#NMS2210: Von einer gebrochenen Hand, Schlägen ins Gesicht und Einschränkung der Pressefreiheit – Statement zur Polizeigewalt

Wir, die Antifaschistische Aktion Neumünster, beziehen im folgenden Stellung zum Einsatz der Polizei am 22.10. in Neumünster, insbesondere zu den BFE-Einheiten aus Eutin.

http://www.neu.antifa-kiel.org/wp-content/uploads/import/IMG_6920161022NeumnsterFabianSchumannFlickr.png

Bereits im Vorfeld der Demonstration wurde klar, dass versucht werden würde, die Nazis auf jeden Fall laufen zu lassen. Angefangen mit Parkverboten in umliegenden Straßen bereits am Vorabend, gefolgt von einer großräumigen Absperrung des Bahnhofsgeländes am 22. selbst und Umleitungen im öffentlichen Nahverkehr wurden massive Einschränkungen der Neumünsteraner Bevölkerung in Kauf genommen. Passant*innen, die an den auf dem Postparkplatz postierten BFEler*innen vorbeikamen, berichteten von einer “unheimlichen, aufgeheizten Stimmung“. Diese entlud sich dann im Laufe des Tages mehrfach gegen Gegendemonstrant*innen. Einem anreisender Genosse wurde bereits auf dem Weg in die Innenstadt die Hand mit einem Tonfa gebrochen, nach einer Operation ist er durch einen Gips bis auf weiteres im Alltag eingeschränkt. Ein andere Genosse wurde scheinbar willkürlich wegen angeblichem Widerstand festgenommen. Mehrere Genoss*innen wurden zudem mit Faustschlägen, auch und vor allem gegen den Kopf, attackiert, was zum Glück aber „nur“ angeschwollene Gesichtspartien zur Folge hatte. Wir verurteilen dieses Verhalten auf‘s Schärfste, es kann nicht sein, dass die Polizei mit solch gewalttätigen Mitteln gegen friedliche Demonstrant*innen vorgeht. Hier sollte vielleicht einmal die Frage gestellt werden, inwiefern in der Ausbildung von BFEler*innen Wert auf die Einhaltung von menschlichem und deeskalativem Verhalten gelegt wird.

Die Demonstration des rechten Mobs hingegen wurde wohlwollend begleitet. Durchgängige Vermummung der Teilnehmer*innen wurde auf interessierte Nachfrage hin verteidigt, die Presse in ihrer Arbeit massiv behindert. Dadurch, dass die Polizei zum einen die Alternativroute der Rechten am AJZ vorbeilaufen ließ, und zum anderen der NPD-Ratsherr Mark Proch auch noch eine Zwischenkundgebung davor abhalten durfte, herrschte zweitweise ein stark erhöhtes Gefahrenpotential für die Einrichtung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, das auch von Kindern und Jugendlichen mit Fluchthintergrund genutzt wird. Proch hetzte in übelster Manier gegen das Jugenzentrum, bezeichnete es als “Hort linksextremer Gewalt“, gegen den man “etwas tun müsste“ – das in dieser aufgeheizten Situation keine Angriffe erfolgten, ist wohl nur auf die anwesende Presse zurückzuführen. Dass es dabei nicht bleiben sollte, zeigte die Tatsache, dass einige Tage nach Prochs indirektem Gewaltaufruf mehrere Glasscheiben an der Fassade des Gebäudes eingeschlagen wurden. Während der Abschlusskundgebung wurden dann antisemitische Verschwörungstheorien propagiert, während einige Nazis Pressefotograf*innen Gewalt androhten. Gründe, die Demonstration abzubrechen, bzw. auf eine Kundgebung am Bahnhof zu beschränken, hatte die Polizei an diesem Tag mehr als genug. Sie entschied sich dennoch, mit massiven Materialeinsatz (unter anderem Wasserwerfer, Räumpanzer und Hubschrauber) und Personalaufgebot sowie starken Einschränkungen in der Bewegunsfreiheit der Neumünsteraner Bevölkerung wenigstens eine Alternativroute zu gewähren. All das, um den verdrehten, menschenverachtenen Ansichten von 43 jämmerlichen Gestalten einen öffentlichen Raum zu geben. Es ist nicht das erste Mal, dass die Polizei mit übermäßiger Kooperation mit Rechten von sich Reden macht: Auf der Demonstration des rechten Bündnisses “Neumünster wehrt sich“ am 23.04. wurde den Demonstranten sogar ein Polizeibus zur Verfügung gestellt, um sie zu ihren geparkten Autos zu chauffieren. Verantwortlich war damals auch besagte Eutiner BFE-Einheit (vgl. ab Minute 15).

Wir fordern alle, die am 22.10. von Polizeigewalt betroffen waren und auch Menschen, die solche an dem Tag beobachtet haben, auf, sich bei der Roten Hilfe zu melden. Unsere Solidarität ist stärker als ihre Repression! Egal wie sehr ihr unseren Protest auch kriminalisiert, ihr werdet ihn nicht verhindern können.

Antifaschistische Aktion Neumünster

[Kiel] Prozess gegen Antifaschisten wegen AfD-Parteitag-Blockade eingestellt

Der für heute angesetzte Prozess gegen einen Genossen, dem im Zusammenhang mit dem Kessel gegen Antifaschist_innen am 21.3.2015 „Widerstand“ vorgeworfen wurde, wurde noch vor Beginn eingestellt. Um 9 Uhr hatten sich ca. 30 Unterstützer_innen des Betroffenen im Kieler Amtsgericht eingefunden, kurz darauf konnte der Genosse noch im Flur vor dem Saal verkünden, dass der Prozess nach einer Unterredung zwischen Anwalt und Gericht eingestellt wurde. Wir dokumentieren an dieser Stelle die Prozesserklärung des Genossen, die er bei Prozessbeginn vorgetragen hätte.

