Antifaschistische Wahlkampf-Ansage an Kieler AfD

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Kurz vor 19 Uhr versammelten sich am gestrigen Dienstagabend, 17. Januar 2017 etwa zwei Dutzend Antifaschist_innen überraschend vor der Landesgeschäftsstelle der national-chauvinistischern „Altenative für Deutschland“ (AfD) im Kieler Walkerdamm, entrollten ein Transparent der Kampagne Nationalismus ist keine Alternative, zündeten schwarzen Rauch im Eingangsbereich und hielten einen Redebeitrag. In diesem hieß es:

„Wir sind heute hier, um anlässlich der in wenigen Minuten beginnenden internen Wahlkampf-Einstimmung der AfD bei ihrem „Politischen Gesprächskreis“ die Gelegenheit beim Schopfe zu packen und unsererseits den antifaschistischen Wahlkampfauftakt in Kiel und Schleswig-Holstein zu verkünden. Lasst Euch gesagt sein Ihr NationalistInnen, RassistInnen, Anti-FeministInnen und SozialchauvinistInnen: Wo immer Ihr in den nächsten Monaten versucht mit Eurer Hetze auf Stimmenfang zu gehen, rechnet damit, dass jeden Moment Leute um die Ecke kommen könnten, die nicht bereit sind zu akzeptieren, dass Ihr die Entsolidarisierung in dieser Gesellschaft immer weiter vorantreibt und eine etablierte proto-faschistische Partei zum Normalzustand wird und Euch dies auf vielfältige Art und Weise bereitwillig verdeutlichen werden.“

Die mittlerweile nahezu jede öffentliche AfD-Veranstaltung bewachenden vor Ort anwesenden Polizist*innen beließen es dabei, die Szenerie aus ihrem Wagen heraus zu beobachten und Verstärkung zu rufen, während aus dem Inneren der umgehend verriegelten Parteizentrale vereinzelte AfDler herauslugten. Als einige Minuten später mehrere Wagenladungen Polizei mit Blaulicht den Ziegelteich herauf bretterten, war die Aktion allerdings bereits beendet. Lediglich ein Passant wurde zum Sündenbock der zu spät gekommenen Ordnungshüter*innen, als dieser von übereifrigen Polizist*innen so brutal gegen eine Schaufensterscheibe gestoßen wurde, dass diese splitterte. Festnahmen gab es jedoch keine.


Zu den in diesem Jahr bevorstehenden Land- und Budestagswahlen im Mai bzw. September will die AfD trotz andauernder massiver Querelen im Landesverband auch in Schleswig-Holstein antreten. Aktuelle Umfragewerte sehen sie im nördlichsten Bundesland bei 6% der Wähler*innenstimmen, womit die rechte Partei erstmals knapp ins Landeshaus einziehen würde.


sh.nika.mobi

Polizei verhindert Demo für die Freiheit Abdullah Öcalans in Kiel

Am heutigen Samstag versammelten sich wie in einigen anderen deutschen Städten auch in Kiel etwa 150 Menschen auf dem Bahnhofsvorplatz, um sich an einer angemeldeten Demonstration im Rahmen der weltweiten Kampagne „Freiheit für Öcalan“ in Solidarität mit dem seit knapp 18 Jahren in türkischer Isolationhaft gefangenen Vorsitzenden der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu beteiligen. Die Polizei verhinderte mit einem massiven Aufgebot und einer Reihe skandalöser Schikanen gegenüber den Veranstalter*innen, dass die Demo sich wie geplant durch die Innenstadt bewegen konnte.

Bereits als sich um 12 Uhr die ersten Demonstrat*innen am Bahnhofsvorplatz einfanden, hatte die Polizei mit zahlreichen Einsatzfahrzeugen einen Korridor auf dem Platz der Matrosen errichtet, den sie offenbar als Ort der Auftaktkundgebung vorgesehen hatte. Dutzende Einsatzkräfte in Kampfmontur, zwei Wasserwerfer, ein Räumpanzer sowie ein schon im Vorfeld eigenmächtig ausgesprochenes Verbot von Öcalan-Fahnen durch die Polizei ließen nicht auf einen störungsfreien Nachmittag schließen. Während die Zahl an polizeilich tolerierten Konterfeis des eigentlichen Demoanlasses in zähen Verhandlungen noch auf ganze Zwei (!) angehoben werden konnte, sorgten weitere schikanöse Auflagen wie das absurde Verbot, einen Generator im Lautsprecherwagen mitführen zu dürfen, zunehmend für berechtigten Missmut unter den Demonstrant*innen. Am Ende sechs willkürliche Festnahmen von Personen, denen die Polizei die Beteiligung an Auseinandersetzungen bei vergangenen Aktionen unterstellte, reihte sich an die Auflage, die eine Durchführung der Demo endgültig verunmöglichte: Da die Polizei den ursprünglichen Zweck des Korridors, historisch erstmalig in Kiel bei einer linken Demo Vorkontrollen durchzuführen, verfehlte, weil sich die große Mehrheit der Demonstrat*innen jenseits der Polizeiabsperrungen versammelt hatte, wurde dem Anmelder mitgeteilt, dass die Demo nur nach der Kontrolle aller (!) Teilnehmer*innen beginnen dürfe. Sie begründete dies mit ihrer angeblichen Annahme, dass Demonstrant*innen Schusswaffen mit sich führen könnten.

Richtigerweise verweigerten sich die Demoteilnehmer*innen der skandalösen Auflage und ließen sich nicht durchsuchen. Da die Veranstalter*innen sich jedoch nicht in der Lage sahen, den Demozug gegen die polizeiliche Übermacht durchzusetzen, lösten diese die Veranstaltung nach einer Kundgebung und wiederholt gescheiterten Verhandlungsversuchen noch am Auftaktort auf. Die Gefangenen wurden derweil in den Polizeikomplex in der Blumenstraße verschleppt.

Kein*e am heutigen Tag Anwesende*r konnte sich daran erinnern, dass jemals zuvor eine linke Demonstration in Kiel durch repressive Maßnahmen der Polizei de facto verunmöglicht wurde. Ob der schon aus der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit im Vorfeld unterschwellig heraus zu lesende Einsatz zur Aushebelung der Versammlungsfreiheit eher als besorgniserregende Einsatzübung gewertet werden muss oder ob der Vorwand, es habe Erkenntnisse über geplante Angriffe türkischer NationalistInnen gegeben, zu einer völlig unrealistischen Einschätzung der politischen Kräfteverhältnisse in Kiel geführt haben, ob der Einsatz einer möglichen Neubewertung der Gefahrenlage bei kurdischen Demonstrationen in Deutschland folgt oder ob gar außenpolitische Interessen Deutschlands eine Rolle bei der Verhinderung der Demo spielten, muss nachträglich tiefer analysiert werden. Dafür zu sorgen, dass die polizeiliche Einsatzleitung mit ihrem nach den Ereignissen um den türkisch-nationbalistischen Aufmarsch in Gaarden im Dezember nun schon wiederholten drastischen repressiven Vorgenhen gegen die kurdische Bewegung und ihre Freund*innen in Kiel nicht durchkommt, ist jetzt die Aufgabe aller Linken in der Landeshauptstadt.

