. den Campus reinigen müssen, oder den vielen  Geringverdienenden, die in der Gastronomie ausgebeutet werden, so lange  sie die damit einhergehenden sozialen Probleme nicht sehen müssen – der  Kieler Förde sei dank.
 Der Mord in Gaarden Anfang Januar hat uns als AnwohnerInnen schwer  erschüttert. Den Angehörigen des Opfers gilt unser tiefstes Mitgefühl.  Freunde von uns wurden AugenzeugInnen, und sie sind betroffen von dem,  was sie mit ansehen mussten.
 Doch wir werden uns nicht durch die scheinheiligen Debatten in Politik  und Medien in „Integrierte“ und „Integrationsunwillige“ spalten lassen.
 Solidarität gegen Gewalt und Vereinzelung, Ausgrenzung und Stigmatisierung, mediale Hetze und Kriminalisierung!
 Für einen antirassistischen und selbstbewussten Stadtteil Gaarden!
Antira Demo meets Jump and Run und Antirepressions Demo in Hamburg
 Wir dokumentieren einen Bericht von http://no-imk.blogspot.com/
Am 13.11.2010 fand ab 14.00 Uhr eine kraftvolle antirassistische Demo im Rahmen der NO-IMK-Aktionswoche statt. Mehr als 1.000 Menschen trugen ihren Protest gegen den rassistischen Normalzustand unter dem Motto „Freedom of movement is everybody’s right!“ auf die Straßen des stark migrantisch geprägten St. Georg.
Am 13.11.2010 fand ab 14.00 Uhr eine kraftvolle antirassistische Demo im Rahmen der NO-IMK-Aktionswoche statt. Mehr als 1.000 Menschen trugen ihren Protest gegen den rassistischen Normalzustand unter dem Motto „Freedom of movement is everybody’s right!“ auf die Straßen des stark migrantisch geprägten St. Georg.
 In mehreren Redebeiträgen wurde auf die  rassistische Politik gegenüber Migrant_innen aufmerksam gemacht. Ein  Aufruf er Gruppe Kein Mensch Ist Illegal wurde in deutsch und Farsi  verlesen. Es wurde über die Situation der Flüchtlinge im Lager Horst  berichtet, wo sie völlig isoliert sind und ihnen jede Möglichkeit  genommen wird, deutsch zu lernen. Die anstehenden Prozesse gegen  somalische Piraten wurden ebenso thematisiert wie die Abschiebepolitik  der BRD.
 Das Motto des Fronttransparents ‚Freedom of Movement’ konnte leider weder für die Flüchtlinge noch für die  Demo-Teilnehmer_innen verwirklicht werden: die Demo wurde – entgegen  anderslautender Versprechungen – eng von Polizei begleitet. Direkt vor  der Demo lief eine Hundertschaft und es filmte ein Observationsfahrzeug. Mehrere Wasserwerfer standen einsatzbereit entlang des Weges. Die  Demonstration wurde ohne jeden Grund zur Gefahr erklärt.
 Am Hauptbahnhof beschloss dann das  Demoteam, die Demonstration vorzeitig aufzulösen. Offensichtlich  überrascht, dass wir uns nicht weiter das Demonstrationsrecht stehlen  ließen und stattdessen die Demo auflösten, konnten alle TeilnehmerInnen  dorthin gehen wo sie wollten: Die meisten in die Hamburger Innenstadt.
 Freedom of movement – Bleiberecht für alle!
 Kampf der Vereitelung des Demonstrationsrechts!
 kein mensch ist illegal

 
 Kieler AktivistInnen zeigen auf der Antira-Demo, was sie von der „Extremismustheorie“ halten (Foto: PM_Cheung)
 Jump and Run
 Kurz danach swarmten  hunderte zum Jump And Run in der Innenstadt ein: Klein und  Kleinstgruppen, die sich je nach Bedarf mal zusammenschlosssen, mal  trennten und das Anliegen der Demo in die Mönckebergstrasse trugen.  Verwunderte Passanten wurden urplötzlich mit Parolen wie ‚Bleiberecht  für alle jetzt sofort’ beim Shoppen konfrontiert.
 Sämtliche Themen der IMK wurden in die  Innenstadt getragen: eine Reiterstaffel (Monty Python Style) lief  zu  Fuss die Mönckebergstr entlanglief  und machte Hufgeräusche mit  Kokosnüssen. Andere waren als Waaserwerfer verkleidet.
 Bis eben war die Polizei sichtlich mit dem  Konzept überfordert, liefen mal hierhin, mal dorthin und trugen ihren  Teil zur Verwirrung der Einkaufenden bei.
 Antirepressions Demo vom Gänsemarkt
Passend zum Thema zeigte die Hamburger Polizei dann, was sie alles drauf hat zum Thema Repression: Die gesamte Demo wurde von Beginn an massiv durch mehrere Reihen Polizei eingekesselt und von mehreren Wasserwerfern begleitet. Troz mehrfacher Behinderungen erreichte die Demo schliesslich doch das Schanzenviertel, wo die Polizei dann endgültig das Erreichen des Zielortes (S-Bahn Sternschanze) verhinderte, nur um dann nach dem Auflösen der Demo die Teilnehmer_innen aufzufordern, das Gebiet in genau in diese Richtung zu verlassen, die sie aber sogleich wieder mit einem Wasserwerfer verstellte.
Der Ausnahmezustand (Kontrollgebiet) im Viertel wurde den Abend über durch massive Polizeipräsenz deutlich gemacht.
Passend zum Thema zeigte die Hamburger Polizei dann, was sie alles drauf hat zum Thema Repression: Die gesamte Demo wurde von Beginn an massiv durch mehrere Reihen Polizei eingekesselt und von mehreren Wasserwerfern begleitet. Troz mehrfacher Behinderungen erreichte die Demo schliesslich doch das Schanzenviertel, wo die Polizei dann endgültig das Erreichen des Zielortes (S-Bahn Sternschanze) verhinderte, nur um dann nach dem Auflösen der Demo die Teilnehmer_innen aufzufordern, das Gebiet in genau in diese Richtung zu verlassen, die sie aber sogleich wieder mit einem Wasserwerfer verstellte.
Der Ausnahmezustand (Kontrollgebiet) im Viertel wurde den Abend über durch massive Polizeipräsenz deutlich gemacht.


