Der isolierte Aktionismus des Enrico Pridöhl und andere Neujahrs-Pläne des rassistischen Lagers für Boostedt und Neumünster

Bereits für den 13. Dezember 2015 hatte der Neonazi-Aktivist Enrico Pridöhl aus Neunkirchen in Ostholstein eine rassistische Kundgebung unter dem Motto „Asylmissbrauch stoppen, Nein zur Merkel Politik“ in Boostedt bei Neumünster angekündigt, die er jedoch aufgrund mangelnder Unterstützung aus der Szene sowie fehlender Resonanz einige Tage vorher wieder abmelden musste. Nun ruft Pridöhl im Namen seiner Ein-Person-Initiative “Schleswig-Holstein wehrt sich” in sozialen Netzwerken abermals zu einer Hetz-Veranstaltung gegen Geflüchtete auf: Unter dem Motto “Wir sagen NEIN zu Überfremdung und zur Merkel Politik” mobilisiert er für Samstag, 9. Januar 2016 um 13 Uhr nach Boostedt – Rickling.


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Enrico Pridöhl („Schleswig-Holstein wehrt sich“) am 14.11.2015 in Neumünster / Mit dem Rücken zu ihm: Manfred Riemke
Die Gemeinde Boostedt ist ins Visier organisierter Rassist_innen geraten seitdem die ehemalige Rantzau-Kaserne dort zur provisorischen Erstaufnahmeeinrichtung für derzeit etwa 2000 asylsuchende Menschen umfunktioniert worden ist. Mehrmals versuchten rechte Parteien und Initiativen von NPD über AfD bis zu selbsternannten “besorgten Bürgern” bereits nach dem Vorbild der aktuell unzähligen rassistischen Mobilisierungen im gesamten Bundesgebiet gegen die Geflüchteten Stimmung zu machen. Obwohl es zwischenzeitlich so schien, dass im Dorf bei einigen Anwohner_innen durchaus ein Nährboden für solcherlei Dynamiken vorhanden sei, verliefen sich die rassistischen Initiativen schlussendlich allesamt im Sande. Dies ist nicht zuletzt der starken Präsenz und Aktivität der vielen Flüchtlings-Unterstützer_innen in Boostedt zu verdanken, die den Hetzer_innen durch ihre kontinuierliche praktische Arbeit im Alltag das Wasser abgruben. Der letzte Versuch von Rassist_innen im Ort öffentlich aufzutreten, endete für sie in einem Desaster: Fünf Neonazis vom NPD Kreisverband Segeberg-Neumünster um Mark Michael Proch und Daniel Nordhorn sahen sich am 31. Oktober 2015 dem spontanen Protest von 150 Antifaschist_innen aus verschiedenen Spektren gegenüber und mussten tatenlos wieder einpacken.
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150 Antifaschist_innen gegen NPD-Auftritt am 30.10.2015 in Boostedt
Im Zuge des Aufmarschversuches von “Neumünster wehrt sich” am 14. November 2015 in Neumünster, als 80 Rassist_innen größtenteils aus dem Neonazi-Spektrum am Widerstand von über 300 Antifaschist_innen scheiterten, haben sich nun weitere Personalien aus dem schleswig-holsteinischen Neonazi-Sumpf der Hetze gegen Geflüchtete sowie auch der Ortschaft Boostedt angenommen – darunter auch ebenjener Enrico Pridöhl. Pridöhl kann als Sonderling der Szene bezeichnet werden, der in Vergangenheit bereits wiederholt durch Ankündigungen von Aktionen und Initiativen aufgefallen ist, die wenig bis keinen Rückhalt in der Szene genossen und insofern floppten. Derzeit versucht er sich offenbar sogar am Aufbau eines weiteren, offensichtlich zum Scheitern verurteilten Ego-Parteienprojektes namens „Zukunft für Deutschland“. Der Aufmarsch in Neumünster war insofern die bis dato wohl prominenteste Aktion, an deren Organisation Pridöhl bisher beteiligt gewesen ist. Dass dessen relative Größe wohl weniger Pridöhl als anderen Protagonisten von “Neumünster wehrt sich” um Manfred Riemke und Manuel Fiebinger geschuldet gewesen ist, offenbaren seine Anschluss-Initiativen in Boostedt nur allzu deutlich: Seine vorherigen Mitstreiter distanzierten sich im Namen von “Neumünster wehrt sich” öffentlich von den Mobilisierungen, andere Neonazis wie der Eutiner Sebastian Alexander Struve, der in Neumünster als Redner auftrat, kündigen unter Häme ihr ausdrückliches Nicht-Kommen am 9. Januar an. Es ist also davon auszugehen, dass Pridöhls abermalig angekündigter Auftritt in Boostedt, sollte er nicht ohnehin schon im Vorfeld wieder abgemeldet werden, auf sich allein gestellt eher dem dortigen armseligen NPD-Auftritt, als dem Demoversuch in Neumünster ähneln wird.