Medienberichte: KN | SHZ | NDR

kurdistansolikiel.noblogs.org

Starker Protest gegen türkisch-nationalistischen Aufmarsch in Kiel-Gaarden

Am gestrigen Sonntag, 18.12.2016 stellten sich in Kiel mehrere hundert Antifaschist_innen kurdischer, türkischer und deutscher Herkunft einem Aufmarsch von mindestens 300 türkisch-nationalistischen und faschistischen Anhänger_innen des diktatorischen Erdogan-Regimes entgegen.

http://www.neu.antifa-kiel.org/wp-content/uploads/import/pics/IMG_6141.JPGBereits am Mittag versammelten sich die Gegendemonstrant_innen am und um den Gaardener Vinetaplatz, der von der mit einem Großaufgebot und schwerem Gerät wie Wasserwerfern im Stadtteil präsenten Polizei komplett abgeriegelt wurde und auf dem sich später die AKP-Fans sammeln sollten. Dabei kam es zu zahlreichen Personalienfeststellungen, Platzverweisen und Durchsuchungen von potentiellen Antifaschist_innen.

Als die NationalistInnen mit ihren unzähligen Türkeifahnen ab 13.30 Uhr schließlich auf dem Vinetaplatz im Bereich Elisabethstraße eintrafen, waren die meisten angrenzenden Straßenzüge mit Gegendemonstrant_innen bevölkert. Dabei kam es wiederholt zu Angriffen auf eintreffende NationalistInnen und gewalttätigen Übergriffen sowie ersten Festnahmen durch die Polizei. Die etwa 150 Menschen zählende größte Gruppe von Gegendemonstrant_innen hatte sich entgegen der wiederholten Aufforderungen von Polizei und persönlich anwesenden Ordnungsamtleiter direkt am Vinetaplatz im Bereich Wikingerstraße festgesetzt. Von hieraus, aber auch von anderen Zufahrtsstraßen zum Vinetaplatz, kam es während der gesamten Sammlungsphase der NationalistInnen zu lautstarken Protesten. Immer wieder gelang es einzelnen Antifaschist_innen, diesen auch direkt auf dem Vinetaplatz zu artikulieren. Wiederholt versuchten NationalistInnen in Richtung Gegenprotest vorzudringen und mussten von der Polizei davon abgehalten werden.

http://www.neu.antifa-kiel.org/wp-content/uploads/import/pics/IMG_6145.JPGAls sich der mittlerweile mindestens 300 Menschen umfassende NationalistInnen-Aufmarsch, darunter jedoch viele Kinder, auf direktem Weg über die Gablenzbrücke zum Hauptbahnhof in Bewegung gesetzt hatte, löste die Polizei den Belagerungszustand in Gaarden nach einiger Zeit auf, obwohl es auch in dieser Situation zu kurzzeitigen Konfrontationen mit kleineren Gruppen türkisch-nationalistischer Jugendlicher kam und die Polizei wahllos Pfefferspray gegen Antifaschist_innen einsetzte. Der Marsch der Nationalis_innen konnte von nun an lediglich von kleineren Protesaktionen begleitet werden, da die Polizei sich nicht zu schade war, kurzerhand den Stadtteil Gaarden auf dem Fußwege komplett vom Westufer abzuschotten. Zu diesem Zweck wurde die Hörnbrücke über mehrere Stunden durchgängig hochgeklappt und komplett unpassierbar gemacht. Große Gruppen Gegendemonstrant_innen machten sich dennoch an der Hörn auf den Weg zum Hauptbahnhof, wurden aber in dem weitläufigen Areal von omnipräsenten Polizeieinheiten festgesetzt. Endgültig offenbarte sich der skandalös hohe Preis, den Polizei und Ordnungsamt für Ihr Sicherheitskonzept bereit waren zu zahlen, als die Hörnbrücke eigens für den nationalistischen Mob wieder herabgelassen wurde, um ihnen so einen problemlosen Nachhauseweg zurück nach Gaarden zu ermöglichen. Dies obwohl die angemeldete Route bereits am Hauptbahnhof geendet war. Unter den Augen der nur locker begleiteten Polizist_innen kam es hierbei aus der Menge heraus zu kurzen aber heftigen Jagdszenen auf ein Dutzend kurdischer Gegendemonstrant_innen im Bereich Germaniahafen. Dabei wurde mindestens eine Person verletzt.

http://www.neu.antifa-kiel.org/wp-content/uploads/import/pics/IMG_6148.JPGDie nationalistische Demo löste sich schließlich gegen 16.30 Uhr wieder auf dem Vinetaplatz auf, diesmal in Abwesenheit von antifaschistischen Protesten, da ein Großteil weiterhin im Bereich der Hörn eingekesselt war. Nachdem die Polizei die Antifaschist_innen endlich passieren ließ, begaben sich diese in verschiedenen Spontandemonstrationen durch die Stadt zum Polizeikomplex in der Blumenstraße, wo die im Laufe des Tages in Gewahrsam genommenen Genoss_innen solidarisch vom Knast abgeholt wurden.

Alles in Allem können die antifaschistischen Gegenaktionen trotz der extrem kurzfristigen Mobilisierung, die anlässlich türkisch-nationalistischer Aktionen in dieser Form ein Novum für Kiel waren, als positiv bewertet werden. Viele Gegendemonstrant_innen waren entschlossen, den nationalistischen Marsch nicht wiederstandslos hinzunehmen, ergriffen auf allen Ebenen Eigeninitiative und ließen vielfältige Taten folgen. Hätte es nicht dem ausdrücklichen polizeilichen Willen entsprochen, die Erdogan-Fans gewähren zu lassen und dafür einen Ausnahmezustand in Gaarden vom Zaun zu brechen, wäre der Aufmarsch im Chaos versunken. Auch in der nächsten Zeit gilt es diesbezüglich Aufmerksam zu sein, da ein weiteres Überschwappen der permanenten Eskalationsaufrufe Erdogans auch hierzulande leider befürchtet werden muss.

