Kiel: 200 beschimpfen NPD-Flaggschiffbesatzung

+++ Lautstarke Gegenkundgebung gegen NPD-„Deutschlandtour“ in Kiel +++ Bis zu 200 Antifaschist_innen am frühen Vormittag am Asmus-Bremer-Platz +++ Farbeier und Tomaten Richtung nicht-verständliche Nazi-Redner ++++ Kaum lokale Unterstützung für die Bundes-NPD +++

Nachdem die ambitionierte NPD-„Deutschlandtour“ mit dem selbsternannten „Flaggschiff“ zum Start am gestrigen Montag entgegen eigener Ankündigungen nicht über die Grenzen Mecklenburg-Vorpommerns hinaus gekommen war, die für den frühen Abend angekündigte Kundgebung in Neumünster dem defizitären Zeitmanagement sowie dem technischen Ungeschick der Reise-Nazis zum Opfer gefallen war und das antifaschistische Empfangskomitee erfreulicherweise unverrichteter Dinge den Nachhauseweg antreten konnte, warteten heute, am Vormittag des 13. August 2013 bis zu 200 Antifaschist_innen nicht vergebens in der Kieler Innenstadt. Nach einigem Hin und Her bezüglich des genauen Kundgebungsortes im Vorfeld, hatte sich schlussendlich der Asmus-Bremer-Platz mit großer Gewissheit als Ziel der Nazi-Karawane herauskristallisiert. Antifaschistische Gruppen hatten deshalb kurzfristig für 9 Uhr zu einer Gegenkundgebung am selben Ort aufgerufen.

asmusBereits vor dem Eintreffen der ersten Demonstrant_innen hatte die Polizei die Hafenstraße vor dem ehemaligen Karstadt Sport-Gebäude abgeriegelt und ließ hier nur ausgewählte Passant_innen durch. Nachdem es noch kurz zu einer allseitig Verwirrung stiftenden Situation gekommen war, bei der auf einmal der allein angereiste lokale NPD-Anmelder und Kieler Ratsherr Hermann Gutsche ungewollt inmitten der Antifaschist_innen stand, aber schnell von Polizist_innen auf seine Seite gerettet werden konnte, formierte sich noch vor Eintreffen des Nazi-Lasters eine Kundgebung mit zunächst etwa 100 Teilnehmer_innen. In einem kurzen Redebeitrag wurde darauf aufmerksam gemacht, weshalb man sich noch vor allgemeiner Ladenöffnung in der Kieler City versammele und dazu aufgerufen, die Neonazis, die zu diesem Zeitpunkt bereits am IKEA-Parkplatz am Stadtrand gesichtet worden waren, möglichst unangenehm zu empfangen.

Gegen 9.30 Uhr rollte dann tatsächlich der NPD-Werbelaster samt der zwei Busladungen obligatorischer Ordnertruppe und dem bescheidenen lokalen Support in Jens Lütkes Kleinwagen, der außer den Fahrzeughalter selbst noch die Lübecker Jörn Lemke und Jörn Gronemann transportierte, in den polizeilich reservierten braunen Korridor. Als Hermann Gutsche nach der Aufbauphase schließlich mit seiner Eröffnungsrede loslegte, hallten wüste Beschimpfungen, Antifa-Parolen und Störgeräusche aus diversen Lärmquellen durch die Holstenstraße. Garniert wurde das für die frühe Uhrzeit doch recht wütende Begrüßungsszenario mit einigen braunen Farbeiern und gammeligen Tomaten, die in Richtung Nazi-Kundgebung flogen. Der von den am Ende bis zu 200 Gegendemonstrant_innen verschiedener Spektren fabrizierte Lärmpegel konnte durchweg aufrecht gehalten werden, so dass es auch für die NPDler selbst schwierig gewesen sein dürfte, der anschließenden ellenlangen Rede Holger Apfels und dem nachfolgenden Gestotter Ronny Zasows zu folgen.