Prozesserklärung – 7.3.2016

Hanna Arendt formulierte unter den Eindrücken der Nationalsozialistischen Barbarei folgenden Satz: “Niemand hat das Recht, sein Gehorchen als Vorwand für die Rechtfertigung seines Handelns zu benutzen. Gehorchen ist keine Rechtfertigung für Handeln.”

Wenn ich also heute vor Gericht des Widerstandes beschuldigt werde, einen Widerstand der sich gegen den erstarkenden Rechtsruck und Autoritarismus in der Gesellschaft wendet, wenn einerseits der Staat Zivilcourage einfordert, und anderseits diejenigen kriminalisiert , die gegenüber dem Nationalismus und dem Rassismus, der auch vom Staat, ausgeht nicht schweigen und nicht Tatenlos bleiben, scheinen diese Sätze nach wie vor ihre Gültigkeit nicht verloren zu haben.


Ich stehe also vor Gericht weil ich mich den erschreckenden gesellschaftlichen Entwicklungen entgegenstelle und eben nicht willenlos gehorcht habe. Weil ich meiner Menschlichkeit gefolgt bin, die sich gegen die Entwürdigung anderer Menschen zur Wehr setzt und setzten muss. Wenn ich dafür vor dem Gesetz bestraft werde, geben mit diese Eingangsworte auch weiterhin Recht und verdeutlichen die Richtigkeit ihres Inhalts.


Am 21. März 2015, ironischerweise dem internationalen Tag gegen Rassismus, veranstaltete die AfD ihren Landesparteitag in Kiel. Dagegen und gegen die menschenverachtende Politik dieser Partei und ihrer Anhänger wollte und will ich Widerstand leisten.


Kein Zweifel: Die AfD ist wieder da – und sie ist ekelhafter als je zuvor. Noch im vergangenen Sommer wurde ihr nach der Abspaltung der Gruppe um Bernd Lucke von vielen ein baldiges Ende vorausgesagt. Nun erlebt sie im Zuge der meist rassistisch geführten Debatten um Flucht und Migration ein unheilvolles Comeback. Die politische Diskussion in der „Mitte“ der deutschen Gesellschaft hat sich insgesamt nach rechts verschoben. Sie kommt nun denen entgegen, die sich in der AfD durchgesetzt haben: Denen, die bereit sind mit völkischem Nationalismus und Rassismus rechte Hetze zu betreiben.


Die AfD bedient mit ihrer Rhetorik den Mob auf der Straße und übt zugleich den Schulterschluss mit anderen rassistischen und autoritären Bewegungen wie PEGIDA. Auf ihren Veranstaltungen findet sich neben neurechten Kadern regelmäßig eine gruselige Mischung aus Stammtischrassist*innen, ultraneoliberalen Pinochet-Fans, evangelikalen Rechtsauslegern, Verschwörungsfreaks, antimuslimischen Rassist*innen, Antifeminist*innen und Putin-Fans. Für sie alle hat die AfD die Funktion eines Sammelbeckens. Trotzdem inszeniert sie sich immer erfolgreicher als das seriöse parlamentarische Sprachrohr „besorgter Bürger“.


Sie ist parteipolitische Repräsentantin und organisatorisches Rückgrat einer völkischen Koalition, deren Mitglieder*innen arbeitsteilig vorgehen: Auf der Straße sorgen die Hogesa-Nazis für eine Atmosphäre des Terrors, in der Migrant*innen und politische Gegner*innen um ihre Unversehrtheit fürchten müssen. Währenddessen treibt die AfD in den Parlamenten mit mehr oder weniger kalkulierten Tabubrüchen den Rechtsruck voran. So forderte Frauke Petry unlängst den Gebrauch von Schusswaffen gegen Flüchtlinge, die die Grenze überqueren. Zuvor gab sich der thüringische AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke öffentlich seinen rassistischen Wahnvorstellungen hin, als er von „unterschiedlichen evolutionären Ausbreitungstypen von ‚Afrikanern‘ und ‚Europäern‘ schwadronierte. Die AfD ist geistiger Brandstifter und Lautsprecher der Gewalt in einem, sie ist unmittelbar (mit)verantwortlich für die zahlreichen Anschläge auf Menschen mit Migrationshintergrund und die brennenden Asylunterkünfte.


Das zeigt sich besonders drastisch im Umgang mit den Übergriffen von Köln. Die AfD hat sie sofort instrumentalisiert und eine kulturalistisch-rassistische Deutung forciert. Die Reaktion von Nazi-Hools und selbsternannten Bürgerwehren hat in Form von Übergriffen auf Menschen mit Migrationshintergrund nicht lange auf sich warten lassen. Doch daneben knüpft die AfD auch an ein populäres Deutungsmuster der Mehrheitsgesellschaft an: den Nützlichkeitsrassismus. Menschen und deren Fluchtgründe werden hierbei auf reine Kosten-Stellen für den deutschen Staat und seine „Steuerzahler“ reduziert. Damit befindet sich die AfD in voller Übereinstimmung mit den Regierungsparteien. Denn die nationalistische Einteilung der Welt in „die“ und „wir“ ist die gemeinsame Geschäftsgrundlage der Festung Europa. „Wir brauchen weniger Ausländer, die uns ausnützen, und mehr, die uns nützen“, forderte Günther Beckstein (CSU) schon vor Jahren und brachte damit nur zum Ausdruck, was die kapitalistische Ordnung der Welt faktisch ist: rassistisch.


In solchen Zuständen gelten der militärische Einsatz der Nato gegen geflüchtete Menschen und ein Deal mit dem brutalen Erdogan-Regime in der Türkei nicht als der Skandal, der er ist. Er wird nicht als menschenverachtende Maßnahme zur Stabilisierung des europäischen Kapitalismus und seiner Effekte, sondern vielmehr als die pragmatische Lösung eines externen Problems verharmlost. Und selbst wohlmeinende Zeitgnoss*innen rechnen inzwischen nach, wie viel die Refugees der deutschen Volkswirtschaft einbringen. Solche Kosten-Nutzen-Kalküle sind dabei Teil eines breiteren, sozialdarwinistischen Gesellschaftsprogramms, das auch Hartz IV-Empfänger*innen nach ihrer Nützlichkeit bewertet und ihnen im Zweifelsfall die Existenzgrundlage entzieht. Die AfD bietet insofern nur die verschärfte Version des Ressentiments für all jene, denen die große Koalition der Menschenfeinde von Seehofer bis SPD-Siggi noch immer nicht genug deutsch spricht.