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Foto links: Manfred Riemke („Neumünster wehrt sich“) am 14.11.2015 in NMS / Foto rechts: Sebastian Alexander Struve (ehemals „AG Eutin“) als Redner am 14.11.2015 in NMS

Auch wenn also auch diesmal nicht von einer größeren rassistischen Mobilisierung nach Boostedt auszugehen ist und die Situation im Dorf derzeit für solcherlei Initiativen von auswärtigen Neonazis tendenziell auch wenig anschlussfähig zu sein scheint, sollten Antifaschist_innen die Ankündigung für den Tag im Auge behalten und ggf. spontan reagieren. Weiterhin gilt es, sich jedem Versuch von Rassist_innen, Stimmung gegen Geflüchtete zu machen, klar und deutlich entgegenzustellen. Noch mehr als für Pridöhls eigentümliche Experimente in Boostedt gilt dies für die weiterhin im Raume stehende, jedoch nach wie vor unkonkrete Androhung von Riemkes tendenziell ausstrahlungskräftigerer “Neumünster wehrt sich”-Initiative, im Januar 2016 eine Wiederholung des 14. November anzustreben. Darauf, dass diese fixe Idee nicht vom Tisch ist, verweisen entsprechenden Aufrufe zur logistischen Unterstützung zukünftiger Aufmärsche in sozialen Medien.
Dass zur Tat schreitender Rassismus auch in Schleswig-Holstein trotz im deutschlandweiten Vergleich weitestgehend ausgebliebener Hetzmobilisierungen eine nicht zu unterschätzende, permanent schwelende Bedrohung ist, zeigen die im Jahr 2015 offiziell auf 30 angestiegene Zahl von Anschlägen auf Unterkünfte von Geflüchteten im nördlichsten Bundesland. Ob diese Tendenz sich 2016 weiter zuspitzen wird oder sie zurückgedrängt werden kann, wird maßgeblich auch daran liegen, inwieweit es Antifaschist_innen und Antirassist_innen gelingt, den Hetzer_innen und potentiellen Brandstifter_innen die Räume zu nehmen. Dazu Bedarf es kontinuierlicher Beobachtung der Entwicklungen, Sensibilisierung der jeweils vor Ort betroffenen Öffentlichkeit, spontaner und entschlossener Handlungsfähigkeit und als Grundlage all dessen: verlässlicher Organisierung.

Keine Ruhe der AfD – rassistische Veranstaltung in Kiel gestört

Am vergangenen Montag, 14.12.2015 hatte der AfD-Kreisverband Kiel zu einer Veranstaltung geladen. Ihr Thema war als Wege aus der Asyl- und Flüchtlingskrise” angekündigt, bei der in üblich rassistischem Tenor die „denkbaren Mechanismen zur Eindämmung der Flüchtlingsströme” vorgestellt und diskutiert werden sollten. Schon im Vorfeld regte sich dagegen Widerstand, indem die Autonome Antifa-Koordination einen Offenen Brief an den ursprünglichen Veranstaltungsort, das Hotel Consul, veröffentlicht hatte. Das Schreiben informierte über die Hintergründe der geplanten Veranstaltung, die nationalistischen und rassistischen Positionen der AfD sowie ihrer Abspaltung ALFA und der Jugendorganisation „Junge Alternative“. Außerdem wurde angekündigt, im Falle der Aufrechterhaltung der Raumzusage an die AfD zu einer Protestkundgebung zu mobilisieren. Die Argumente gegen die AfD und ihre Positionen überzeugten das Hotel Consul offensichtlich, so dass die Veranstaltung kurzfristig abgesagt wurde.