ffNoch vor 10.30 Uhr kamen die Nazi-Redner der lautstarken Forderung ihres Publikums, nämlich die Fresse zu halten, endlich nach. Die Roadies räumten den Schrott zusammen und der Wanderzirkus verließ Kiel mit dem mutmaßlichen Ziel Hamburg. Wie schon im letzten Jahr ließ sich der Sinn dahinter, dutzende Städte bundesweit abzuklappern, um sich dort beschimpfen zu lassen, auch bei der diesjährigen Station des „Flaggschiffs“ in Kiel nicht endgültig erschließen. Für die antifaschistische Mobilisierung kann jedoch einmal mehr resümiert werden, dass trotz undankbarer Zeit wirklich beeindruckend viele Leute gekommen sind, um der NPD ihre Abneigung zu demonstrieren, dass es durchgängig amtlich laut gewesen ist und dass an der Förde nach wie vor auf eine Menge Leute Verlass ist, wenn es darauf ankommt, spontan und flexibel auf Nazi-Auftritte zu reagieren. Nichtsdestotrotz heißt es Daumen drücken, dass der hässliche Laster möglichst bald eine der vielen noch angekündigten Stationen nicht überlebt, so dass das heutige hoffentlich als sein letztes Gastspiel in Schleswig-Holstein in die Geschichte eingehen kann.

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Jens Lütke

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Aktueller Stand zur NPD-Kundgebung und Pressemitteilung

Wie heute bestätigt werden konnte, hat die NPD ihre Kundgebung ab 9 Uhr auf dem Asmus-Bremer-Platz angemeldet. Antifaschistische Gruppen aus Kiel mobilisieren seit Sonntagabend ebenfalls zum Asmus-Bremer-Platz, um wenn möglich dort die NPD-Kundgebung zu blockieren oder von dort aus flexibel auf mögliche Ausweichorte der NPD reagieren zu können.

Für Morgen wird es einen Ermittlungsausschuss (EA) geben, wo Betroffene von Polizeimaßnahmen, Gewahrsam- oder Festnahmen gemeldet werden können. Der EA ist unter der Nummer 0431 – 5303435 zu erreichen.

Da zeitgleich zur NPD-Kundgebung in Kiel mehrere Stolpersteine verlegt werden, haben wir heute untenstehende Pressemitteilung an die Medien und Verantwortlichen in der Stadt verschickt.

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PM: Verlegung von Stolpersteinen zeitgleich zu NPD-Kundgebung in Kiel

Um an die Opfer von nationalsozialistischer Gewalt zu erinnern, werden vor ihren letzten selbstgewählten Wohnorten Stolpersteine eingelassen. Am Dienstag, 13. August, werden ab 9 Uhr in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel 24 neue Gedenksteine verlegt. Zeitgleich will die NPD im Rahmen ihrer „Deutschlandtour“ eine Wahlkampfkundgebung in Kiel abhalten. Dabei sollen ein mit Werbung versehener Kleinlaster, mehrere Begleitfahrzeuge und Parteiprominenz rassistische Botschaften verbreiten. Im Rahmen einer ähnlichen Veranstaltung versuchten die Neonazis bereits im vergangenen Jahr vergeblich, eine Kundgebung auf dem Asmus-Bremer-Platz für rassistische, nationalistische und antisemitische Hetze zu nutzen.

Der Künstler Gunter Demnig erinnert mit Gedenksteinen aus Messing, auf denen die Namen und die wichtigsten Lebensdaten der Opfer stehen, seit 1997 an die Verbrechen des Nazi-Regimes. Es wurden bereits mehr als 40.000 Stolpersteine in 700 europäischen Orten verlegt. In Kiel sind es bisher 146 Gedenksteine. Zwischen den Gedenkorten (Schloßstraße, Kronshagener Weg, Waitzstraße, Küterstraße) und den möglichen Auftrittsorten der NPD-Führungsriege liegen nur wenige Meter.

„Rassistische und sozial-chauvinistische Parolen sind in unmittelbarer Nähe einer Gedenkveranstaltung, die unter anderem von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Schleswig-Holstein, Schüler*innen der Humboldtschule und dem Gymnasium Altenholz organisiert wird, nicht hinnehmbar und höhnen der Opfer“ kommentiert Julia Schmidt von der Autonomen Antifa-Koordination Kiel.