Das zeigt: Der Kampf gegen die AfD ist immer auch der Kampf gegen die Grundfesten von Staat, Nation und Kapital – ein Kampf gegen: Angst, Armut, Abschottung. Wer den Rassismus der AfD kritisiert, darf die „Mitte der Gesellschaft“ nicht vergessen. Indem wir gegen die völkische Koalition um die AfD vorgehen, verteidigen wir daher nicht eine smarte Version des neoliberalen Grenz- und Krisenregime gegen seine plumpe Verschärfung. Im Gegenteil: Ein koordiniertes Vorgehen gegen die Speerspitze der Menschenverachtung heißt insgesamt deutlich zu machen: Abschottung ist keine Option.


Also: Widerstand gegen diese menschenverachtenden, rassistischen, chauvinistischen Brandstifter im Nadelstreifenanzug scheint mir heute noch wichtiger als vor knapp einem Jahr vor der Sparkassenarena.

Ich möchte nun noch ein zwei Sätze zu mir persönlich sagen:


Seit meiner Jugend bin ich permanent mit Rassismus konfrontiert. Sei es das meine Klassenkamerad*innen mich mit dem N-Wort beschimpfen, ich ständig auf meine Herkunft angesprochen werde, von Nazis aus dem Dortmunder Westfalenstadion vertrieben werde oder ich von Rechten bei helllichtem Tag in der Holstenstraße zusammen geschlagen werde. Damals gab es für mich neben einem doppeltem Nierenanriss eine finanzielle Entschädigung in Höhe von 250 DM, was den Strafbefehl über 900 €, um den es heute geht nochmals in ein anderes Licht rückt. Diese Aufzählung könnte ich noch eine ganze Weile weiter machen aber ich glaube es ist deutlich geworden, was ich meine…


Dass ich hier heute vor Gericht stehe liegt nicht daran, dass ich gewalttätig oder brutal bin, es geht vielmehr darum, wieder einmal mit repressiven Maßnahmen gegen antifaschistischen Protest vorzugehen während auf der anderen Seite die zunehmend eskalierende Gewalt von rechts oft nur halbherzig verfolgt wird.


In Frankfurt habe ich selbst gesehen, dass die Polizei grundlos mit Pfefferspay und Schlagstock auf Demonstrant*innen losging – es folgten natürlich keine rechtlichen Konsequenzen. Auf der anderen Seite scheint ein rassistischer Mob, der geflüchtete Menschen in einem Bus zu Tode ängstigt und terrorisiert die deutsche Justiz nicht zu tangieren. Und wieso kaum ein Anschlag auf Lager von Geflüchteten aufgeklärt wird spricht ebenfalls Bände. Erst letzten Donnerstag gab einen Brandanschlag in Schleswig. Wenige Tage zuvor waren Geflüchtete in Flensburg in der Dusche mit Säure angegriffen worden.


Diese Taten reihen sich ein in die hunderten von Angriffen auf Geflüchtete und die mörderische rassistische Gewalt gegen vermeintliche „Ausländer“ und „Fremde“. Die Rechte Hetze die von der AFD über Pegida bis zur NPD und ultrafaschistischen Kameradschaften tagtäglich propagiert wird ist mörderisch und menschenverachtend.


Solange es den Kapitalismus gibt, wird es auch immer faschistische Gruppierungen und Parteien geben, die sich organisieren, und alle, die nicht in ihr Menschenverachtendes Weltbild passen angreifen oder ermorden. Deshalb gilt es, für eine Gesellschaft zu kämpfen in der es keinen Platz für faschistische Terrorbanden und kapitalistische Ausbeutung gibt. Wir kämpfen für eine solche solidarische Gesellschaft. Daran wird auch dieses Urteil heute nichts ändern.

WEHRET DEN ANFÄNGEN! NIE WIEDER FASCHISMUS! FASCHISMUS IST EIN VERBRECHEN!

AfD-Blockade in Kiel: Aktueller Stand der Verfahren

Anfang August wurden die Verfahren gegen 128 Antifaschist_innen, denen vorgeworfen wurde am 21. März 2015 in Kiel im Rahmen einer Kundgebung gegen den AfD-Landesparteitag in der Sparkassenarena „Hausfriedensbruch“ (§ 123 StGB) begangen zu haben, wegen mangelnden öffentlichen Interesses (§ 170 Abs. 2 StPO) eingestellt, da der Platz vor der Arena, obwohl er zum dortigen Privatgrundstück gehört, üblicherweise für Fußgänger nutzbar ist. Einige der Betroffenen erhielten dann Ende August Briefe der Polizei, in denen ihnen mit fast wortgleicher Begründung wie im Hausfriedensbruch-Verfahren nun „Landfriedensbruch“ (§ 125 StGB) vorgeworfen wird. Die Kieler Justizbehörden scheinen sich mit der Einstellung der Verfahren nicht zufriedengeben zu wollen.

Mittlerweile ist bekannt, dass die Anzeige wegen Hausfriedensbruch am 21.3. von der Betreibergesellschaft der Sparkassenarena, der „Konzert- und Veranstaltungsgesellschaft mbH [&] Co. KG Kiel“ gestellt wurde. Dies wurde auch vorher so von der Geschäftsführung mit der AfD für den Fall einer versuchten Blockade des Eingangs durch Antifaschist_innen abgesprochen. Die Konzert- und Veranstaltungsgesellschaft mbH [&] Co. KG Kiel ist ein Zusammenschluss aus Provinzial Versicherungen, Kieler Nachrichten und Citti Großmarkt, den Eigentümern der Halle. Diese hat mir ihrer bereitwilligen Kooperation mit der rassistischen Partei AfD nun für eine Repressionswelle gegen Kieler Antifaschist_innen gesorgt, anstatt sich, z.B. mit einer Absage der Veranstaltung, gegen rassistische Stimmungsmache zu positionieren.