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Bericht der Kieler Nachrichten (18.12.2016)

Ich hab dich heut erwartet und hatte Torte da – Bis zu 600 Leute und süße Überraschung gegen AfD-Chefideologin von Storch

+++ Bis zu 600 Leute stellen sich am Freitagabend dem Auftritt von Beatrix von Storch in Kiel entgegen +++ Draußen wurden zwei Hauptzufahrtswege zur AfD-Parteizentrale blockiert +++ Drinnen gabs Torte für von Storch +++

Trotz kalter Temperaturen und dichtem Nebel versammelten sich am Freitagabend bis zu 600 Menschen am Kieler Walkerdamm um ein klares Zeichen gegen die sozialchauvinistische, nationalistische, anti-feministische und islamfeindliche Partei „Alternative für Deutschland“ zu setzen. Anlass war der Besuch der AfD-Chefideologin Beatrix von Storch, die unter dem Titel „Die Macht der EU – die Ohnmacht Deutschlands?“ über ihre Erfahrungen im EU-Parlament referieren sollte. Unter dem eindeutigen Motto „Storch verpiss dich – Gemeinsam gegen den Kiel-Besuch der AfD-Ideologin!“ mobilisierten antifaschistische, antirassistische, feministische und andere linke Gruppierungen, u.a. die Autonome Antifa-Koordination Kiel, das Bündnis Aufstehen gegen Rassismus, der AStA sowie mehrere Hochschulgruppen der Universität Kiel und das Netzwerk Antirassistische Aktion (NARA) zu einer Kundgebung in direkter Nähe zum Veranstaltungsort, um die menschenverachtende Politik der AfD nicht unkommentiert hinzunehmen und der Reaktionärin einen entsprechenden Empfang zu bereiten. Trotz der sehr kurzfristigen Mobilisierung machte das Thema im Vorfeld mächtig Welle, hunderte geklebte Plakate und vor allem die Aktivitäten in sozialen Medien erhielten breiten Zuspruch, wurden vielfältig geteilt und verbreitet und auch die Lokalpresse kündigte in gewohnter Investigativität die „Autonomen“ für den Abend an.

Umso erfreulicher, dass sich am Freitagabend schon vor dem eigentlich Auftakt der Platz der antifaschistischen Kundgebung großflächig füllte und sich um kurz nach 18 Uhr über 600 Leute aus verschiedenen politischen und soziokulturellen Spektren an der Ecke Walkerdamm/ Hopfenstraße versammelt hatten. Die lokalen Cops sperrten mit Unterstützung der Eutiner BFE-Einheit den Walkerdamm, in dem die Parteizentrale der AfD liegt, komplett ab und verhinderten so einerseits das Durchkommen für Antifaschist_innen, aber gleichzeitig auch für mögliche Besucher_innen der Veranstaltung. Durch technische Probleme konnte die antifaschistische Kundgebung nicht wie geplant starten, Teile der Kundgebung nutzten die Zeit sinnvoll um sich auf der anderen Seite des Walkerdamms zu postieren und so auch den zweiten Hauptzufahrtsweg zur Parteizentrale de facto zu blockieren. Mit einstündiger Verspätung konnte unter lautem Applaus der Menge die Anlage endlich zum Laufen gebracht werden und die Kundgebung mit einleitenden Worten und Musik begrüßt werden. Über Durchsagen, Sprechchöre und Transparente wurde deutlich gemacht, dass die Politik der protofaschistischen AfD keineswegs eine Alternative darstellt und nur eine Gesellschaft jenseits von Kapitalismus und Patriarchat unsere Antwort sein kann.
Den einleitenden Worten der Autonomen Antifa-Koordination Kiel folgten Redebeiträge des LaDIYfest Kiel und der Interventionistischen Linken zu Anti-Feminismus, Heteronormativität und Transfeindlichkeit der AfD, während das Netzwerk Antirassistische Aktion [NARA] den Rassismus im Parteiprogramm und einzelner Akteure der Schleswig-Holsteinischen AfD thematisierte.

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[Fotos: Sven Janssen / Kieler Nachrichten]

Währenddessen startete die Veranstaltung mit von Storch um kurz nach 19 Uhr, die ca. 60 TeilnehmerInnen und die Referentin selbst mussten auf Hinter- und Seiteneingänge ausweichen. Die Zentrale selbst wurde verriegelt. Doch trotz getroffener Sicherheitsvorkehrungen konnte der Abend auch in der Parteizentrale nicht störungsfrei über die Bühne gehen. So nahm sich eine engagierte Antifaschist_in das Motto des aufrufenden Mobilisierungsplakates zu Herzen und beglückte Beatrix von Storch während ihres Vortrags mit einem Stück Torte und Rasierschaum, die schnurstracks ihren Weg auf die AfD-Politikerin fanden. Die Genoss_in wurde daraufhin von den anwesenden Securitys fixiert und anschließend den heraneilenden Bullen übergeben, die sie mit aufs Revier verschleppten aber nach einstündiger Prozedur wieder frei ließen.

Draußen wurde die Nachricht der erneuten Bekanntschaft von Storchs mit Sahnecremeprodukten mit lautem Beifall und Gelächter von der mittlerweile etwas zusammengeschrumpften Kundgebung quittiert. Gleichzeitig wurde weiterhin der zweite Zufahrtsweg blockiert und verschiedene Grüppchen bewegten sich in direkter Nähe zum Veranstaltungsort, sodass mit Ende der AfD-Veranstaltung gegen 20.30. Uhr vereinzelte BesucherInnen mit lauten „AfD Rassistenpack – Wir haben euch zum kotzen satt“ und „Ganz Kiel hasst die AfD“ Sprechchören empfangen wurden. Ein Großteil der Teilnehmenden wurde erneut durch Hinter- und Seitenausgänge geschleust, von Storch selbst stilecht mit Limousine aus dem angrenzenden Parkhaus gefahren. Anschließend zogen die Genoss_innen der zweiten Blockaden lautstark zurück zum Auftaktort und die Kundgebung wurde für beendet erklärt.