Die AfD war hierdurch gezwungen worden, sich spontan neue Räumlichkeiten suchen zu müssen. Ein Versuch, der erfreulicherweise erfolglos blieb: Anscheinend wollte niemand den RechtspopulistInnen eine Bühne bieten. Daraufhin verlegte die Partei die Veranstaltung kurzerhand in die Räume ihrer Kieler Landesparteizentrale am Walkerdamm, was am Montagmorgen per Anzeige in den „Kieler Nachrichten“ öffentlich gemacht wurde.

Trotz kurzer Vorlaufszeit und miesen Wetters versammelten sich deshalb am Montagabend schließlich etwa 20 Antifaschist_innen und zogen zum Parteibüro der AfD, welches übrigens nach wie vor durch zerstörte Fensterscheiben zu glänzen weiß. Die Polizei war zwar vor dem Büro und im Umfeld massiv präsent, beschränkte sich aber auf die Sicherung des Büros und trat ansonsten nicht weiter in Erscheinung. Mittels Transparenten, Sprechchören wie „AfD: Rassistenpack – wir haben euch zum Kotzen satt“ und „Kein Mensch ist illegal – Bleiberecht überall“ sowie einem kurzen Redebeitrag, in dem die rassistischen Postionen der AfD, deren Überschneidungen zu Positionen von Neonazis, das Mitlaufen derselben auf AfD-Demos sowie die aggressive Stimmung gegenüber Geflüchteten in Deutschland thematisiert wurden, sorgten die anwesenden Antifaschist_innen nicht nur für die hektische Schließung der Bürofenster, sondern auch dafür, dass die Veranstaltung, an der ca. 30 Personen teilnahmen, nicht ungestört über die Bühne gehen konnte. Die Kälte vertrieb dankenswerterweise der Kaffee, der den Antifaschist_innen großzügigerweise von solidarischen Anwohner_innen serviert wurde. Nach einer halben Stunde und mit abschließenden Sprechchören wurde die Protestaktion beendet und die Anwesenden konnten sich unbehelligt auf den Weg nach Hause machen.

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Als Fazit bleibt festzuhalten, dass wieder einmal gezeigt werden konnte, dass die AfD, egal wo und wie sie öffentlich in Erscheinung tritt – seien es Infostände im Rahmen der sogenannten „Herbstoffensive“, ein geplanter Aufmarsch in Hamburg, ein „Kennenlerntreffen“ in Kiel oder die Veranstaltung am Montag – sie dies nicht ungestört und unbehelligt machen und zum Verbreiten ihrer rassistischen und nationalistischen Politik nutzen kann, sondern sie immer wieder Gefahr läuft, mit antifaschistischen Gegenaktionen konfrontiert zu werden. Auch in Zukunft rufen wir alle Antifaschist_innen und Antirassist_innen dazu auf, sich den Rechtspopulist_innen der AfD und allen anderen Rassist_innen wann immer es angebracht ist, in den Weg zu stellen und dafür zu sorgen, dass der kalte eisige Wind des antifaschistischen Widerstands ihnen auch in Zukunft direkt ins Gesicht blasen wird.

AfD-Blockade in Kiel: Aktueller Stand der Verfahren

Anfang August wurden die Verfahren gegen 128 Antifaschist_innen, denen vorgeworfen wurde am 21. März 2015 in Kiel im Rahmen einer Kundgebung gegen den AfD-Landesparteitag in der Sparkassenarena „Hausfriedensbruch“ (§ 123 StGB) begangen zu haben, wegen mangelnden öffentlichen Interesses (§ 170 Abs. 2 StPO) eingestellt, da der Platz vor der Arena, obwohl er zum dortigen Privatgrundstück gehört, üblicherweise für Fußgänger nutzbar ist. Einige der Betroffenen erhielten dann Ende August Briefe der Polizei, in denen ihnen mit fast wortgleicher Begründung wie im Hausfriedensbruch-Verfahren nun „Landfriedensbruch“ (§ 125 StGB) vorgeworfen wird. Die Kieler Justizbehörden scheinen sich mit der Einstellung der Verfahren nicht zufriedengeben zu wollen.