Neben den Verfahren wegen Landfriedensbruch gibt bzw. gab es weitere Ermittlungsverfahren wegen „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“, „Beleidigung“ und „Vermummung“ gegen einzelne Aktivist_innen, inklusive mindestens einer nachträglichen Vorladung zur Polizei zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung. Einige dieser Verfahren wurden bereits eingestellt, teilweise gegen Auflagen, die anderen Verfahren laufen noch. In den Landfriedensbruch-Verfahren gibt es momentan keine aktuelle Entwicklung.

Die von der Polizei am 21.3. aufgenommenen personenbezogenen Daten der 128 Betroffenen wurden sowohl beim Landeskriminalamt als auch beim BKA gespeichert, allerdings angeblich nicht in den so genannten „Informationssystemen“ der Behörden (den Datenbanken für z.B. „politisch motivierte Straftäter_innen“) sondern „nur“ zur Vorgangsverwaltung bzw. Dokumentation. Über einen Rechtsanwalt wird momentan versucht herauszufinden, was mit solchen Daten geschieht, beim BKA wurde die Löschung beantragt.

Die Verfahren und eventuell anstehende Prozesse werden weiterhin von der Autonomen Antifa-Koordination Kiel und der Roten Hilfe Ortsgruppe Kiel solidarisch und öffentlich begleitet werden.

Sonderseite zum „AfD-Kessel“

Betroffen sind einige, gemeint sind wir alle!
Die Solidarität organisieren!

Nach AfD-Blockade in Kiel: Verfahren wegen „Hausfriedensbruch“ eingestellt

Wir dokumentieren einen Text der Roten Hilfe Kiel:


Am 21.3.2015 wurden bei einer Blockade des Landesparteitages der rechtspopulistischen AfD in Kiel 129 Antifaschist_innen von der Polizei eingekesselt und ihre Personalien aufgenommen. Zuvor setzten die eingesetzten Eutiner Bereitschaftspolizisten unvermittelt massive Gewalt in Form von Tritten, Faustschlägen und Schlagstöcken gegen die Demonstrant_innen ein, welche sich mit Transparenten vor dem Eingang zum Tagungsort der AfD, der Kieler Sparkassen-Arena, versammelt hatten. Es wurden mehrere Menschen durch die Schläge und Tritte verletzt.

In den folgenden Wochen und Monaten verschickte das Kommissariat 5 (Staatsschutz) der Kieler Polizei Vorladungen und Anhörungsbögen, in denen den betroffenen Antifaschist_innen mitgeteilt wurde, dass gegen sie als „Beschuldigte“ wegen des Verdachts auf „Hausfriedensbruch“ ermittelt werde. Das antifaschistische Bündnis, welches die Aktion gegen den AfD-Landesparteitag organisierte, und die Rote Hilfe Kiel haben daraufhin zusammen mit vielen Betroffenen ein gemeinsames Vorgehen gegen die polizeilichen Ermittlungsversuche verabredet und beschlossen, nicht auf die Vorladungen zu reagieren, konsequent die Aussage zu verweigern und mehrere Anwälte einzuschalten.

Nach nunmehr knapp fünf Monaten wurde im Laufe dieser Woche bekannt, dass die Staatsanwaltschaft die Verfahren wegen „Hausfriedensbruch“ nach § 170 Abs. 2 StPO, also mangels Tatverdachts, eingestellt hat!

Es war von an Anfang an klar, dass die Polizei mit der Einkesselung, ihrer Gewalt, Drohungen und Beleidigungen während des Kessels sowie der Ankündigung und dem Stellen von Anzeigen die 129 teils minderjährigen Antifaschist_innen einschüchtern wollte.

Die Frage, ob das nicht-abgesperrte Areal vor der Sparkassen-Arena, auf dem sich die protestierenden Antifaschist_innen aufhielten, ein so genanntes „befriedetes Gebiet“ oder doch öffentlicher Raum ist, hätte als erstes in einer möglichen Verhandlung vom Gericht geklärt werden müssen. In den folgenden Monaten und Jahren hätte die Kieler Justiz eine Menge zu tun gehabt, da viele der betroffenen Antifaschist_innen bereit waren, ihre Verfahren vor Gericht auszutragen.

Die Rote Hilfe Kiel wertet die Einstellung der Verfahren als Erfolg der organisierten und gemeinsamen Antirepressionsarbeit aller Betroffenen. Der Polizei ist es nicht gelungen, ihre Strategie der Einschüchterung zum Erfolg zu führen!

Die spannende – bisher unbeantwortete – Frage ist, wer am 21. März die Anzeige wegen Hausfriedensbruch stellte: War es die AfD, oder doch die das Hausrecht besitzende Betreiber_innen-Gesellschaft der Sparkassen-Arena, die „Konzert- und Veranstaltungsgesellschaft mbH [&] Co. KG Kiel“? So oder so wirft die Vermietung der Sparkassen-Arena an die rechtspopulistische AfD ein schlechtes Licht auf diese Gesellschaft.

Mit der Einstellung der Verfahren wegen „Hausfriedensbruch“ ist die Sache allerdings leider noch nicht erledigt: Einige Antifaschist_innen sehen sich zusätzlich mit Vorwürfen wie „Vermummung“ „Beleidigung“ und „Widerstand“ konfrontiert und auch hier gilt es, solidarisch zusammen zu stehen und die Betroffenen zu unterstützen!

Solidarität ist eine Waffe!

Einstellung aller Verfahren vom 21. März 2015 – sofort!

Rote Hilfe e.V.