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Insgesamt kann für den Abend ein positives Fazit gezogen werden. Trotz der kurzfristigen Mobilisierung konnten im Vorfeld sehr viele unterschiedliche Leute erreicht und für das Thema sensibilisiert werden. Gleichzeitig zeigt sich daran, wie präsent das Thema AfD bei vielen Leuten ist, die sich auch für politische Mobilisierungen gegen deren menschenverachtende Politik der aktivieren lassen.
Aktionistisch konnten spontan beide Hauptzufahrtsstraßen zu der Veranstaltung blockiert werden, wenn auch unter Duldung der Bullen, sodass die Teilnehmenden auf Hinter- und Seitenausgänge ausweichen mussten. Positiv ist dabei hervorzuheben, dass einige Antifaschist_innen die Initiative ergriffen und den zweiten Blockadepunkte am anderen Ende der Straße eröffneten. Der Tortenwurf auf von Storch war die sprichwörtliche antifaschistische Sahnehaube auf den Abend.
Durch die technischen Probleme zu Beginn der antifaschistischen Kundgebung konnten Informationen über den aktuellen Stand und mögliche Pläne für den Abend zunächst nur schwerlich verbreitet werden, wodurch die Kundgebung nur langsam in Gang kam und einige Teilnehmer_innen diese auch sehr frühzeitig wieder verließen.
Weiterhin kann kritisch angemerkt werden, dass solch erfolgreiche Mobilisierungen bei zurückliegenden, politisch wichtigeren Events der AfD in Schleswig-Holstein nicht erreicht werden konnten. So folgten etwa einer längeren Kampagne gegen den AfD-Landesparteitag in Rendsburg im September diesen Jahres nur etwa die Hälte der jetzigen Teilnehmer_innen, vornehmlich aus dem autonomen Spektrum. Zusätzlich finden regelmäßig Veranstaltungen in der Landesparteizentrale der AfD statt, die teilweise komplett ohne oder nur mir geringem Protest konfrontiert werden. Auch fernab der ungebetenden Besuche von Parteiprominenz muss der alltägliche Widerstand gegen die AfD-Hetze geführt werden. Nicht nur in Kiel, sondern auch in den kleineren Städten und in der Peripherie. Der Terminkalender der AfD ist voll mit Veranstaltungen in ganz Schleswig-Holstein, Gelegenheiten zur antifaschistischen Interventionen gibt es also genug! So soll bereits nächsten Dienstag Doris von Sayn-Wittgenstein, Mitglied des AfD-Landesvorstands, einen Vortrag zum „Rechtsstaat im Spannungsfeld der Meinungsvielfalt“ in der Kieler Parteizentrale halten. An dieser Stelle möchten wir solidarische Grüße an die Genoss_innen in Lübeck und Schleswig senden, die am Wochenende einen Infotisch der AfD in Travemünde sabotierten bzw. den Kreisparteitag der AfD Schleswig-Flensburg störten.

Mit Blick auf die im kommenden Jahr bevorstehenden Land- und Bundestagswahlkämpfe lassen sich aus antifaschistischer Perspektive zentrale Erkenntnisse ableiten. Mit der Auflösung des Kieler NPD-Kreisverband nach jahrelanger Marginalisierung muss sich der antifaschistische Fokus auf die protofaschistische AfD und ihr ideologisches Umfeld richten. Als Erfolg der letzten Monate kann auf antifaschistischer Seite beretis verbucht werden, dass die Partei vor allem in den größeren Städten massiv Probleme hat Räumlichkeiten für ihre Veranstaltungen zu finden. So jammerte der Schatzmeister des Kreisverbandes am Rande der von Storch Veranstaltung gegenüber der Lokalpresse, dass die AfD in ganz Kiel keinen Saal zur Miete fände.

Darüber hinaus muss der gesellschaftliche Teil, welcher sich im Zuge einer zunehmenden Polarisierung eindeutig gegen die AfD stellt, weiter mobilisiert werden. Es geht darum aufzuzeigen, dass sich die anti-feministische, sozialchauvinistische, nationalistische, rassistische und islamfeindliche Politik dieser Partei gegen große Teile der Gesellschaft richtet und für kaum eine*n von uns etwas Gutes zu bieten hat. Wenn die AfD gegen Arbeitslose, prekär Beschäftigte, Frauen, Lesben, trans* und inter* Personen, Refugees und deren Unterstützer*innen hetzt, sollten wir versuchen, uns mit all jenen zusammenzuschließen, die nach der Ideologie der ultra-reaktionären Partei nicht mehr sind als potenzielles Wähler*innenkapital, dem ansonsten seine Rechte weitgehend abgesprochen werden.

Presse: KN Online (24.11.) | SHZ (24.11.) | KN Online (25.11.) | SHZ (26.11.)

Die Kieler NPD gibt auf

Wir dokumentieren einen Artikel von linksunten.indymedia.org.

Nach Jahren der absoluten Inaktivität ist es nun offiziell: Die NPD in Kiel gibt auf. Der Kreisverband Kiel/Plön/Rendsburg-Eckernförde, der faktisch seit jeher nur in Kiel und den umliegenden Gemeinden existierte, ist aufgelöst. Auch der NPD-Ratsherr Hermann Gutsche aus Kiel wird nicht mehr von der Partei unter ihren Kommunalvertretungen geführt. Um diese Niederlage etwas zu kaschieren, wurde der Kreisverband an den Kreisverband Segeberg-Neumünster angegliedert und heisst jetzt „Mittelholstein“, doch die Umstände der letzten Jahre und das öffentliche Schweigen der NPD zu der Umstrukturierung, lassen deutlich erkennen, dass dies die einzige Möglichkeit war zumindest nach außen noch in der Landeshauptstadt Kiel vertreten zu sein. Die Gründe sind eine Mischung aus hausgemachten Problemen und stetigem antifaschistischem Druck.

Steter Antifa-Tropfen höhlt den Nazi-Stein


Nachdem die NPD bis ca. 2010 durch den Straßenaktionismus der ihr nahestehenden Kameradschaften (zunächst „Kieler Kameradschaft“, danach „Aktionsgruppe Kiel“) in Kiel relativ präsent war, brachen danach die Strukturen zusammen. In den letzten Jahren gab es nicht mal mehr eine handvoll Personen, die für den Kreisverband an Aktionen teilnahmen. Hermann Gutsche tauchte nach seiner Wiederwahl 2013 in das Kieler Rathaus für die NPD-Tarnliste WaKB völlig ab. Nachdem die zweite WaKB-Führungsfigur Rainer Solf nach Walhalla abreiste, gibt es auch die WaKB nur noch auf dem Papier. Der Ratsherr Gutsche taucht zwar gelegentlich im Rathaus auf, entfaltet aber keine politischen Aktivitäten und hat auch in der eigenen Szene fast jeden Rückhalt verloren. Danach übernahm Björn Schubert den Kreisverband, der nicht merklich aktiver als Gutsche war und dazu noch als absolut unzuverlässig und unfähig gilt. Er tauchte, teilweise zusammen mit seinem Freund Alexander Nissen, noch sehr sporadisch auf Aufmärschen auf. Einziger Mitstreiter aus dem Kreisverband dabei war der ehemalige Landesvorsitzende Jens Lütke, der sich eigentlich schon vor Jahren zurückzog um sich verstärkt seinem Arbeitgeber Dietmar Munier und dessen Nazi-Blättchen zu widmen. Die Konsequenzen: Kein politisches Programm, keine Kundgebungen, keine koordinierten Propagandaverteilungen, keine größeren internen Veranstaltungen, keine betreute Website, keine betreute Emailadresse, schwindende Mitglieder. Kurzum: Nichts was eine Partei ausmacht.