Mittlerweile ist bekannt, dass die Anzeige wegen Hausfriedensbruch am 21.3. von der Betreibergesellschaft der Sparkassenarena, der „Konzert- und Veranstaltungsgesellschaft mbH [&] Co. KG Kiel“ gestellt wurde. Dies wurde auch vorher so von der Geschäftsführung mit der AfD für den Fall einer versuchten Blockade des Eingangs durch Antifaschist_innen abgesprochen. Die Konzert- und Veranstaltungsgesellschaft mbH [&] Co. KG Kiel ist ein Zusammenschluss aus Provinzial Versicherungen, Kieler Nachrichten und Citti Großmarkt, den Eigentümern der Halle. Diese hat mir ihrer bereitwilligen Kooperation mit der rassistischen Partei AfD nun für eine Repressionswelle gegen Kieler Antifaschist_innen gesorgt, anstatt sich, z.B. mit einer Absage der Veranstaltung, gegen rassistische Stimmungsmache zu positionieren.

Neben den Verfahren wegen Landfriedensbruch gibt bzw. gab es weitere Ermittlungsverfahren wegen „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“, „Beleidigung“ und „Vermummung“ gegen einzelne Aktivist_innen, inklusive mindestens einer nachträglichen Vorladung zur Polizei zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung. Einige dieser Verfahren wurden bereits eingestellt, teilweise gegen Auflagen, die anderen Verfahren laufen noch. In den Landfriedensbruch-Verfahren gibt es momentan keine aktuelle Entwicklung.

Die von der Polizei am 21.3. aufgenommenen personenbezogenen Daten der 128 Betroffenen wurden sowohl beim Landeskriminalamt als auch beim BKA gespeichert, allerdings angeblich nicht in den so genannten „Informationssystemen“ der Behörden (den Datenbanken für z.B. „politisch motivierte Straftäter_innen“) sondern „nur“ zur Vorgangsverwaltung bzw. Dokumentation. Über einen Rechtsanwalt wird momentan versucht herauszufinden, was mit solchen Daten geschieht, beim BKA wurde die Löschung beantragt.

Die Verfahren und eventuell anstehende Prozesse werden weiterhin von der Autonomen Antifa-Koordination Kiel und der Roten Hilfe Ortsgruppe Kiel solidarisch und öffentlich begleitet werden.

Sonderseite zum „AfD-Kessel“

Betroffen sind einige, gemeint sind wir alle!
Die Solidarität organisieren!

Kein Raum für rassistische Politik – AfD werden wiederholt Veranstaltungsräume in Kiel und SH gekündigt

Für kommenden Montag hat die rechtspopulistische „Alternative für Deutschland“ (AfD) eine öffentliche Veranstaltung unter dem Titel Wege aus der Asyl- und Flüchtlingskrise” angekündigt, bei der in üblich rassistischer Manier die „denkbaren Mechanismen zur Eindämmung der Flüchtlingsströme” vorgestellt und diskutiert werden sollen. Als Veranstaltungsort war das Hotel Consul vorgesehen. Das Hotel ist direkt neben dem AfD-Büro im Walkerdamm gelegen und in der Vergangenheit durchaus wiederholt Anlaufpunkt für ähnliches Klientel gewesen, beispielsweise für Treffen der Jugendorganisation der AfD „Junge Alternative“ oder eine Veranstaltung der AfD-Abspaltung „Allianz für Fortschritt und Aufbruch” (ALFA) unter dem Motto „Wir stoppen Merkel“, die erst am 24.11. dort stattfand.