Ortsgruppe Kiel

Polizei verschickt Anhörungsbögen an Betroffene vom „AfD-Kessel“: Nicht darauf reagieren, das Schreiben nicht beantworten – sondern zum Treffen am 29. Mai kommen!

Zweites Antirepressionstreffen: Freitag, 29. Mai 2015 um 18.00 Uhr im Kieler Gewerkschaftshaus (Legienstraße)


Im Zusammenhang mit dem Polizeikessel der Blockade des AfD-Landesparteitages vor der Kieler Sparkassenarena verschickt die Polizei seit einigen Tagen Briefe an alle, die dort von der Polizei kontrolliert wurden. Auf den Briefen steht die Betroffenen sollen als „Beschuldigte/r“ angehört werden und in den meisten Fällen wird dann folgend anführt sein, es ginge um den Vorwurf eines Hausfriedensbruches am 21. März 2015 auf dem Gelände der Sparkassenarena. Dem Brief sind jeweils noch zwei Zettel mit der Überschrift: „Schriftliche Anhörung“ beigefügt.

Dass die Polizei im Nachklang des Polizeikessels vor der Sparkassenarena 129 Ermittlungsverfahren wegen „Hausfriedensbruch“ und einzelne wegen „Widerstand“, angeblicher „Körperverletzung“ und „Beleidigung“ gegen die Betroffenen des Kessels eingeleitet hat, wurde noch am selben Tag bekannt. Wir haben uns deshalb vor vier Wochen mit vielen Menschen, die in dem besagten Kessel waren zusammengesetzt und besprochen, wie wir gemeinsam mit den Anzeigen umgehen wollen. Dabei haben wir uns drauf geeinigt, dass wir in dieser Sache NICHT mit der Polizei (oder Staatsanwaltschaft) zusammenarbeiten werden. Das heißt konkret:

Auf die Briefe von der Polizei mit dem Titel „Anhörung als Beschuldigte/r“ reagieren wir nicht!

Das bedeutet wir füllen den Anhörungsbogen NICHT aus und schicken ihn NICHT an die Polizei zurück. Wir müssen und werden uns zum jetzigen Zeitpunkt in keiner Art und Weise gegenüber der Polizei äußern! Denn das ist unser gutes Recht, darf und wird keine rechtlichen Nachteile für uns haben und ist zum jetzigen Zeitpunkt sowohl aus taktischen Gründen als auch als politischer Umgang mit diesen Massenanzeigen unserer Meinung nach der einzig richtige Weg.

Falls die Polizei auf anderen Wegen versucht Kontakt aufzunehmen (was nicht sehr wahrscheinlich ist, aber in der Vergangenheit schon vorgekommen ist) reden wir nicht mit den Beamten, sondern bestehen auf unser Recht die Aussage zu verweigern!

Für den Fall, das ihr einen anderen als den oben beschrieben Brief bekommen habt, die Polizei bei euch vor der Haustür stand, ihr in der nächsten Zeit weitere Briefe von der Polizei bekommt oder ähnliches meldet euch bitte bei Ortsgruppe der Roten Hilfe.

Entweder per E-Mail (kiel@rote-hilfe.de) oder ihr kommt auf dem Treffen vorbei. Die Rote Hilfe Kiel trifft sich alle zwei Wochen, das nächste Mal am Mittwoch, 27.05.15 um 20 Uhr im Li(e)berAnders, Iltisstr. 34, Kiel-Gaarden.

Gemeinsam behalten wir den Überblick über alle Verfahren und organisieren die Rechtshilfe und Solidarität!

Sollte schon wer einen sogenannten Strafbefehl erhalten haben ist es wichtig innerhalb von zwei Wochen Widerspruch gegen diesen einzulegen. Alles weitere besprechen wir dann gemeinsam!

Damit wir gemeinsam darüber sprechen können, wie wir mit der Situation umgehen, dass zu mindestens die Polizei die Ermittlungen in der Sache weiter fortführt und auch über Fragen oder Unsicherheiten, die vielleicht bei einigen aufgetaucht sind, möchten wir alle, die am 21. März in dem „AfD-Kessel“ waren zu einem weiteren Treffen einladen. Wir werden uns von den Anzeigen nicht einschüchtern lassen, denn wir sind sind ziemlich viele – und wir wissen, dass der Protest gegen die Rasst_innen, Chauvinist_innen und Sexist_innen der AfD legitim und notwendig war und wir werden alle gemeinsam gegen diesen Kriminalisierungsversuch angehen!

Zweites Antirepressionstreffen: Freitag, 29. Mai 2015 um 18.00 Uhr im Gewerkschaftshaus (Legienstraße)

Bitte leitet diese Informationen an alle Menschen weiter, die von den Polizeiaktionen betroffen waren!

Rote Hilfe e.V.

Ortsgruppe Kiel

Postfach 6444, 24125 Kiel

kiel@rote-hilfe.de

http://kiel.rote-hilfe.de

“Ihr wollt uns einschüchtern? Das schafft ihr nicht”–Spendenaufruf für angeklagte Antifaschist_innen aus Kiel

[via Rote Hilfe Ortsgruppe Kiel] Seit Sommer 2013 macht die antifaschistische Kampagne “An die Substanz!” im Raum Kiel unter dem Motto “rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben” auf diverse Geschäftsaktivitäten von Neonazis aufmerksam. Ziel ist es die (finanziellen) Strukturen aufzudecken, die hinter den offen auftretenden Neonazi-Organisationen stehen.

Schon seit den ersten Aktionen der Kampagne im August und Oktober 2013 sehen sich die Aktivist_innen polizeilicher und juristischer Verfolgung ausgesetzt. Sowohl bei einer Fahrradtour durch Kiel als auch bei einer Bustour durch den Kreis Plön und Neumünster wurden die beteiligten Antifaschist_innen von der Polizei massiv verfolgt, durchsucht, ihre Personalien wurden aufgenommen und es wurde versucht, weitere Aktionen zu unterbinden.