Stattdessen führten die vermeintlichen „Funktionäre“ dieser Trümmertruppe fast ein Leben auf der Flucht. Zum Teil wurden sogar unbewohnte Tarnwohnungen angemietet um ihre wahren Adressen zu verschleiern. Das Leben der Führungspersonen und deren politische Aktivitäten mussten aus ihrer Sicht zum Schutz vor der Antifa eine Konspirativität haben, zu der sie organisatorisch überhaupt nicht in der Lage waren. So mögen interne Probleme zu der Schwäche der NPD beigetragen haben, als fatal für sie hat sich allerdings erwiesen, dass sie schon geschwächt immer wieder von verschiedenen Antifas auf verschiedenen Ebenen angegriffen wurden. Ihre Aktivitäten wurden von Recherche-Aktivist_innen durchleuchtet, sie wurden von unterschiedlichen Initiativen wie Nazi-Watch-SH geoutet, ihre sporadischen öffentlichen Auftritte wie im Rahmen der NPD-Deutschlandtouren wurden vermasselt und auch militante Aktivist_innen konnten empfindliche Schläge versetzen. Zuletzt sorgten im Jahr 2015 die Zerstörung eines geheimen NPD-Treffpunkts indem, laut Erklärung auf Indymedia, wohl auch Teile der NPD-Materialien lagerten und zerstört wurden, und der Angriff auf eine Nazi-Veranstaltung am Nordfriedhof in Kiel, laut Indymedia-Erklärung unter Beteiligung von Jens Lütke und Dietmar Munier, für aufsehen. Aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs liegt nahe, dass insbesondere der Angriff einer anonymen Gruppe namens „einige autonome“ auf die Wohnung des bisherigen NPD-Kreisvorsitzenden Schubert das letzte bisschen Motivation für die weitere Verwaltung des Elends geraubt hat.

Schöne Aussichten an der Waterkant!


Das Leben eines Antifas in der aktuellen Situation in Kaltland lässt sicher selten Anlass um mal die Sektkorken knallen zu lassen. Da müssen Erfolge gefeiert werden. Außerdem zeigen sie Perspektiven für den Umgang mit zukünftigen Nazi-Häufleinen wie der Sauftruppe „Bollstein Kiel“ auf. Kleiner Spoiler: Auch dort ist reichlich Potential für Intrigen, Pleiten, Pech und Pannen. Der eine oder andere gut dosierte Antifa-Tropfen zur richtigen Zeit wird auch diesen braunen Stein aushöhlen. Nazi-Trümmertruppen kommen und gehen, die Antifa bleibt!

Im Norden sagt man tschüss!

#NMS2210: Von einer gebrochenen Hand, Schlägen ins Gesicht und Einschränkung der Pressefreiheit – Statement zur Polizeigewalt

Wir, die Antifaschistische Aktion Neumünster, beziehen im folgenden Stellung zum Einsatz der Polizei am 22.10. in Neumünster, insbesondere zu den BFE-Einheiten aus Eutin.

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Bereits im Vorfeld der Demonstration wurde klar, dass versucht werden würde, die Nazis auf jeden Fall laufen zu lassen. Angefangen mit Parkverboten in umliegenden Straßen bereits am Vorabend, gefolgt von einer großräumigen Absperrung des Bahnhofsgeländes am 22. selbst und Umleitungen im öffentlichen Nahverkehr wurden massive Einschränkungen der Neumünsteraner Bevölkerung in Kauf genommen. Passant*innen, die an den auf dem Postparkplatz postierten BFEler*innen vorbeikamen, berichteten von einer “unheimlichen, aufgeheizten Stimmung“. Diese entlud sich dann im Laufe des Tages mehrfach gegen Gegendemonstrant*innen. Einem anreisender Genosse wurde bereits auf dem Weg in die Innenstadt die Hand mit einem Tonfa gebrochen, nach einer Operation ist er durch einen Gips bis auf weiteres im Alltag eingeschränkt. Ein andere Genosse wurde scheinbar willkürlich wegen angeblichem Widerstand festgenommen. Mehrere Genoss*innen wurden zudem mit Faustschlägen, auch und vor allem gegen den Kopf, attackiert, was zum Glück aber „nur“ angeschwollene Gesichtspartien zur Folge hatte. Wir verurteilen dieses Verhalten auf‘s Schärfste, es kann nicht sein, dass die Polizei mit solch gewalttätigen Mitteln gegen friedliche Demonstrant*innen vorgeht. Hier sollte vielleicht einmal die Frage gestellt werden, inwiefern in der Ausbildung von BFEler*innen Wert auf die Einhaltung von menschlichem und deeskalativem Verhalten gelegt wird.

Die Demonstration des rechten Mobs hingegen wurde wohlwollend begleitet. Durchgängige Vermummung der Teilnehmer*innen wurde auf interessierte Nachfrage hin verteidigt, die Presse in ihrer Arbeit massiv behindert. Dadurch, dass die Polizei zum einen die Alternativroute der Rechten am AJZ vorbeilaufen ließ, und zum anderen der NPD-Ratsherr Mark Proch auch noch eine Zwischenkundgebung davor abhalten durfte, herrschte zweitweise ein stark erhöhtes Gefahrenpotential für die Einrichtung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, das auch von Kindern und Jugendlichen mit Fluchthintergrund genutzt wird. Proch hetzte in übelster Manier gegen das Jugenzentrum, bezeichnete es als “Hort linksextremer Gewalt“, gegen den man “etwas tun müsste“ – das in dieser aufgeheizten Situation keine Angriffe erfolgten, ist wohl nur auf die anwesende Presse zurückzuführen. Dass es dabei nicht bleiben sollte, zeigte die Tatsache, dass einige Tage nach Prochs indirektem Gewaltaufruf mehrere Glasscheiben an der Fassade des Gebäudes eingeschlagen wurden. Während der Abschlusskundgebung wurden dann antisemitische Verschwörungstheorien propagiert, während einige Nazis Pressefotograf*innen Gewalt androhten. Gründe, die Demonstration abzubrechen, bzw. auf eine Kundgebung am Bahnhof zu beschränken, hatte die Polizei an diesem Tag mehr als genug. Sie entschied sich dennoch, mit massiven Materialeinsatz (unter anderem Wasserwerfer, Räumpanzer und Hubschrauber) und Personalaufgebot sowie starken Einschränkungen in der Bewegunsfreiheit der Neumünsteraner Bevölkerung wenigstens eine Alternativroute zu gewähren. All das, um den verdrehten, menschenverachtenen Ansichten von 43 jämmerlichen Gestalten einen öffentlichen Raum zu geben. Es ist nicht das erste Mal, dass die Polizei mit übermäßiger Kooperation mit Rechten von sich Reden macht: Auf der Demonstration des rechten Bündnisses “Neumünster wehrt sich“ am 23.04. wurde den Demonstranten sogar ein Polizeibus zur Verfügung gestellt, um sie zu ihren geparkten Autos zu chauffieren. Verantwortlich war damals auch besagte Eutiner BFE-Einheit (vgl. ab Minute 15).