Als Reaktion darauf wurde im Namen der Autonomen Antifa-Koordination Kiel ein Offener Brief (1) an das Hotel Consul verfasst in dem aufgeklärt wurde, für welche rassistischen und nationalistischen Parteien und Organisationen das Hotel regelmäßig seine Räume zur Verfügung stellt. Nachdrücklich wurde darum gebeten, die AfD für Montag wieder auszuladen und ihr auch in Zukunft keine Räume mehr zur Verfügung zur stellen. Zudem wurde eine antifaschistische Kundgebung in direkter Nähe zum Hotel angekündigt, sollte die AfD-Veranstaltung dennoch wie geplant stattfinden. Die zugetragenen Informationen und Argumente gegen die rassistischen Mieter_innen haben die Verantwortlichen des Consul offensichtlich rundum überzeugt, sodass der AfD die Räume kurzfristig wieder gekündigt wurden. Wir begrüßen diesen Schritt natürlich und hoffen auch in Zukunft auf ähnlich besonnenes Handeln des Hotel Consul im Umgang mit Anfragen rechter Akteure.

Die AfD wiederum muss sich nun spontan einen neuen Raum für ihre rechte Hetze suchen. Der neue Veranstaltungsort soll laut Selbstauskunft der AfD am Montag via Anzeige in der Lokalzeitung „Kieler Nachrichten“ (KN) veröffentlicht werden. Wir rufen alle Antifaschist_innen dazu auf, auch diese Versammlung der Rechtspopulist_innen nicht ungestört über die Bühne gehen zu lassen und den rassistischen Hetzer_innen direkt zu zeigen, was von ihnen zu halten ist.

Dass solche Initiativen auch spontan sehr gut möglich sind bekam die AfD bereits letzte Woche in Kiel zu spüren. Abermals per KN-Inserat hatte die Partei zu einem „Kennenlerntreffen“ in ein Restaurant am Exerzierplatz geladen. Daraufhin versammelten sich ohne lange Vorlaufzeit etwa 25 Antifaschist_innen mit Transparenten vor der vorgesehenen Lokalität und kamen in diesem Zuge auch mit dessen Betreiber ins Gespräch. Dieser erklärte, dass Achille Demagbo – aktueller Landesvorsitzender der AfD – ein ehemaliger Mitarbeiter von ihm sei und dieser für den Abend einige Tische reserviert habe. Er habe jedoch nicht gewusst, dass diese für ein solches Treffen genutzt werden sollten. Nachdem der Betreiber vor Ort nachträglich über die Ankündigung des Treffens und die Funktion Demagbos informiert wurde, erklärte dieser sofort, der AfD für kommende Treffen keine Räume mehr zur Verfügung zu stellen. Nach einigem Hin und Her durften die sieben bis acht auf ihrer Reservierung beharrenden AfD-Gestalten dennoch zumindest für diesen Abend in das Restaurant. Allerdings nur unter Anwesenheit einiger Antifaschist_innen, die gleichzeitig vom Betreiber auf Häppchen und Getränke eingeladen wurden. Den Rassist_innen dagegen wurden im Laufe des Abends noch die eine oder andere verbale Nettigkeit zukommen gelassen.

Auch in anderen Städten Schleswig-Holsteins mussten Rechtspopulist_innen ähnliche Erfahrungen machen: In Wedel und Pinneberg wurden der Partei ALFA die Räumlichkeiten verwehrt und in Uetersen wurde, ebenfalls als Reaktion auf einen Offen Brief von Antifaschist_innen, der Veranstaltungsort für einen Auftritt der stellvertretenden AfD-Vorsitzenden Beatrix von Storch gekündigt.

Mit Blick auf die selbsternannte „Herbstoffensive“ der AfD kann zumindest für Schleswig-Holstein und Hamburg konstatiert werden, dass die Rechtspopulist_innen nicht ungestört öffentlich agieren konnten und oftmals mit antifaschistischen Protesten konfrontiert wurden: Belagerte oder abgesagte Infostände in Kiel und Flensburg, direkte Aktionen gegen das Kieler Parteibüro, geplatzte Veranstaltungen aufgrund von fehlenden Räumlichkeiten und nicht zuletzt die gescheiterte norddeutsche Demonstration der AfD-Landesverbände in Hamburg Ende Oktober machten deutlich, dass Rassist_innen und Nationalist_innen einen schweren Stand im hohen Norden haben und ihre Hetze auf der Straße oder in öffentlichen Räumen regelmäßig auf Widerstand trifft.