Aufgrund ihrer angeblichen Beteiligung an einer Aktion während der antifaschistischen Fahrradtour haben zwei Antifaschist_innen eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch erhalten und wurden im Oktober 2014 zwangsweise von der Polizei erkennungsdienstlich behandelt. Im Nachklang von zwei Kundgebungen vor dem Heilzentrum des Neonazis Henning Pless in der Kieler Innenstadt wurden mehrere Antifaschist_innen von Pless wegen Beleidigung angezeigt – in einem Fall bereits erfolglos, da die Anzeige wieder eingestellt wurde. Gegen einen Anmelder einer der Kundgebungen läuft ein Ordnungswidrigkeits-Verfahren. Aktuell hat eine weitere Genossin einen Strafbefehl erhalten, weil sie im Rahmen der oben genannten Bustour für die “Durchführung einer nicht-angemeldeten Versammlung” verantwortlich gewesen sein soll.

Wir sagen: Antifaschistische Aufklärung ist notwendig und rufen zu Spenden zur Unterstützung der betroffenen Antifaschist_innen auf! Wir stellen der staatlichen Repression das Prinzip Rote Hilfe entgegen:

“Die Unterstützung für die Einzelnen soll zugleich ein Beitrag zur Stärkung der Bewegung sein. Jede und Jeder, die sich am Kampf beteiligen, soll das in dem Bewußtsein tun können, daß sie auch hinterher, wenn sie Strafverfahren bekommen, nicht alleine dastehen. Ist es der wichtigste Zweck der staatlichen Verfolgung, diejenigen, die gemeinsam auf die Straße gegangen sind, durch Herausgreifen Einzelner voneinander zu isolieren und durch exemplarische Strafen Abschreckung zu bewirken, so stellt die Rote Hilfe dem das Prinzip der Solidarität entgegen und ermutigt damit zum Weiterkämpfen.”

Solidarität mit den angeklagten Antifaschist_innen!
Schafft Rote Hilfe!
“…denn wir sind nicht allein!”


Rote Hilfe OG Kiel (Februar 2015)

Spendenkonto:

Rote Hilfe KielIBAN: DE67 2001 0020 0088 2142 07
BIC: PBNKDEFF
Stichwort: “Substanz”

Weitere Informationen:

http://andiesubstanz.noblogs.org
http://kiel.rote-hilfe.de
www.antifa-kiel.org

Kiel: Reiseverbote für Antifaschist*innen

[Erklärung des Runden Tischs gegen Faschismus und Rassismus Kiel] Am Freitag, 14.11.2014, hat die Polizei in der Landeshauptstadt Kiel mindestens 3 sogenannte „Gefährderansprachen“ bei Antifaschist*innen in Kiel durchgeführt, unter anderem bei der für die Gewerkschaft ver.di aktiven Sprecherin des Runden Tisches gegen Rassismus und Faschismus Bettina Jürgensen. Als Ziel ihrer „Ansprache“ gaben die Zivilbeamten der Polizei an, eine Teilnahme dieser Antifaschist*innen an den dort antifaschistischen Demonstrationen am 15.11. in Hannover gegen die stattfindende Kundgebung der „Hooligans gegen Salafisten“ verhindern zu wollen. In einem sehr aggressiven Ton wurde darauf hingewiesen, dass „Straftaten extrem niedrigschwellig durch die Polizei unterbunden werden“. Es wurde geradezu davor gewarnt, nach Hannover zu reisen. Geplante Reisewege und Angaben über Mitreisende wurden ebenfalls (erfolglos) erfragt.

In einem Referat Birgit Müllers an dem Fortbildungsinstitut der Bayerischen Polizei (BPFI) wird festgestellt: „Bei der Gefährderansprache handelt es sich um ein verhaltensbeeinflussendes Instrument. Die individuelle Ansprache signalisiert dem potentiellem Gefährder, dass polizeiliches Interesse an seiner Person besteht, die Gefährdungslage bei der Polizei registriert wird und die Lage ernst genommen wird.“ Weiter werden in diesem Papier folgende Aussagen genannt: „Eine Allzweckwaffe zur Erfüllung des polizeilichen Auftrags.“ „Entsprechend pointiert ist die Gesprächssituation, die einem warnenden „Kettengerassel“ nicht unähnlich ist.“ „Die Polizei signalisiert ihnen: Wir kennen euch, wir haben euch im Auge.“ „Die individuelle Ansprache bewirkt, dass dem Täter ein erhöhtes Tatentdeckungsrisiko deutlich gemacht wird und durch das Gespräch zusätzliche Informationen gewonnen werden können, die für das polizeiliche Folgehandeln eine wichtige Grundlage bilden.“ Soweit aus dem Referat der BPFI.

Der Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel sieht in dem Auftreten der Polizei einen erneuten Versuch der Kriminalisierung antifaschistischen Handelns. Dagegen wehren wir uns und fordern alle demokratischen und antifaschistischen Organisationen und Personen Kiels auf, dieses Vorgehen der Polizei zu verurteilen. Wir erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass bereits 2008 ein Hausverbot im Kieler Rathaus gegen Antifaschist*innen ausgesprochen wurde, die an der Auszählung der Stimmen zur Kommunalwahl teilnehmen wollten. Begründung war damals, sie würden dem antifaschistischen Spektrum zugerechnet und es bestehe Gefahr von Aktionen gegen den NPD-Kandidaten Hermann Gutsche.

Das jetzige Verhalten der Polizei ist allerdings eine ganz neue Qualität. Hausbesuche, um antifaschistisches Handeln schon in der Entstehung zu verhindern und aktive Menschen bereits in den eigenen 4 Wänden einzuschüchtern, hat es in Kiel seit vielen Jahrzehnten nicht gegeben.

Wie lange soll faschistisches und rassistisches Auftreten noch geduldet und polizeilich geschützt werden?

Wie lange noch werden andererseits antifaschistische Aktivitäten bedroht, unterbunden und kriminalisiert?