Und weiter: „An der Denkweise alter und neuer Nazis hat sich seit dem Tod der Familien Levy und Weitz, an deren Deportation am Dienstag erinnert werden soll, nicht viel geändert. Umso unerträglicher ist es, wenn heutzutage immer noch Neonazis ihre menschenverachtenden Meinungen verbreiten.“

Wie jetzt bestätigt wurde, hat die NPD ihre Kundgebung ab 9 Uhr auf dem Asmus-Bremer-Platz angemeldet. Weitere Plätze sollen als Ausweichort für den Fall von Protesten angemeldet worden sein. Aus diesem Grund rufen antifaschistische Gruppen für Dienstag ab 9 Uhr zur Gegenkundgebung auf dem Asmus-Bremer-Platz auf.

Mölln92 – Gedenken und anklagen!

800 Menschen demonstrieren in Mölln – 500 Menschen in Kiel. Die letzten Wochen standen für schleswig-holsteinische AntifaschistInnen im Zeichen des Gedenkens an die Opfer der rassistischen Brandanschläge von Mölln, der Opfer des NSU und faschistischer Gewalt.
Für den 17.11.12 riefen die Antifa Herzogtum Lauenburg (AHL), der Freundeskreis in Gedenken an die rassistischen Brandanschläge von Mölln 92 und die bundesweite Kampagne „Rassismus tötet!“ zu einer überregionalen Gedenkdemonstration in Mölln auf. Rund 800 Menschen folgten dem Aufruf, zusammen mit der Familie Arslan an die Opfer zu gedenken und die rassistischen Verhältnisse in Deutschland anzuklagen. Die Demonstration war geprägt von linken und antifaschistischen Gruppen, der Freundeskreis und die Familie Arslan liefen in den ersten Reihen der Demonstration. Etwa 60 AntifaschistInnen aus Kiel reisten gemeinsam nach Mölln zur Demo, die Autonome Antifa-Koordination Kiel war mit einem großem Transparent „Der Verfassungsschutz macht keine Fehler, er ist er Fehler!“ präsent. Es gab beeindruckende Redebeiträge vom Freundeskreis, Ibrahim Arslan und VertreterInnen linker und antifaschistischer Initiativen. Die AHL kritisiert in einer ersten Stellungnahme die geringe Beteiligung Möllner Bürgerinnen und Bürger, was mit einer überzogenen Gefahrenprognose der Polizei anlässlich der Beteiligung antifaschistischer Gruppen aus dem norddeutschen Raum begründet wurde. Während der Demonstration schlossen sich jedoch auch viele Menschen spontan an, als sie die Familie Arslan in der ersten Reihe laufen sahen.
Am Abend fand in Mölln noch ein gut besuchtes Gedenk- und Solidaritätskonzert statt, wleches vom Freundeskreis organisiert wurde.
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17.11.12 Mölln (Foto von https://secure.flickr.com/photos/89360115@N03/sets/72157632089028971/)
Im Kontext der darauf folgenden Gedenkwoche in Mölln errichteten AntifaschistInnen der Antifa Herzogtum Lauenburg am 22.11. in der Ratzeburger Straße in Mölln ein Gedenkschild, um an die Opfer des rassistischen Brandanschlages von 1992 zu erinnern und führten symbolisch „in Gedenken an die beim Brandanschlag in der Mühlenstraße verstorbene Bahide Arslan die Umbenennung des „Lohgerbergang“ in den „Bahide-Arslan-Gang““ durch.
Zum Eklat kam es bei der „offiziellen“ Gedenkfeier der Stadt Mölln und des Landes Schleswig-Holstein, als Torsten Albig (SPD), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, und Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU) nach ihren obligatorischen Reden den Ort des Geschehens schnellstmöglich verlassen wollten. Die Familie Arlsan stellte sich den beiden in den Weg und forderte sie auf, der Veranstaltung bis zum Ende beizuwohnen.
Fotos der Möllner Demo bei flickr
Zur Demonstration in Kiel am 24.11. hatte der Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus unter dem Motto „Wehret den Fortsetzungen!“ aufgerufen. Das antifaschistischen Bündnis in Kiel wollte damit auch in der Landeshauptstadt ein Zeichen gegen Neonazis und faschistische Gewalt setzen und den Opfern von Mölln und des NSU gedenken. Etwa 500 Menschen verschiedenster politischer Couleur beteiligten sich daran, von linken und antifaschistischen Gruppen und Organisationen über Türkische Gemeinde, Gewerkschaften und Linkspartei bis hin zur SPD waren viele Fahnen und Transparente vertreten. Die Demo zog nach einer Auftaktkundgebung mit Redebeiträgen des Runden Tisches, des Jugendbündnis gegen Rechts und von Avanti vom Hauptbahnhof auf einer leider etwas menschenleere Strecke über die Gablenzbrücke nach Gaarden. Hier wuchs die Demo noch einmal an und machte mit Kundgebungen auf dem Bahide-Arslan-Platz und dem Vinetaplatz auf ihr Anliegen aufmerksam. Auf dem Bahide-Arslan-Platz sprach nach einem Sprecher des AK Migration ver.di Kiel-Plön wie schon in Mölln eine Vertreterin des Freundeskreis in Gedenken an die rassistischen Brandanschläge von Mölln 92 und verlas Grußworte der Familie Arslan. Auch sie berichtete vom Kampf in Mölln, Straßen oder Plätze nach den Opfern, ähnlich wie in Kiel, zu benennen. Die Demo endete auf dem Vinetaplatz mit einer Abschlusskundgebung, auf der neben dem Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und der Partei DIE LINKE die Autonome Antifa-Koordination Kiel einen Redebeitrag mit dem Titel „Das Problem heißt Rassismus – Rassimus tötet!“ hielt und die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen rassistische Brandanschläge und NSU erst möglich würden, kritisierte.
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Die Kieler Demo kann aufgrund ihrer TeilnehmerInnenzahl als positiv gewertet werden, sie entsprach den Erwartungen des Runden Tisches gegen Rassismus und Faschimus. Leider kritisiert werden muss das teilweise unangemessene Verhalten einiger Demo-TeilnehmerInnen, die durch den Konsum von Alkohol und/oder dem Werfen von Böllern auf Bürgersteige, inhaltlich unpassende Parolen und Pseudo-„Vermummung“ dem Anliegen der Demonstration – würdiges Gedenken und Herstellen von kritischer Öffentlickeit – zuwider handelten. Eine permanente selbstkritsche Reflektion antifaschistischer Demokultur bleibt weiterhin eine aktuelle Herausforderung nicht nur organisierter Antifaschist_innen.
Gleichzeitig zu der Demonstration in Kiel gingen in Berlin etwa 5000 AntifaschistInnen in Gedenken an den 1992 von Faschisten ermordeten Antifa und Hausbesetzer Silvio Meier auf die Straße.
In diesem Sinne: Das Erinnern erkämpfen!
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Mehr Fotos von der Kieler Demo bei Indymedia
>> Weitere Berichte zur Kieler Demo von KN und KielKontrovers
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Redebeitrag 16.7.2012 / Antifa-Aktionen Kiel-City

