Gelb-Rot-Braun – Schleswig-Holsteiner Nazis unterwandern Bandidos MC

Wir dokumentieren einen schon etwas älteren aber immer noch aktuellen Artikel aus dem Antifa Infoblatt Nr. 85 zur Verstrickung von Neonazis in den so genannten „Rockerkrieg“ in Schleswig-Holstein.
Ehemaliger Landesvorsitzender der NPD Schleswig-Holstein, Peter Borchert, jetzt bei den Bandidos Neumünster.
Immer wieder haben wir über die Umtriebe des Kieler Neonazis Peter Borchert berichtet. Peter Borchert, inzwischen 36 Jahre alt, hat bereits beinahe 10 Jahre seines Lebens im Gefängnis verbracht. Bekannt geworden als Teil derjenigen militanten Neonazis, die in Schleswig-Holstein erfolgreich die Macht im Landesverband der NPD an sich rissen, und dies erst nach massiver Intervention der Bundespartei verloren, hatte er zuletzt eine Kameradschaft Autonomer Nationalisten in Kiel aufgebaut. Diese „Aktionsgruppe Kiel“ war zwischenzeitlich so selbstbewusst, dass sie sich vor einem Jahr auf eine offene Konfrontation mit den Hells Angels Kiel einließen. Als im August 2008 vor dem Amtsgericht Kiel ein Prozess gegen zwei aus der rechten Szene Kiels stammenden Brüder, denen vorgeworfen wurde, während einer Diskothekenschlägerei ein Hells Angels Mitglied niedergestochen zu haben, geführt werden sollte, mobilisierte Borchert zur Unterstützung seine „Aktionsgruppe“. Bei der zwangsläufigen Konfrontation mit dem nahezu vollständigen Chapter der Kieler Hells Angels vor dem Amtsgericht, soll Borchert nach Augenzeugenberichten, zwei der Gegner niedergestochen haben. Mittlerweile wurden sowohl Borchert, als auch die beiden Brüder wegen dieser Taten freigesprochen. Insbesondere der Freispruch Borcherts war auf der Basis der Zeugenaussagen vor Gericht kaum nachzuvollziehen.
Borchert und ein Teil seiner Kameraden kennen die verfeindeten Hells Angels-Mitglieder teilweise seit früher Jugend. Gemeinsam war man in rechten Jugendgangs auf dem Kieler Ostufer groß geworden. Borchert scheint mit seinen autonomen Nationalisten im Interessenbereich der Hells Angels gewildert zu haben und versuchte nun, seine Interessen mit Nachdruck zu verteidigen. Darüber hinaus dürfte Borchert den Hells Angels immer noch verübeln, dass sie dem ehemaligen Neonazi Klemens Otto (Combat 18 Pinneberg) eine Ausstiegsalternative in einem neumünsteraner Tätowierstudio geboten haben. Nazis aus Borcherts Umgebung hatten mehrfach im Internet vermutet, dass Otto belastende Aussagen zum Nachteil Borcherts gemacht hatte.
Der Umstand, dass Borchert bei der Konfrontation vor dem Kieler Amtsgericht ohne Scheu seine Kameraden verheizt hat, wurde später kaum diskutiert. Der an der Schlägerei beteiligte NPD-Funktionär Christian Rausch wurde bei der Schlägerei so stark verletzt, dass er aufgrund eines Knochenbruchs vermutlich bleibende Schäden erleidet. Er gab an, von Personen, die der „Aktionsgruppe Kiel“ zugerechnet werden müssen bedroht worden zu sein, er solle nicht gegen Borchert aussagen.
Trotz des Freispruches führte die Auseinandersetzung mit den Hells Angels für die Beteiligten zu erheblichen Problemen im Alltag. Borcherts Pläne, mit seinen Kameraden im Türsteherbereich aktiv zu werden, ließen sich vor dem Hintergrund des schwelenden Konfliktes nicht realisieren. Einer der beiden an der ersten Auseinandersetzung beteiligten Brüder wurde zwischenzeitlich angeschossen, ein eindeutiges Signal für die Zukunft.