Wir werden weiter im Sinne unserer Kieler Erklärung gegen Rassismus und Faschismus aus dem Jahre 2001 handeln, in der es unter anderem heißt: Solidarisches Verhalten und Zivilcourage bis hin zum zivilen Ungehorsam tun not. (…) Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen. Leisten wir Widerstand gegen Neonazis, rechte Skinheads und alle neofaschistischen Organisationen und Parteien!

Presse:

http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Hat-Polizei-HoGeSa-Gegner-eingeschuechtert,hogesa130.html

http://www.shz.de/schleswig-holstein/politik/verdi-kieler-polizei-wollte-gegendemonstranten-einschuechtern-id8227411.html

http://www.focus.de/regional/niedersachsen/demonstrationen-verdi-kritisiert-einschuechterung-durch-polizei-vor-demos-in-hannover_id_4283608.html

http://www.abendblatt.de/region/article134479350/Verdi-Gegendemonstranten-wurden-von-Polizei-eingeschuechtert.html


ACHTUNG: „Gefährderansprachen“ bei Kieler Genoss_innen vor Anti-„Hogesa“-Aktionen in Hannover

Am Vormittag des heutigen Freitag, 14.11.2014 kam es in Kiel bei einer Genossin zu einer sogenannten Gefährderansprache durch zwei ausgewiesene Zivilbeamte der Polizei. Die Männer im Alter zwischen 35 und 45 Jahren suchten die Betroffene an ihrer Wohnungstür auf und drohten ihr im schnoddrigen Tonfall, morgen nicht nach Hannover zu fahren, um dort an den antifaschistischen Aktionen gegen den Aufmarsch der rassistischen und nationalistischen „Hogesa“ teilzunehmen. Sie bezogen sich dabei auf ein polizeiinternes Schreiben, dass der Genossin jedoch nicht ausgehändigt wurde. Sie betonten, dass „zu erwartende Straftaten extrem niedrigschweillig durch die Polizei unterbunden“ würden. Zudem fragten sie nach Details, mit wem und wie die Betroffene morgen plane, nach Hannover anzureisen. Sie verweigerte natürlich jegliche Auskunft. Mittlerweile ist bekannt, dass es heute außerdem mindestens zwei weitere Versuche solcher „Gefährderansprachen“ bei Antifaschist_innen in Kiel gegeben hat.


Es ist zu befürchten, dass die Polizei im Laufe des Tages noch bei anderen Genoss_innen auftauchen wird, um weitere Antifaschist_innen, die morgen potenziell nach Hannover reisen könnten, einzuschüchtern. Hierzu sei gesagt (geklaut vom EA Berlin):

„Sogenannte Gefährderansprachen haben einzig und allein Einschüchterung zum Ziel. Sie können persönlich an der Wohnungstür, auf dem Weg zur Arbeit oder auch per Telefon erfolgen und eineN entsprechend meistens völlig unvorbereitet erwischen. Ähnlich wie bei Anwerbeversuchen durch den Verfassungsschutz hinterlassen solche Begegnungen oft die Frage: Warum ich? Letztlich geht man ihnen damit aber schon viel zu sehr auf den Leim – klar haben sie viel zu viel Daten über uns, klar löschen sie diese Daten nicht fristgerecht und klar nutzen sie diese Daten auch immer mal wieder wie es ihnen passt. Wir empfehlen als einzig richtige Reaktion: Tür zu, Gespräch beenden, öffentlich machen (im eigenen Umfeld und bei Antirepressionsgruppen, damit wir einen Überblick erhalten). Bei sogenannten Gefährderansprachen soll schlichtweg eine Drohkulisse aufgebaut werden – geht nicht darauf ein! Macht [morgen] und sonst wann das, was Ihr für richtig haltet. Und passt auf Euch und andere auf – egal ob mit oder ohne “Gefährderansprache”!“

LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN! INFORMIERT EURE GENOSS_INNEN!
JETZT ERST RECHT: MORGEN IN HANNOVER „HOGESA“ STOPPEN!

Kieler Antifaschist_innen zwangsweise zur ED-Behandlung vorgeführt

Am Samstag, den 4.10.14, wurden zwei Kieler Antifaschist_innen, denen seit Herbst 2013 von der Polizei vorgeworfen wird im Rahmen einer antifaschistischen Fahrradtour am am 29.8.2013 „Hausfriedensbruch“ beim Neonazi-Heilpraktiker Henning Pless begangen zu haben, zwangsweise zur ED-Behandlung vorgeführt. Während der Fahrradtour im Rahmen der Kampagne „An die Substanz! Rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben!“ wurde dem Neonazi Pless in seiner Praxis eine Urkunde für sein jahrelanges Engagement in der völkischen Rechten überreicht. Der Aufforderung zur Abgabe von Fotos und Fingerabdrücken waren die Beiden bis letzten Samstag nicht freiwillig nachgekommen.

Die Polizei ermittelt seit dem gegen die vermeintlichen Hausfriedensbrecher_innen, es folgten polizeiliche Vorladungen zur Vernehmung und schliesslich auch Vorladungen zur so genannten „erkennungsdienstlichen Behandlung“ an zwei Aktivist_innen. Die Anwält_innen der Betroffenen legten Widerspruch gegen diese Maßnahmen ein, denen in erster Instanz auch stattgegeben wurden. Das Landgericht kassierte die dadurch erreichte Aufhebung der ED-Behandlungen jedoch in zweiter Instanz wieder ein.

http://www.antifa-kiel.org/index.php/news/items/aktuelles-zu-den-angedrohten-ed-behandlungen-zweier-antifaschistinnen-in-kiel.html