Wir fordern alle, die am 22.10. von Polizeigewalt betroffen waren und auch Menschen, die solche an dem Tag beobachtet haben, auf, sich bei der Roten Hilfe zu melden. Unsere Solidarität ist stärker als ihre Repression! Egal wie sehr ihr unseren Protest auch kriminalisiert, ihr werdet ihn nicht verhindern können.

Antifaschistische Aktion Neumünster

Einmal im Kreis: 43 Nazis lungern am Neumünsteraner Bahnhof rum

Etwa 300 Antifaschist*innen haben gestern in Neumünster dafür gesorgt, dass gerademal 43 Neonazis, die dem Aufruf der NPD-nahen Initiative “Gemeinsam für Deutschland” gefolgt waren, nur eine wenige hundert Meter kurze Runde um den Bahnhof drehen konnten. Verschiedene Blockaden und Antifa-Mobs in Bewegung hatten die eigentlich angemeldete Route des geplanten Aufmarsches in der Innenstadt unpassierbar gemacht.

Bereits seit dem Morgen hatten omnipräsente Polizeikräfte den kompletten Bahnhofsvorplatz abgeriegelt und für alle Nicht-Nazis zur No-Go-Area gemacht. Als ab 10.15 Uhr Großgruppen von Antifaschist*innen mit Zügen aus mehreren Städten am Bahnhof eintrafen, war der Bahnhof nur noch in der gegenüberliegenden Seite Richtung Postparkplatz zu verlassen. Als sich von dort mehrere Dutzend Antifaschist*innen in Bewegung setzten, gelang es den zur Bewachung der Bahnunterführungen und Begleitung abgestellten Polizist*innen jedoch trotz brutalen Pügelattacken nicht, die Menge daran zu hindern, sich im Laufschritt ihren Weg auf die Innenstadtseite zu bahnen. Hier bildeten sich ab 11 Uhr auf der angemeldeten Nazi-Route verschiedene Blockaden: Am Großflecken, wohin auch das Neumünsteraner Bündnis gegen Rechts zu Gegenprotesten mobilisiert hatte, versperrten zwischenzeitlich 150 Menschen den Weg, während es in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs etwa 40 weiteren Gegendemonstrant*innen gelungen war, eine Sitzblockade auf dem Kuhberg zu errichten.

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Ab 12.15 Uhr sammelten sich auf dem Konrad-Adenauer-Platz Neonazis, ein Großteil der schließlich auf 43 Personen angewachsenen Gruppe reiste mit der Bahn aus Richtung Bad Oldesloe an. Unter den Teilnehmenden tummelten sich bekannte norddeutsche Neonazi-Protagonisten wie der frischgebackene Ex-NPDler Thomas Wulff aus Mecklenburg-Vorpommern sowie die schleswig-holsteinische NPD-Riege um Jörn Lemke aus Lübeck, Jens Lütke aus Preetz und der Anmelder und Hautredner Mark Proch aus Neumünster. Ersterer stellte auch den Lautsprecherwagen, der jedoch nach nur einen halben Stunde aufgrund eines platten Reifens ausfiel und abgezogen werden musste. Nach einer durch lautstarke Antifaschist*innen übertönten Auftaktkundgebung formierten sich die teils vermummten Neonazis gegen 13 Uhr in Viererreihen, konnten sich jedoch aufgrund der andauernden antifaschistischen Blockaden nicht auf der angestrebten Route in Bewegung setzen. Erst eine dreiviertel Stunde später wurden die Nazis auf einer halbstündigen Ersatzroute einmal um den Bahnhof geleitet, wobei die Polizei ihnen eine Zwischenkundgebung direkt vor dem alternativen Jugendzentrum AJZ ermöglichte. Auch diese wurde durch laute Proteste begleitet. Zurück am Bahnhofsvorplatz war der armselige und nassgeregnete Auflauf nach letzten Redebeiträgen der übelsten rassistischen und antisemitischen Sorte um 15 Uhr endlich vorbei. Die Neonazis reisten per Bahn ab.

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Parallel zum laufenden Nazi-Rundgang wurde zum mittlerweile dritten Mal in diesem Jahr der rechte Szene-Treffpunkt „Titanic“ von Antifaschist*innen angegriffen. In der Kneipe offenbar zum Schutz anwesendes rechtes Klientel, das mit Barhockern bewaffnet und Hitlergrüße zeigend auf die Straße stürmte, konnte nicht verhindern, dass die Glasfassade abermals komplett zerstört wurde. Mark Proch persönlich nahm noch während der laufenden Demo Bezug auf den Angriff und verlor sich in Rachephantasien an Antifaschist*innen.

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Um das polizeiliche Abschottungskonzept durchzusetzen setzten insbesondere aggressive BFE-Einheiten punktuell immer wieder massiv Gewalt gegen Gegendemonstrant*innen ein. Ein Antifaschist wurde zwischenzeitlich wegen angeblichem Widerstand festgenommen, einem anderen Gegendemonstranten wurde von einem prügelnden Polizisten durch einen Tonfa-Schlag die Hand gebrochen. Dieses brutale Vorgehen gegen Nazi-Gegner*innen sowie die skandalöse Tatsache, dass die Polizei über mehrerere Stunden den kompletten Bahnhofsvorplatz gerademal 43 Neonazis vollständig überließ, während alle anderen Bahnhofsnutzer*innen massiv in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt wurden und der innerstädtischen Busverkehr umgeleitet werden musste, unterstreicht wiederholt die unrühmliche Rolle der Neumünsteraner Polizei bei der mit viel Aufwand betriebenen Durchsetzung der organisatorisch größtenteils miserablen Auftritte von Neonazis gegen die stets deutlich größeren antifaschistischen Gegenaktionen in der Schwalestadt. Neumünster ist dadurch im vergangenen Jahr nicht zufällig zum Zentrum der wiederkehrenden rechten Aufmarschversuche in Schleswig-Holstein geworden, die erfreulicherweise trotzdem immer wieder vereitelt werden konnten.