(1) Offener Brief an das Hotel Consul

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An die Substanz presents: Rechte Infrastruktur in Neumünster – Mark Prochs Kneipen

Wir dokumentieren einen Artikel von Indymedia Linksunten:

Bei der Wahl des Oberbürgermeisters von Neumünster gaben nur 2,6% der Wähler_Innen dem NPD-Kandidaten Mark Michael Proch ihre Stimme, selbst in der extrem rechten Szene der Stadt an der Schwale ist Proch alles andere als unumstritten – zu den Wahlkampfveranstaltungen musste er sogar Kräfte aus Nordfriesland, Ostholstein und Hamburg mobilisieren, um nicht alleine dazustehen. Angesichts von Prochs gewaltverherrlichenden und menschenverachtenden Äußerungen sowie seiner sonstigen Ausfälle haben einige seiner Mitmenschen die Zusammenarbeit mit ihm eingestellt, so reagierte auch sein damaliger beruflicher Auftraggeber mit Kündigung der Verträge. Nichtsdestotrotz kann sich Proch neben seinem Freundeskreis auf eine Infrastruktur verlassen, die ihm den Rücken stärkt – und die wir als Ergänzung zur Kampagne „An die Substanz“ aufdecken wollen.

Folge 2: Prochs Kneipen


Die Nazi-Kneipe „Titanic“ von Horst Micheel und Pascal Micheel wurde schon des öfteren vorgestellt. Weniger bekannt sind der antifaschistischen Öffentlichkeit „Unsere kleine Kneipe“ sowie der „Party-Time-Club-NMS“, die jeweils (anders als die Titanic, die trotz einiger Meinungsverschiedenheiten strukturell eng mit dem NPD Kreisverband verstrickt ist und bleibt) keine explizit extrem rechten Gaststätten darstellen und daher auch kaum von Linken wahrgenommen werden, dadurch aber Nazis wie Mark Proch die Möglichkeit bieten, ungestört zu feiern, Kontakte zu knüpfen, Freundschaften zu pflegen… und ganz nebenbei politisch zu agitieren. Dass die NPD diese Strategie fest im Blick hat, zeigt, dass bereits vor einigen Jahren der Posten „Kontakt zu den Freien Kräften“ im Kreisverband Segeberg-Neumünster mit Horst Micheel, dem Wirt der Titanic, und Michael Denz, der teilweise im „Club 88“ hinter dem Tresen stand, besetzt waren.

„Unsere kleine Kneipe“


Zunächst fiel der private Partykeller der Verlobten Gunnar Rix und Monika Bruhn nur dadurch auf, dass es Überschneidungen zur Kundschaft der Titanic gab (so stand anfangs in der „kleinen Kneipe“ oft Thorsten Lensch hinter dem Tresen, der in der Broschüre „Braune Fallen“ als Mitadministrator der inzwischen gelöschten Facebook-Gruppe der Titanic angeführt wird).