Liebe Leute hier in der Kieler Innenstadt!

Wir versammeln uns hier gerade zu ungewohnter Stunde, weil die neonazistische NPD hier ab 11 Uhr auf dem Asmus-Bremer-Platz eine Kundgebung durchführen will.

Diese steht im Kontext einer vergangenen Donnerstag gestarteten bundesweiten Propagandatour, mit der die Nazi-Partei in den kommenden Wochen angeblich insgesamt 52 Städte abklappern und mit Kundgebungen belästigen will. Enden soll diese sogenannte „Deutschlandtour“, bei der vor allem Redner aus der NPD-Führungsriege zu Wort kommen, im August beim Nazigroßevent „Deutsche Stimme-Pressefest“. Unterwegs ist die bisher übersichtlich gebliebene Anzahl Neonazis mit einem als „Flaggschiff“ betitelten, gut erkennbaren NPD-Werbelaster, der sowohl als Blickfang wie auch als technische Infrastruktur das Zentrum dieser Kundgebungen darstellt.

Für heute kündigt die NPD in diesem Zusammenhang an, auch in Schleswig-Holstein halt machen zu wollen. Neben der genannten Kundgebungen um 11 Uhr hier auf dem Asmus-Bremer-Platz in Kiel, gegen die wir uns hier gerade versammeln, will sie nachher um 16 Uhr außerdem auch auf dem Großflecken in Neumünster auftauchen.