In dieser Situation kam es den Beteiligten gerade recht, dass der Rockerclub Bandidos just in diesem Moment eine Ausweitung nach Schleswig-Holstein plante. Der Bandidos MC ist einer der weltweit agierenden Rocker-Clubs und führt seit Jahren einen harten Kampf gegen die konkurrierenden Hells Angels. Bei diesen Auseinandersetzungen kommt es immer wieder auch zu Schwerverletzten und Toten. Die unter den Vereinsfarben rot-weiß agierenden Hells Angels kontrollieren bislang Hamburg und Schleswig-Holstein. Die unter den Farben gelb-rot auftretende „Bandidos Family“, bestehend aus den eigentlichen Bandidos und ihren zahlreichen Untergruppen, rekrutieren oftmals ehemalige Hells Angels-Mitglieder oder frustrierte Anwärter, die nach jahrelangem Warten auf die Vollmitgliedschaft eine Alternative suchen. Als im Mai 2009 Chapter der Bandidos Untergruppe „Chicanos“ in Kiel, Rendsburg und Neumünster eröffnet wurden, bot sich daher für Borchert und Kameraden eine Chance, sich mit starker Rückendeckung neu zu organisieren. Borchert knüpfte daher schnell Kontakte zum neumünsteraner Chapter. Die Chapter Kiel und Rendsburg streckten allerdings unmittelbar nach ihrer Gründung die Fahnen und gaben ihre Kutten bei den Hells Angels ab. Anders das neumünsteraner Chapter, das seit November diesen Jahres den offiziellen Status eines „probationary Chapters“ der Bandidos hat. In diesem Chapter fand nun nicht nur Borchert, sondern offensichtlich auch andere Nazikader eine neue Heimat. Nach Polizeiinformationen sind neben Borchert und dem einen der beiden eingangs erwähnten Brüder Ralf D., der ehemalige Club 88-Mitbetreiber Tim Bartling und der aus Oldenburg/Holstein stammende Alexander Hardt Mitglieder der Bandidos Neumünster.
Bartling, der als Freefight Kämpfer immer wieder behauptet, er sei nicht mehr in der Nazi-Szene aktiv, hält sich zur Zeit mit öffentlichen Auftritten zurück. Dagegen traten Borchert und Hardt in den vergangenen Monaten mehrfach mit Kutte in Neumünster und bei anderen Bandidos-Chapters auf.
Alexander Hardt war bereits im Jahr 2006 aufgefallen. Vor dem Amtsgericht Oldenburg/Holstein wurde er in einem Prozess freigesprochen. Hardt ließ sich damals von dem Hamburger Nazi-Anwalt Rieger vertreten. Im Prozess bestätigte Rieger, dass Hardt schon während der Demonstrationen gegen die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ schwedische Nazis betreut hatte.
Im Herbst dieses Jahres sollte Hardt in Herzberg bei Göttingen wegen Herstellung und Verbreitung der 2003 erschienenen und mittlerweile indizierten CD „Geheime Reichssache“ der Rechtsrockband „Kommando Freisler“ beteiligt gewesen sein. 
Hardt wird vorgeworfen, das Booklet der CD hergestellt zu haben. Die CD wurde über den dem Blood and Honour-Netzwerk zuzurechnenden Vertrieb „Celtic Moon“ vertrieben. 

Wo die illegale CD produziert wurde, ist bisher unklar. „Wir vermuten in Norddeutschland, möglicherweise Schleswig-Holstein“, sagt Oberstaatsanwalt Heimgärtner.
Zwei Bandmitglieder wurden in dem Prozess am 2. November vom Amtsgericht Herzberg aufgrund eines Geständnisses zu Geldstrafen in Höhe von 3.600 und 3.000 Euro verurteilt. Gegen Hardt konnte der Prozess nicht durchgeführt werden, da sein Verteidiger RA Rieger kurz zuvor verstarb. Eine Verurteilung ist hier wahrscheinlich. Bislang ist unklar, ob Hardt im Rahmen seiner Skandinavien-Kontakte in größerem Maße als bisher bekannt in die internationale Blood and Honour-Struktur eingebunden war.
Neuerdings macht Hardt allerdings eher profane Geschäfte. Mit Geschäftssitz im neumünsteraner Nazi-Treff Club 88 betreibt er unter der Internet-Seite „Polenschlüssel.de“ den Verkauf von Einbruchswerkzeug.
Alles in allem wird deutlich, dass mindestens drei der neuen Mitglieder des Bandidos Chapters Neumünster jedenfalls ehemals sehr aktive Nazi-Aktivisten sind, die bis heute in die schleswig-holsteinischen Nazistrukturen eingebunden sind. Es ist fraglich, ob sie ihre Naziaktivitäten nunmehr einstellen oder als Bandidos-Mitglieder weiter betreiben. Beobachter der Szene stellen allerdings fest, dass die Anbindung an die Naziszene anhält. So berichten neumünsteraner Antifaschisten von Treffen der Bandidos-Mitglieder im Club 88. Auch Peter Borchert soll weiterhin engen Kontakt zu seiner „Aktionsgruppe Kiel“ halten, auch wenn er aus Angst vor den Hells Angels ein offenes Auftreten in Kiel vermeidet.
Die Bandidos, die schon in der Vergangenheit dadurch aufgefallen sind, dass Nazibands in ihren Clubheimen auftreten konnten, haben mit der Verleihung des Probatory Status an das Chapter Neumünster ein klares Zeichen gesetzt, dass sie Nazis in ihrem Club, in dem auch viele Migranten aktiv sind, akzeptieren. Jedenfalls in Neumünster bestehen gute Chancen dass der Bandidos MC nicht als – wie bei Rockern üblich – 1%er Club, sondern als 88%er den Club-Farben rot-gelb einen deutlich braunen Klecks verpassen.