Auch außerhalb der Neumünsteraner Stadtgrenze bestach die Polizei durch repressive Schikanen gegen Antifaschist*innen. So wurde die Lübecker Zuganreise in Bad Oldesloe von der Polizei gestoppt und die Personalien der anreisenden Antifas aufgenommen. Grund waren vermeintlich mit Stickern abgeklebte Kameras in der Bahn, was den Lokführer dazu veranlasste die Einsatzkräfte zu verständigen. Nach der Personalienfeststellung konnten die Antifas die Fahrt fortsetzen.

Zusammengefasst kann der Tag aus antifaschistischer Perspektive durchaus wiedereinmal als erfolgreich verbucht werden. Zu einem viele Wochen angekündigten Aufmarsch konnte die rechte Rest-Szene trotz involvierter NPD-Prominenz nur weniger als die Hälfte der angemeldeten 100 Personen mobilisieren und blieb damit nochmal hinter den ebenfalls schon spärlichen “Gemeinsam für Deutschland”-Aufläufen in Bad Oldesloe und Stade zurück, war vollständig von der Öffentlichkeit isoliert und mit Blockaden und lauten Protesten konfrontiert, die die Umleitung auf eine vielfach kürzere Alternativroute erzwingen konnten. Insgesamt 300 Antifaschist*innen verschiedener Spektren gelang es auch Dank permanenter Bewegung und Entschlossenheit die Polizeiabsperrungen rechts liegen zu lassen, die angemeldete Nazi-Route in der Innenstadt zu besetzen und entstehende Räume zu nutzen, wie der gelungene Angriff auf die “Titanic” unter Beweis gestellt hat. Auch zukünftig sollten deshalb die bewerten Rezepte angewandt und weiterentwickelt werden um dafür zu Sorgen, dass rassistische und nationalistische Straßenmobilisierungen im hohen Norden weiterhin keine politische Relevanz entfalten können. Zu den Gegenaktionen hatten antifaschistische Gruppen aus ganz Schleswig-Holstein und Hamburg sowie lokale Bündnisse in Neumünster mobilisiert.

Fotos: Fabian Schumann | Martin Siebert | Wut auf der Straße

Presse: blick nach rechts | Hamburger Abendblatt | KN | NDR | SHZ

TV: NDR

Demos, Tröten, Konfettikanonen: 300 Menschen bei erfolgreichem Antifa-Aktionstag gegen AfD-Landesparteitag in Rendsburg

Bis zu 300 Menschen aus ganz Schleswig-Holstein beteiligten sich am Samstag, 10. September 2016 am antifaschistischen Aktionstag gegen den Landesparteitag der „Alternative für Deutschland“ (AfD) in Rendsburg zu dem das Kampagnenbündnis Nationalismus ist keine Alternative (NIKA) Schleswig-Holstein aufgerufen hatte. Die Versammlung der 117 bereits lange vor offiziellem Beginn in den frühen Morgenstunden angereisten Delegierten der national-chauvinistischen Partei konnte dabei erfolgreich durch lautstarke Proteste unmittelbar vor dem Tagungsort gestört werden. Morgens und am frühen Nachmittag zogen zudem unter dem Motto „Grenzenlos solidarisch gegen den AfD-Landesparteitag!“ Demonstrationen durch die Rendsburger Innenstadt, um über den reaktionären Gehalt des rassistischen, hetero-sexistischen und sozial-chauvinistischen Programms der AfD aufzuklären, mit dem die Partei im kommenden Jahr auch in Schleswig-Holstein zur Land- und Bundestagswahl antreten will.


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Ab 9 Uhr hatten sich bereits mehrheitlich linksradikale Antifas, aber auch Gewerkschafter_innen, linke Jugendorganisationen und Aktivist_innen der lokalen Unterstützungsinitiativen für Geflüchtete am Rendsburger Bahnhof zur Auftaktkundgebung des Aktionstages versammelt. Etwa 250 Menschen, von denen viele zuvor mit Zügen aus verschiedenen Städten Schleswig-Holsteins angereist waren, demonstrierten wenig später auf direktem Wege zum weitläufigen Gebäudekomplex der Volkshochschule Rendsburg am zentralen Paradeplatz, wo im „Hohen Arsenal“ der AfD-Parteitag stattfand. Erst am Donnerstag war eine kurzfristig erfolgte Ausladung der AfD durch die VHS-Leitung, die diese unverständlicherweise durch eine abenteurliche Gefahrenprognose aufgrund der Gegenproteste, nicht aber mit einer politischen Distanzierung begründet hatte, durch das Amtsgericht für unzulässig erklärt worden.

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Die antifaschistische Demonstration wurde nahe des Haupteingangs durch Polizeikräfte gestoppt, wo anschließend bei bestem Sommerwetter eine mehrstündige Dauerkundgebung im Stadtpark stattfand. Ein Großteil der AfD-Gegner_innen konnte jedoch relativ problemlos auf die richtige Seite des Gebäudes durchsickern und den dort bei offenen Fenster tagenden rechten Männer und wenigen Frauen in unmittelbarer Nähe mit penetrantem Getröte, Parolen, Böllern und Beleidigungen massiv auf die Nerven gehen. Bereits am Freitag hatten Aktivist_innern der Initiative Rendsburg hilft zudem den Innenhof vorm „Hohen Arsenal“ mit großflächigen antirassistischen Kreidemalereien verschönert. Auch die Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der SPD hatte am Morgen eine eigenständige kleine Protestaktion durchgeführt.

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Am Rande des Gesamtszenarios tauchte überflüssigerweise eine Handvoll Neonazi-Fußvolk auf, das am Parteitag teilnehmen wollte. Dieses wurde jedoch frühzeitig von der Polizei festgesetzt und von Antifas beschimpft und verschwand bald wieder. Die Polizei konnte es sich desweiteren nicht nehmen lassen, drei junge Passanten des Böllerwerfens zu bezichtigen und diese zu kontrollieren.

Gegen Mittag sorgte der Kieler Rapper LPP mit einem Live-Auftritt für Abwechslung auf der Kundgebung und leutete damit den dritten Akt des Tages ein. Es folgten zwei Redebeiträgen der Antifa-Koordination Lübeck, die sich mit der menschenfeindlichen Programmatik der AfD auseinadersetzte, sowie der Autonomen Antifa-Koordination Kiel, die die AfD als proto-faschistisches Phänomen und gleichfalls Ausgeburt wie auch Verschärfung kapitalistischer Krisenverhältnisse analysierte und zum grenzenlosen Widerstand gegen diese aufrief.