Titanic-Wirt Horst Micheel, dem die Popularität der Konkurrenz wohl schon auf die Nerven ging, erinnerte in einem schon fast verzweifelten Tonfall auf der von Gunnar Rix betriebenen Facebook-Seite daran, dass auch in seiner Kneipe Bier verkauft werde. Gunnars Rix Freundesliste auf Facebook umfasst inzwischen Neumünsteraner Nazis wie die Micheels, Wolfgang Endler, Rene Martens, Timo Bauhuber, Björn Callsen, Florian Boysen und Birger Clausen. NPD-„Ratsherr“ Mark Michael Proch und Sonja Proch sind Stammgäste, Sonja stand aber auch schon hinter dem Tresen der Kneipe. Zu vermuten ist, dass Horst Micheel, der sich im Clinch mit dem Kreisvorstand der extrem rechten Partei befand und seine Lokalität nicht mehr für NPD-Veranstaltungen zur Verfügung stellte, auch deshalb wieder davon abgerückt ist, weil die „kleine Kneipe“ der Titanic den Rang abzulaufen drohte. Fakt ist zumindest, dass die NPD sich am 20. September zur „Landesversammlung“ in der Kneipe in der Wippendorfstraße traf. Mit dabei war auch der stellvertrende Parteivorsitzende Stefan Köster, der 2004 auf eine am Boden liegende Antifaschistin eingetreten hatte und daher wegen „wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung“ verurteilt wurde. Fakt ist aber auch, dass Gunnar Rix und Monika Bruhn nicht nur den Nazis mit ihrer „Kneipe“ eine Ausweichmöglichkeit bieten, sondern sich auch selbst am 14.11.2015 am gescheiterten Aufmarschversuch der rassistischen Gruppe „Neumünster wehrt sich“ beteiligten und gegen Flüchtlinge hetzten.

„Party-Time-Club-NMS“


Recht unauffällig kommt der von Alexandra Schroeter betriebene Clubraum „Party-Time“ daher, der in der Wrangelstraße 34 im gleichen Gebäudekomplex wie die Nazi-Kampfsportschule „Athletik-Klub-Ultra“ um Tim Bartling und die Brüder Frank und Stefan Rickmann untergebracht ist. „Wir sind eine lustige Truppe die sich einen Party/Clubraum zugelegt hat.Wir veranstalten verschiedene kleine Events und Feiern und freuen uns immer über nette,neue Gäste.“ heißt es in der Gruppenbeschreibung. Die Betreiberin, die außer der üblichen Mordaufrufe gegen Pädosexuelle kaum politische Inhalte postet, aber mit Gunnar Rix und Monika Bruhn befreundet ist, freut sich anscheinend auch dann über Gäste, wenn diese ein menschenverachtendes Weltbild und eine stramme Naziideologie mitbringen. Neben Mark Michael Proch, der neben der Hetze gegen refugees im Alkoholkonsum und Partyleben ein zweites Hobby gefunden zu haben scheint, ist hier vor allem Andre Juditzki zu nennen. Juditzki, der wie Proch, Rix und Bruhn an der Rassist_Innen-Demonstration am 14.11.2015 teilnahm, fiel vorher besonders durch seine menschenverachtenden, aber orthographisch wenig überzeugenden Kommentare im Internet auf: Am 04. Juli wünschte er anlässlich eines tödlichen Badeunfalls eines Flüchtlings, dieses Schicksal möge alle ereilen („Sie müssen alle auf see“), am 10. Juli postete ein Kamerad auf Juditzkis Facebook-Seite zu einem Artikel über die überfüllte Erstaufnahmeeinrichtung in Neumünster: „Wirft eine Handgranate rein und schon ein paar weniger“. Am 20. Juli betonte er, stolz darauf zu sein, als „NAZI“ bezeichnet zu werden, am 28. August hetzte er gegen „Abgeficktes ausländer pack“.

Nota bene: Kein gutes Licht auf Manfred Riemkes organisatorische Fähigkeiten wirft die Tatsache, dass er trotz dieser breiten Infrastruktur, auf die sich Nazis in Neumünster verlassen können, nicht in der Lage war, eine Kneipe zu finden, in der sich sein inzwischen schon wieder aufgelöster „Bund für Deutschland“ treffen konnte.

Über die Kampagne „An die Substanz – rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben“:
Verschiedene antifaschistische Gruppen rufen im Rahmen dieser Kampagne dazu auf, rechte Rückzugsräume und Geschäftswelten aus der Deckung zu holen und anzugehen. Aktuelle Informationen zu der Kampagne gibt es regelmäßig auf dem Blog andiesubstanz.noblogs.org. Dort gibt es auch eine Übersicht über rechte Geschäftswelten in Kiel, Plön und Neumünster.


Artikel mit Bildern auf Indymedia Linksunten

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