Kundgebung „Keine Zusammenarbeit mit Faschisten!“

Datum/Zeit
06.02.20
17:30

Veranstaltungsort
Kanzlei Kubicki & Schöler


WHICH SIDE ARE YOU ON?

Auf die Straße gegen den bürgerlich-faschistischen Schulterschluss in Thüringen – auch in Kiel:

Donnerstag, 06.02.2020 | Kundgebung: Keine Zusammenarbeit mit Faschisten
17.30 Uhr | Kanzlei Kubicki & Schöler (Hopfenstr. 2e)

Samstag, 08.02.2020 | Kundgebung: Keine Kooperation mit der AfD
12 Uhr | FDP-Zentrale (Eichhofstr. 27-29)

Die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen am Mittwoch war historisch: Zum ersten Mal paktierte die selbsternannte bürgerliche Mitte bei einer Regierungsbildung auf Landesebene mit der nationalchauvinistischen AfD – ausgerechnet mit dem Flügel-Landesverband unter Führung des offenen Faschisten Björn Höcke. Der unmittelbare und authentische Aufschrei, der seitdem insbesondere die FDP und den an die Macht gehievten Kemmerich unter Druck setzt, ist angebracht und spendet im Moment dieser weiteren politischen Rechtsverschiebung in der BRD ein Fünkchen Hoffnung. Zu sehr ähnelt die fortschreitende schrittweise Etablierung der faschistisch durchsetzten AfD und die Rolle des Bürgertums dem Aufstieg der NSDAP zur Macht Anfang der 1930er. Denn schon vor dem gestrigen Tag hat die selbstverliebte Mitte die Rechtspartei verharmlost, wollte mit ihr reden, übernahm ihre rassistischen Positionen in die Regierungspolitik und verhalf ihr von Wahl zu Wahl zu immer besseren Wahlergebnissen.

Nun schickte die Mitte den Provinzfürsten einer FDP-Fraktion, die nur mit Ach und Krach die 5% Hürde geknackt hatte, ins Rennen, um die nächste Grenzverschiebung des Machbaren auszutesten. Vorerst scheint sie damit nicht durchzukommen, darauf deuten die Reaktionen hin, die der thüringische Pakt von AfD, FDP und CDU nun Dank des heftigen Widerspruchs auch auf höchster Ebene nach sich zieht. Selbst von seiner eigenen Partei wird Kemmerich nun nach kurzem Triumph zunehmend im Stich gelassen und auch der Mitwisser Lindner hält sein Fähnchen gut bürgerlich nach dem Wind. Kemmerich droht der politische Tod als Bauernopfer, aber der Tabubruch wird ihn überleben. Profitieren werden die, die aus der Mitte auch weiterhin nach rechts schielen werden und nur darauf warten, dass sich der heutige Skandal morgen normalisiert hat, um die AfD endlich in die große nationale Koalition holen zu dürfen. Vor allem aber profitiert, egal was am Ende der Thüringischen Verschwörung bleibt, die AfD und der Faschist Höcke.

Der gestrige Tag muss für alle eine rote Linie markieren, die es mit der erst vor wenigen Tagen per Staatsakt viel beschworenen Lehre aus der Geschichte 75 Jahre nach Auschwitz tatsächlich ernst meinen, die nur konsequenter Antifaschismus heißen kann. Auf welcher Seite steht Ihr? Diese Frage stellen wir vor allem denjenigen, die als Grüne oder Sozialdemokrat*innen gestern selber vorgeführt wurden und nun in Katzenjammer verfallen sind. Wollt Ihr weiter ganz verantwortungsvoll und realpolitisch gemeinsame Sache mit denen machen, die am nächsten Tag mit Faschisten kollaborieren? Wollt ihr an Eurem neoliberalen Verwüstungsfeldzug festhalten und diese Gesellschaft weiter verdummen und entsolidarisieren und immer mehr frustrierte und entfremdete Sozialzombies produzieren, die sich als einzige verstümmelte Alternative tatsächlich nur noch Deutschland vorstellen können? Wollt Ihr Euch weiterhin an Eure verblödende Extremismustheorie klammern und wegen ein paar brennenden Mülltonnen über „linken Terrorismus“ fabulieren, während Nazis alle paar Monate staatlich subventioniert Menschen abknallen? Oder wollt Ihr die Notbremse ziehen und Rosas Frage nach Sozialismus oder Barbarei, die aktueller nicht sein kann, doch noch versuchen, anders zu beantworten, als es gerade die Tendenz ist?

Dass auf etwas, was sich bürgerliche Mitte nennt, im Kampf gegen einen neuen Faschismus kein Verlass ist, haben wir 1919, 1933 und auch gestern immer wieder lernen müssen. Im Gegenteil: Schon eine – mit Verlaub – doch eher handzahme sozialdemokratische Regierung Ramelow ist ihnen ausreichend Grund, mit Faschisten zu paktieren. Wozu sie bereit wären, wenn ein linkes Projekt ganz andere Vorstöße wagen würde, um den vielfach brutalen und zerstörerischen kapitalistischen Ist-Zustand endlich aufzuheben, den die herrschende Klasse unter allen Umständen zu verteidigen bereit ist, können wir ebenso den Geschichtsbüchern der genannten Epochen entnehmen. Wir wünschten, wir lägen falsch und es wäre wahr, was uns seit Jahrzehnten weis gemacht werden soll: Dass die klassische marxistische Faschismusanalyse überholt, dass der Faschismus eine vom bürgerlichen Anstand abweichende moralische Verirrung und nicht Klassenherrschaft sei. Was gestern passiert ist und in den letzten Jahren vonstatten geht, beweist im Gegenteil schmerzhaft, wie zeitgemäß und treffend ihre Annahmen doch sind. Treppenwitz der Geschichte: Vor ziemlich genau 90 Jahren stütze sich die rechtsbürgerliche Baum-Frick-Regierung erstmalig auf eine Koalition mit der NSDAP, wohlgemerkt in Thüringen. Wir gratulieren zum Jahrestag und gehen kotzen.

Gestern kann ein Dammbruch, aber auch eine Chance gewesen sein. Eine Chance, das antifaschistische Lager zu stärken und endlich über Lippenbekenntnisse an den Gedenktagen hinauszugehen. Eine Chance zu erkennen, wer in dieser historischen Zeit auf welcher Seite steht und wo die Kampflinien im Kampf gegen den Rechtsruck und für eine solidarische Perspektive zukünftig zu verlaufen haben. Nutzen wir diese.

Links abbiegen oder Untergang – alle zusammen gegen den Faschismus und seine liberalen Steigbügelhalter!

Organisiert die antifaschistische Selbstverteidigung!