Auch im Sommer 2014 wurde der Druck auf Henning Pless weiter aufrecht erhalten, so gab es z.B. erneut mehrere Kundgebungen vor seiner Praxis. Die Polizei zeigte sich weiterhin „not amused“ und versuchte immer wieder, die Kundgebungen oder Teile davon zu kriminalisieren, in dem z.B. Urheber_innen von Kreidemalereien auf dem Asphalt gesucht wurden und wegen vermeintlich falschen presserechtlichen Angaben auf Flugblättern genervt wurde. Eine weitere Anzeige wegen „Beleidigung“ erhielt ein Antifaschist, der eine Rede zu Henning Pless auf einer der Kundgebungen gehalten hat. Die Beleidigung soll das Wort „Neonazi“ gewesen sein. Pless filmte diese Kundgebung aus seinem Fenster und erstattete offenbar selber Anzeige.

http://www.antifa-kiel.org/index.php/news/items/der-druck-steigt-zwei-kundgebungen-in-zwei-tagen-gegen-den-neonazi-henning-pless.html

Die nun zwangsweise vorgeführten Antifaschist_innen wurden am 4.10.14 nach einer Demonstration in Solidarität mit den gegen den IS kämpfenden Kurd_innen in Rojava (https://linksunten.indymedia.org/de/node/123765 ) von der Polizei in einem Pizzaladen überraschend umstellt und auf die Polizeiwache in der Hopfenstraße mitgenommen. Vor der Wache versammelten sich spontan etwa 30 solidarische Aktivist_innen mit Transparenten und Megafon, die gegen die ED-Behandlung protestierten und auf die betroffenen Genoss_innen warteten. Das Prozedere in der Wache konnte dadurch wenigstens beschleunigt werden.

Nach der nun erfolgten Zwangsvorführung kündigen wir an, auch weiterhin gegen den Neonazi Henning Pless aktiv zu bleiben, ihn hin und wieder vor seiner Praxis zu besuchen und sein Treiben zu veröffentlichen!

Rechte Infrastruktur aufdecken! Nazis in die Pleite treiben!
Solidarität mit den angeklagten Antifaschist_innen!

Solidarität mit den Sinti und Roma in Schleswig-Holstein

Wir erklären uns solidarisch mit dem Landesverband der Sinti und Roma in Schleswig-Holstein, dessen Geschäftsstelle am Dienstag, den 30.09.2014 von unbekannten Tätern überfallen wurde.

Glücklicherweise wurde bei dem Angriff niemand verletzt. Den Angreifenden ging es offenbar nicht um Raub oder Diebstahl. Sie zerstörten Büroinventar: u.a. Computer, Monitore, einen Drucker und Kopierer.

Nach Angaben in den Kieler Nachrichten vom 2.10.14 geht die Polizei „derzeit nicht davon aus, dass er (der Anschlag) politisch oder fremdenfeindlich motiviert war“. Es werde in „alle Richtungen“ ermittelt, so die Mitteilung. Unserer Meinung nach zeugt diese Aussage der Behörde von großer Unkenntnis über das Auftreten von Rassisten und Faschisten und deren Anhänger. Polizeisprecher Matthias Arends begründet sie mit: „Es wurden aber zum Beispiel keine Männer mit rasiertem Kopf gesehen“.
Wir schließen uns der Aussage der Kieler Erklärung gegen Rassismus und Faschismus an, die feststellt:
„Rassistisches und faschistisches Verhalten entsteht in der Mitte der Gesellschaft“. Das bedeutet auch, dass rechte Täter nicht zwingend durch Aussehen, Alter oder Geschlecht erkennbar sind. Deutlich wird rechte und rassistische Gesinnung durch politische Aussagen und Handeln, durch Übergriffe und Gewalt.

Der Angriff auf die Landesgeschäftsstelle der Sinti und Roma in Kiel fällt in eine Zeit, in der Antiziganismus in Deutschland auch durch die Politik der Großen Koalition wieder entfacht wird. Dazu tragen Debatten über sogenannte „Armutsflüchtlinge“ aus Rumänien und Bulgarien und die Verschärfung des sogenannten Asylrechts bei. Mazedonien, Serbien und Bosnien-Herzegowina gelten nach dem aktuellen Beschluss der Regierung als sogenannte sichere Herkunftsländer, d.h. Flüchtlinge aus diesen Ländern haben keine Chance auf Asyl in Deutschland. Damit wird die Stimmung in der Bevölkerung besonders gegen Flüchtlinge aus diesen Ländern geschürt, es führt zur Unterscheidung nach „guten und schlechten“ Flüchtlingen.
Jedoch auch wer, wie die Sinti, seit Jahrhunderten in diesem Land leben, erfährt den Alltagsrassismus mit Pöbeleien, Übergriffen und Missachtung.

Wir halten es für falsch eine rassistische Motivation hinter dem Angriff klein zu reden, wie es die Ermittlungsbehörden derzeit tun. Wir fragen uns, wer außer Rassisten einen solchen Angriff auf ein Büro der Sinti und Roma verübt?

  • Wir rufen alle Antifaschist_innen auf, die Situation weiter kritisch zu verfolgen und wachsam zu sein.
  • Wir fordern die Bevölkerung auf, insbesondere die in der Nachbarschaft mit Sinti und Roma, aber auch mit Flüchtlingen leben, ihre Solidarität durch Aufmerksamkeit und Unterstützung zu zeigen.
  • Jedem Angriff gegen die Sinti und Roma setzen wir genauso unsere Solidarität entgegen, wie einer Politik, die Flüchtlinge, egal aus welchem Land sie einreisen, in Hunger und Tod abschiebt.
  • Dem Antiziganismus entgegentreten!
  • Solidarität mit dem Verband deutscher Sinti und Roma e.V. Landesverband Schleswig-Holstein!

Kiel, 4.10.2014

Unterzeichner_innen:
Antirassistische Initiative Kiel
Autonome Antifa-Koordination Kiel | www.antifa-kiel.org
Runder Tisch gegen Rassismus und Faschismus – Kiel | www.runder-tisch-kiel.de
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist_innen, LV Schleswig-Holstein und Gruppe Kiel (VVN-BdA) | schleswig-holstein.vvn-bda.de