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Nach einer anti-nationalen Agit-Prop-Aktion, bei der ein deutscher Adler mit Konfettikanonen zerschossen wurde, formierte sich eine weiter Demonstration, die anschließend durch die belebte Innenstadt zog. Auf einer Zwischenkundgebung legte das Netzwerk Antirassistische Aktion (nara) Kiel den unverhohlen rassistischen Charakter der AfD offen, eine Rednerin aus Bad Oldesloe kritisierte den zutiefst patriarchalen und heterosexistischen Gehalt des Programms der national-chauvinistischen Sammlungspartei. Am Theater nahe des Bahnhofs endete die Demo schließlich mit einer kurzen Abschlusskundgebung am frühen Nachmittag. Einige AfD-Gegener_innen begaben sich auch nach Abschluss dieses offiziellen Teils zurück zum „Hohen Arsenal“ und störten dort den Parteitag.

In dem an diesem Wochenende in abermals nicht immer ganz harmonischer Atmosphäre verabschiedeten Programm für die im kommenden Jahr bevorstehenden Landtagswahlen träumt die AfD derweil von der militärischen Aufrüstung der Landespolizei mit ausgesonderten Sturmgewehren der Bundeswehr und wartet ansonsten teils wortgleich mit dem bekannten rassistischen, sozial-chavinistischen und patriarchalen Gewäsch der Bundespartei auf.

Insgesamt können die Aktionen gegen den AfD-Landesparteitag als gelungener Auftakt der Kampagne Nationalismus ist keine Alternative im hohen Norden gewertet werden, um auch den bevorstehenden rechten Wahlkampf mit vielfältigem Widerstand zu konfrontieren. Die Beteiligung an den Gegenprotesten war zufriedenstellend und der Parteitag konnte sowohl im Vorfeld als auch am Wochenende selbst effektiv behindert und kreativ begleitet werden. Ein weiterer schleswig-holsteinischer AfD-Parteitag soll bereits im Oktober stattfinden.


Fotos: 1 / 2

Presse: SHZ 1 / SHZ 2 / KN / NDR / TAZ


sh.nika.mobi

[UPDATE] AfD-Landesparteitag in Rendsburg verhindern – Antifaschistische Gegenmobilisierung steht!

Das Amtsgericht Rendsburg hat mit seiner Entscheidung am Donnerstag, 08. September 2016 entschieden, dass der Landesparteitag der nationalistischen „Alternative für Deutschland“ (AfD) Schleswig-Holstein wie ursprünglich geplant im Bürgersaal des Tagungszentrums der Volkshochschule (VHS) Rendsburg stattfinden darf.

Dies stand zuletzt zur Debatte nachdem die VHS den Mietvertrag mit der Partei gekündigt hatte. Vorausgegangen war die Veröffentlichung eines offenen Briefes von der Kampagne Nationalismus ist keine Alternative‑Schleswig-Holstein an die VHS-Rendsburg in welchem die Verantwortlichen dazu aufgefordert wurden, dem Landesverband der AfD unverzüglich die Raumnutzung für ihren Parteitag im „Hohen Arsenal“ am 10. und 11. September 2016 wieder zu entziehen.

In der Begründung ihrer Entscheidung scheut die VHS jegliche inhaltliche Positionierung hinsichtlich der AfD und ihrem rassistischen, sexistischen, homophoben und sozialchauvinistischen Programm und versucht die mit dem Landesparteitag verbundenen Unannehmlichkeiten ohne eine politische Auseinandersetzung zu umgehen. Stattdessen sei der Grund für die Kündigung eine Reaktion auf eine Gewaltandrohung im Internet gewesen.

Die AfD reagierte auf die Kündigung des Mitvertrages indem sie beim Amtsgericht Rendsburg eine einstweilige Verfügung beantragte, womit sie schlussendlich Erfolg hatte. Damit ist sicher, dass der Parteitag der nationalistische Partei in zentraler Lage in Rendsburg stattfinden wird. Die VHS hat angekündigt gegen die Entscheidung des Amtsgerichts nicht in der nächsten Instanz vorzugehen.

Wir bedauern es, dass die Volkshochschule eine politische Auseinandersetzung verpasst und ihre Entscheidung so einseitig begründet hat, anstatt die Legitimität des Widerstandes gegen öffentliche Auftritte der nationalistischen Partei in den Vordergrund zu stellen. Nun liegt es uns der menschenfeindlichen AfD und ihren Inhalten eine klare Absage zu erteilen! Aus diesem Grund rufen wir weiter hin zu unseren Gegenprotesten auf! (Isabelle Sanchez vom Bündnis Nationalismus ist keine Alternative – NIKA – Schleswig-Holstein)

In diesem Sinne wird der AfD-Landesparteitag am morgigen Samstag, 10. September 2016 nicht ohne antifaschistische Gegenproteste stattfinden. Wir rufen alle Antifaschist_innen dazu auf einen störungsfreien Ablauf des nationalistischen Wahlkampfauftakts zu verhindern. Lasst uns morgen gemeinsam auf die Straße gehen!

Gegen die autoritäre Trostlosigkeit – die rechte Formierung stoppen!

Unsere Alternative: Solidarität!

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Save the date – Nazikundgebung am 22.10. in NMS stoppen!

[via Antifa NMS] Die extrem rechte Gruppierung „Gemeinsam für Deutschland“, deren Protagonist*innen bereits hier vorgestellt wurden, ruft für den 22. Oktober 2016 zu einer Kundgebung in Neumünster auf. Diese Veranstaltung reiht sich ein in die unter dem Motto „Volkswillen umsetzen“ organisierten Events in Norddeutschland, zu denen der am 14. April 2016 von Antifas blockierte Naziaufmarsch in Bad Oldesloe ebenso zählt wie die für den 10. September angekündigte Demonstration in Stade.

Bisher mobilisiert im Internet insbesondere Sven Reichert nach Neumünster, als Verantwortlicher im Sinne des Presserechts erscheint jedoch der Name des Neumünsteraner NPD-Ratsherrn Mark Michael Proch auf den Bannern. Auch wenn die Nazis, die den Termin der Kundgebung unlängst vom 15. auf den 22. Oktober verlegt haben, selbst noch gar nicht so genau wissen, was sie planen, rufen wir dazu auf, euch den 22. Oktobef bereits jetzt im Kalender anzustreichen: SAVE THE DATE – NAZIKUNDGEBUNG AM 22.10. STOPPEN!

Checkt die üblichen Kanäle, um Updates zu den Plänen der Nazis und zu unserer Gegenmobilisierung zu erhalten.