Was die lokale Naziszene längst weiß, ihre bundesweite Führung aber heute wohl noch lernen muss: Selbstverständlich werden wir auch diesmal nicht tatenlos zusehen, wenn Neonazis versuchen, öffentlichkeitswirksam mit ihrer rassistischen, antisemitischen und nationalistischen Hetze an bestehende und sich in Zeiten der kapitalistischen Krise verschärfende Ressentiments in der Gesellschaft anzudocken. Die Aktualität der Tödlichkeit ihrer wahnhaften Ideologie hat zuletzt einmal mehr die rassistische Mordserie des vom bundesdeutschen Inlandsgeheimdienst Verfassungsschutz hofierten sogenannten NSU auf erschütternde Art und Weise unter Beweis gestellt.

Sollte das Nazi-Flaggschiff hier also gleich unbeschadet ankommen – soweit uns bekannt ist, ist es leider noch nicht den teilweise sehr erfolgreichen bisherigen antifaschistischen Gegenaktivitäten gegen die NPD-Deutschlandtour zum Opfer gefallen – rufen wir Euch alle dazu auf, der NPD gemeinsam und entschlossen die Tour zu vermasseln, sie am besten garnicht erst hier auf den Platz zu lassen, aber mindestens ihre Kundgebung massiv mit allem was Euch so einfällt zu stören.

DEN NAZIS DIE TOUR VERMASSELN!

DIE FÖRDE ZUM BERMUDADREIECK: NPD-FLAGGSCHIFF VERSENKEN!

IN KIEL UND ÜBERALL: NPD-KUNDGEBUNGEN VERHINDERN!

NPD-Flagschiff in Kiel verirrt

+++ Solider antifaschistischer Standard im Umgang mit Nazikundgebungen in Kiel gehalten +++ Über 200 Antifaschist_innen verhindern NPD-Kundgebung am Asmus-Bremer-Platz +++ Kurzer Auftritt der Neonazis am Dreiecksplatz endet in lautstarken Gegenprotesten +++ Verlegung des Nazikundgebungsort aufgrund von Gegendemonstrationen auch am Nachmittag in Neumünster +++
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Heute, am Montagvormittag des 16. Juli 2012 beteiligten sich etwa 200 Antifaschist_innen aller Coleur an Aktivitäten gegen eine Kundgebung der neonazistischen NPD in Kiel. Bereits um 10 Uhr versammelten sich über 100 Gegendemonstrant_innen am Europaplatz, wohin die Autonome Antifa-Koordination Kiel unter dem Motto „Die Förde zum Bermudadreieck: NPD-Flaggschiff versenken!“ mobilisiert hatte. Zeitgleich mit Aktivist_innen des Kieler Jugendbündnis gegen Rechts, die vom Gewerkschaftshaus in die Innenstadt gezogen waren, blockierten diese anschließend zwei Zufahrtsstraßen des Asmus-Bremer-Platz, für den die Neonazis ihre Veranstaltung ab 11 Uhr angemeldet hatten. Kurzzeitig machte die Polizei Anstalten, einen Teil des Platzes für eine NPD-Kundgebung zu räumen und abzusperren. Aufgrund dieser Ausgangslage war es der NPD, die seit einigen Tagen unter Beteiligung ihrer Bundesführung mit einem als „Flaggschiff“ betitelten Werbelaster durch zahlreiche Städte Deutschlands tourt, allerdings nicht möglich, inmitten der Kieler Innenstadt ihre Hetze zu verbreiten.
Stattdessen tauchten die etwa zehn Neonazis samt LKW gegen 11.30 Uhr in der Holtenauer Straße nahe des Dreiecksplatz auf, wohin sich die Antifaschist_innen darauf umgehend mit einer Spontandemonstration vom Asmus-Bremer-Platz über die Holstenbrücke und Bergstraße in Bewegung setzten. Trotz mehrerer Versuche der massiv präsenten Polizei, die Gegendemonstrant_innen am Erreichen ihres Ziels zu hindern, konnten diese sich ihren Weg zum Dreiecksplatz bahnen, so dass den durch mehrere Polizeiwannen abgeschirmten Neonazis kurze Zeit später zahlreiche Antifaschist_innen gegenüberstanden. Nach nur kurzer Redezeit musste die NPD schließlich unter lautstarken antifaschistischen Sprechchören und wüsten Beschimpfungen aus bis zu 200 Kehlen ihre Sachen packen und mit ihrem Laster die Stadt verlassen, da es laut des Leiters des Kieler Ordnungsamtes „zu unruhig und gefährlich“ wurde. Auf Seiten der Neonazis war die übliche Besatzung des „Flaggschiffes“ sowie die schleswig-holsteinischen Neonazis Jens Lütke, Ingo Stawitz und Daniel Nordhorn anwesend.
Auch wenn das „Flaggschiff“ heute (noch) nicht, wie im Aufruf gefordert, in der Förde versenkt werden konnte, war auch die Station der NPD-„Deutschlandtour“ in Kiel aus antifaschistischer Perspektive ein Erfolg. Dass in nur wenigen Tagen an einem Montagvormittag eine wirklich beachtliche Zahl an Antifaschist_innen zu den Gegenaktionen mobilisiert werden konnte, hat deutlich gemacht, dass Kiel weiterhin kein gutes Pflaster für Naziveranstaltungen ist, was nun hoffentlich auch die NPD-Bundesebene verstanden haben dürfte und in Zukunft von solchen Auftritten absieht.
Für den Nachmittag plante die NPD ihre sogenannte „Deutschlandtour“ in Neumünster fortzusetzen, auch hier hatten antifaschistische Initiativen zu Gegenaktionen aufgerufen. Ab 15 Uhr versammelten sich mehrere Dutzend Antifaschist_inne auf und um den Großflecken in der Neumünsteraner Innenstadt, um die Neonazis ein zweites Mal an diesem Tag mit antifaschistischem Widerspruch zu konfrontieren. Nachdem es hier bereits vor Eintreffen des Nazi-„Flaggschiffes“ zu kurzen aber zielsicheren Tumulten um einen herumlungernden Nazispäher gekommen war, wurde der NPD-Kundgebungsort von den städtischen Behörden vom Großflecken auf den Platz an der Rudolf-Weißmann-Straße verlegt. Hier versammelten um ab kurz nach 16 Uhr zwar ein paar mehr Neonazis als noch in Kiel um ihren Laster und auch die Reden fielen etwas ausführlicher aus, die Öffentlichkeitswirksamkeit dürfte sich auf dem weiträumig abgeschotteten Platz, um den herum sich nach und nach wiederum über 100 Gegendemonstrant_innen postiert hatten, nicht gewesen sein.
Es bleibt zu hoffen, dass sich die trotz aller Spontanität erfreulich starken Gegenaktivitäten gegen die NPD-Tour auch in den kommenden Tagen und Wochen fortsetzen. Für emanzipatorische Linke bleibt es insbesondere dann unverzichtbar gegen Naziaktionen vorzugehen, wenn diese versuchen, öffentlichkeitswirksam mit ihrer rassistischen, antisemitischen und nationalistischen Hetze an bestehende und sich in Zeiten der kapitalistischen Krise verschärfende Ressentiments in der Gesellschaft anzudocken. Denn die Aktualität der Tödlichkeit ihrer wahnhaften Ideologie hat zuletzt einmal mehr die rassistische Mordserie des vom bundesdeutschen Inlandsgeheimdienst Verfassungsschutz hofierten NSU auf erschütternde Art und Weise unter Beweis gestellt.

Pressespiegel:
NDR:  http://www.ndr.de/regional/schleswig-holstein/npddemo127.html
KN:  http://www.kn-online.de/Schleswig-Holstein/Landespolitik/Zwei-NPD-Demons-im-Norden-aufgeloest
Hamburger Abendblatt:  http://mobil.abendblatt.de/region/schleswig-holstein/article2340504/NPD-Demonstrationen-in-Kiel-und-Neumuenster-aufgeloest.html
SHZ:  http://www.shz.de/nachrichten/top-thema/artikel/npd-demonstrationen-aufgeloest.html
 

Nazis die Tour vermasseln – NPD-Kundgebung am Montag verhindern!

Am Montag, 16. Juli 2012 hat die neonazistische NPD eine Kundgebung auf dem Asmus-Bremer-Platz in Kiel angemeldet. Die Kundgebung soll im Rahmen einer „Deutschlandtour“ der zur NPD gehörigen Deutsche Stimme-Zeitung abgehalten werden. Die NPD fährt dazu mit einem LKW, den sie als „Flaggschiff“ bezeichnet, durch 52 Städte in der Bundesrepublik, am Montag um 11 Uhr soll Kiel an der Reihe sein, um 16 Uhr wollen die Neonazis in Neumünster ihre Hetze verbreiten.
Gegen dieses Vorhaben regt sich Widerstand. Die Autonome Antifa-Koordination Kiel ruft alle Antifaschistinnen und Antifaschisten dazu auf, sich den Nazis am Montag entgegenzustellen, sowohl in Kiel als auch in Neumünster. Der Anlaufpunkt für antifaschistische Gegenaktivitäten in Kiel ist um 10 Uhr auf dem Europaplatz, um anschließend gemeinsam und entschlossen den Nazis in der Innenstadt die Tour zu vermasseln.  Das Wort Gegenaktivitäten ist ein breit gefächerter Begriff und umfasst eine Vielfalt an Aktionsformen: Den Nazis einmal ordentlich die Meinung zu geigen ist genauso eine legitime Aktionsform, wie der direkte Versuch, das Nazi-„Flaggschiff“ zu versenken.

Weitere Infos gibts hier!

Redebeitrag 30.4.2012 / 1. Mai-Vorabenddemo Kiel

Liebe Genoss_innen, liebe Kieler_innen!

Morgen, am 1. Mai will die neo­na­zis­ti­sche NPD als Hö­he­punkt ihres Land­tags­wahl­kamp­fes in Neu­müns­ter auf­mar­schie­ren. Der 1. Mai ist tra­di­tio­nell der in­ter­na­tio­na­le Kampf­tag der Ar­bei­ter_in­nen­be­we­gung, an­läss­lich des­sen seit 1890 welt­weit Mil­lio­nen von Men­schen in Ge­den­ken an die Opfer des Ar­bei­ter_in­nen­auf­stands vom Chi­ca­go­er Hay­mar­ket 1886 und für Ar­bei­ter_in­nen­rech­te auf die Stra­ße gehen. Be­zugs­punkt für die NPD an die­sem Datum ist dagegen aber der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche „Tag der na­tio­na­len Ar­beit“. Die­ser wurde 1933 nur we­ni­ge Mo­na­te nach der Macht­über­tra­gung an Hit­ler als ge­setz­li­cher Fei­er­tag in Na­zi-​Deutsch­land in­stal­liert, um den be­fürch­te­ten an­ti­fa­schis­ti­schen Kund­ge­bun­gen der or­ga­ni­sier­ten Ar­bei­ter_in­nen­schaft am 1. Mai das Was­ser ab­zu­gra­ben und die Zer­schla­gung der Ge­werk­schaf­ten am 2. Mai vor­zu­be­rei­ten. Statt in­ter­na­tio­na­lem Klas­sen­kampf wurde nun die Deut­sche Ar­beits­front ge­fei­ert, im Mit­tel­punkt stan­den nicht mehr ant­ago­nis­ti­sche Klas­sen­ver­hält­nis­se son­dern die deut­sche Volks­ge­mein­schaft und das spe­zi­fisch deut­sche Ver­hält­nis zur Ar­beit als Selbst­zweck.

„Redebeitrag 30.4.2012 / 1. Mai-Vorabenddemo Kiel“ weiterlesen

Gedenken an rassistische Morde in Kiel

Am Donnerstag, 24. November 2011 versammelten sich am späten Nachmittag etwa 150 Menschen auf dem Berliner Platz in der Kieler Innenstadt auf einer binnen weniger Tage organisierten Gedenkkundgebung der Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein und des DGB Region KERN, die von weiteren Organisationen unterstützt wurde. Im Zentrum der Mahnwache wurden vor Schildern mit den Namen der Ermordeten Kerzen entzündet, zudem wurden vier Redebeiträge gehalten.
Zunächst riefen der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde SH Cebel Kücükkaraca und Ralph Müller-Beck vom DGB zu einem solidarischen Miteinander ohne Rassismus auf. Ersterer kritisierte zudem das Verharmlosen und Ignorieren von Rassismus und rechter Gewalt in Deutschland, der Gewerkschaftsredner positionierte sich darüber hinaus gegen den staatlichen Bekenntniszwang für antifaschistische und antirassistische Initiativen im Sinne der Extremismusklausel.
Dass als dritte Rede ausgerechnet ein Beitrag des durch Abwesenheit glänzenden schleswig-holsteinischen Justiz- und Integrationsministers der schwarz-gelben Landesregierung Emil Schmalfuß verlesen wurde, der zwischen Heuchelei, Unsinnigkeit und Hilflosigkeit angesiedelt werden konnte und selbstredend nicht ohne das obligatorische schwammige Statement gegen „Gewalt und Extremismus“ auskam, löste Unverständnis bei einigen Teilnehmer_innen aus. Auch der als letzter Redner der knapp einstündigen Kundgebung aufgetretene sozialdemokratische Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig traf mit seiner (rhetorischen) Feststellung, dass „Rassismus in unserer Gesellschaft keinen Platz“ habe, in Anbetracht des Hintergrunds der Veranstaltung, die mit den neun Neonazi-Morden nicht weniger als die erschreckend brutale Spitze einer, auch staatlicherseits alltäglich rassistisch ausgrenzenden deutschen Gesellschaft thematisierte, weder realitätsnahe noch würdige Worte für die Toten.
An der medial relativ stark beachteten Mahnwache beteiligten sich neben vielen Angehörigen der aufrufenden Migrant_innenverbände und Gewerkschaften sowie lokaler antifaschistischer Organisationen auch einige Gesichter aus der provinziellen Parlamentarier_innenprominenz.
Am Samstag, 26. November fand desweiteren wie in anderen deutschen Städten eine Aktion im Rahmen der bundesweiten Mobilisierung „Schweigen gegen das Schweigen“ auf der Hörnbrücke über der Kieler Förde statt. An diesem spätmittäglichen, etwa halbstündigen Silentmob gegen rassistischen Terror, bei dem die Teilnehmer_innen öffentlichkeitswirksam die Namen der Ermorderten sowie weiße und rote Rosen trugen, beteiligten sich etwa 75 Personen, die auch den Basischarakter der Initiative im Vergleich zur institutionslastigen Mahnwache am Donnerstag widerspiegelten.
An beiden Gedenkveranstaltungen beteiligten sich jeweils auch einige autonome Antifaschist_innen, die sich mit dort verteilten Flugblättern gegen jede Form des Rassismus und eine bloße Imagepolitur des mal wieder rufgeschädigten Deutschlands und für die Auflösung des in den Neonazi-Terror tief verstrickten Verfassungsschutz sowie einen aktiven Antifaschismus unabhängig von staatlichen Einrichtungen und frei von Extremismusdoktrin positionierten.



Weitere Berichte
Gedenkkundgebung (24.11.2011): KN | TGS-H | ndr
Silent Mob (26.11.2011): KN | youtube

PI-News in der Kieler Innenstadt

Wir dokumentieren einen Artikel von Indymedia linksunten:

Nachdem die Rassist_innen von Pax Europa, PI-News und „Die Freiheit“ in Kiel vor ein paar Wochen bei dem Versuch Menschen mit ihrer absurden Sicht dieser Welt zu belästigen antifaschistischer Gegenwehr ausgesetzt waren, tauchten sie diesen Samstag in Begleitung der Polizei und einiger, im Vergleich zu den letzten Malen, „sportlich“ wirkender Menschen aus der eigenen Reihen wieder auf.

 

Schnell fanden sich auch einige Antifaschist_innen am Asmus-Bremer-Platz in der kieler Innenstadt ein um, soweit möglich, die Aktion der Rassist_innen nicht unbeantwortet zu lassen. Insbesondere das „Besetzen“ des Infostandes zeigte einigen Erfolg, nervte die Veranstalter_innen ziemlich und gab offenbarende Einblicke in die Gedankenwelt dieser Menschen. So meinen diese trotz einer theoretisch absurden Mischung aus Islamophobie, Antikommunismus, Xenophobie und einem Nationalismus der teilweise bis hin zu nationalsozialistischen Bezügen reicht (siehe „Nürnberg 2.0“), kombiniert mit Versatzstücken klassischer Verschwörungstheorie, keine Rassist_innen zu sein. 

 

Es bleibt abzuwarten was der bald anlaufende Wahlkampf in Schleswig-Holstein noch so bringt. Zumindest stimmt es hoffnungsvoll, dass innerhalb der antifaschistischen Linken das Bewusstsein für die „Rechtspopulist_innen“ offensichtlich gestärkt ist und diese ihre Aktionen nicht mehr unbeantwortet durchführen können.

 

Bilder des Infostandes sind in dem Artikel auf Indymedia linksunten zu finden